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Schweinfurt/Bad Neustadt
Jakob und Denis rappen russisch
Russisch, deutsch und glagolitisch: Das Rap-Duo "Quapaw" drehte Video Nr .1. Warum Schimpfwörter für die Sänger Jakob und Denis tabu sind.
Zuhause zwischen den Welten: Die russlanddeutschen Rapper Jakob und Denis, alias 'Quapaw'
Foto: Uwe Eichler | Zuhause zwischen den Welten: Die russlanddeutschen Rapper Jakob und Denis, alias "Quapaw"
Uwe Eichler
 |  aktualisiert: 22.06.2019 02:11 Uhr

Ost und West waren sich schon immer näher, als man denkt - egal ob zwischen den Kontinenten gerade Tauwetter oder Eiszeit herrscht. Vor 15 000 Jahren entdeckten und besiedelten Wanderer aus den Weiten Sibiriens den amerikanischen Kontinent, über die zugefrorene Beringstraße hinweg.

"Die Indianer sind eigentlich Russen", stellt Filmemacher Alexander Maier fest, beim Videodreh für das Rap-Duo "Quapaw" in Schweinfurt. Jakob und Denis, so die Story, ziehen des Nachts durchs Neonlicht, treffen am Neustädter Autoscooter ihre Kumpels, oder schwofen in der Disse am Main.

Wurzeln in Sibirien und Kasachstan  

Zwischendurch fährt, rein zufällig natürlich, die Schweinfurter "Miliz" durchs Bild. Kennengelernt hat man sich, als Maier "GEMA-freie Musik" für ein Projekt gesucht hat. Demnächst will der Bundeswehrsoldat sich mit einer eigenen Medien-Firma selbstständig machen. Seine künstlerischen Schützlinge, Jakob Rat und Denis Grigorev, stammen als Spätaussiedler-Kinder aus Kasachstan und Sibirien, dem Land der Uramerikaner.

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"Wir sind es gewohnt, in zwei Welten zu leben", sagen die jungen Russlanddeutschen, die das Team ebenso wie die Clique bilden: Die Kameraleute Konstantin Eisner und Alex Schmidt und Gitarrist Alexej Klein treffen sich beim "nurdeutschen" Chef Florian Back im "Kodex", der ehemaligen Disco Level 8 in der Wilhelmstraße. In Russland sei man Deutsche, sagen die Jungs von "Quapaw", in Deutschland gelte man als Russen. "Quapaw", das ist ein kleiner Indianerstamm in Arkansas: "Ein Stamm, der Musik als Gebet betrachtet" sagen Jakob und Denis.

Indianerstamm steht Pate 

Aus einem Comic haben die Bad Neustädter von diesen indianischen "Musikgöttern" erfahren. "Primitiver Zwang zur Musik!" lautet seitdem ihr Anspruch. "So sei jeder Verse in den Tracks von Quapaw - ein Gebet zu den Klängen, wie zu einer Göttlichkeit. Schreite nicht in Irrtum und folge unserer Musik!" heißt es  ebenso bedeutungsschwer wie verrätselt auf Instagram. Auch auf Spotify und Youtube ist "Quapaw" schon unterwegs.

"Musik war immer unser Ding", sagt Jakob, der wie Denis 30 Jahre alt ist. Vor zehn Jahre habe man angefangen, mit kleinen Sachen, im Keller: "Das war so La Paloma." Vor einem Jahr sind beide richtig eingestiegen, mit eigenem Bandlogo und dem Schriftzug "Quapaw", auf Lateinisch und Glagolitisch: der Schrift des Altkirchenslawischen, die vor über tausend Jahren mal von Missionar Kyrill entwickelt wurde (das spätere "Kyrillisch" wurde irrtümlich nach ihm benannt).  

Basteln am ersten Album 

Derzeit wird am ersten Album gebastelt, im Tonstudio Fulda, Arbeitstitel "The World", mit zehn oder ein bisschen mehr Tracks. Es geht um das Spiel mit "Identität", um das, was auf der Welt wirklich wichtig ist: Freundschaft zum Beispiel, Verständnis, Zusammenhalt und Loyalität wie unter Brüdern.

"16 Jahre sind wir durch dick und dünn gegangen", sagen die Kumpels, die trotz Baseballkappe und lässigem Händedruck  nicht dem Klischee vom knallharten Gangsta-Rapper entsprechen wollen,  a la "MC Denis/Jakob". Unterlegt sind die Zeilen mit kraftvollen Beats und schon sowas wie "russischer Seele", mit Rap-Punchlines statt Puschkin-Reimen. Rap und Hip Hop sind bei der Jugend (Ost) gerade in, in den Nachfolgestaaten der Sowjetunion wie in der Diaspora: Der russisch-ukrainische Rapper Capital Bra stürmt von Berlin aus die Charts. Politik? Das Duo winkt ab. Nicht der Rede wert.

Schimpfwörter sind tabu 

Der Sprechgesang erklingt im melodischen Russisch, der Hang zum Dichten, Denken und Grübeln könnte typisch deutsch sein. Schimpfwörter sind tabu: "Wir rappen, was wir leben."

Als beim Drehen auf dem Neustädter Volksfest vom DJ spontan "Wremja" aufgelegt wurde, "Zeit", da sei das schon ein großer Moment gewesen, sagt das Duo.

"Zurück in den Tag" heißt es im selbst geschriebenen Song: "Die Zeit ist verflogen, 10 Jahre sind vergangen und wir sind immer noch hier, noch hier. Ich muss zahlen und ich zahle. Gehe raus aus dem Haus und alles was ich will ist die Freiheit, die es nicht gibt. Ich danke der Sonne dass sie mir wenigstens Licht gibt. Egal wo ihr seid, ich bin immer mit euch. Ich laufe mit den Füßen auf den Asphalt und denke. Ich danke vor dem Schlafen gehen, für jeden weiteren Tag."

Im Herbst soll die "Release Party" des ersten Quapaw-Albums sein, im Schweinfurter Kodex.

 
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