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Wechterswinkel
Jakob der Lügner
Dicht gedrängte Gäste, aber die besten Plätze sind hinten.
Foto: Christiane Müller | Dicht gedrängte Gäste, aber die besten Plätze sind hinten.
Pressemitteilung
 |  aktualisiert: 31.08.2024 02:36 Uhr

Menschen im Ghetto, als letzte Szene die Deportation in ein Vernichtungslager, als Sommerkino? Die Frage, ob das Publikum der Propstei auch inhaltsschwere Themen annimmt, wurde schon mehrfach beantwortet. Trotzdem war das Team überrascht vom Erfolg von "Jakob der Lügner".

Der Defafilm nach dem gleichnamigen Roman von Jurek Becker zog zudem Menschen an, die bisher noch nichts von der Kulturreihe in der Propstei gehört hatten. Dem Stoff angemessen, gab die Einführung von Christiane Müller den nachdenklichen Ton des Abends vor. Müller berichtete, wie Jurek Becker seine Ghetto- und KZ-Erfahrungen in Romanen verarbeitete, um wie der Autor selbst sagte: "Die Welt in Worte zu fassen, um sich mit den eigenen Erfahrungen zu versöhnen." "Die Themen Hoffnung, Lüge, Überleben und Menschlichkeit in einer höllenhaften Umgebung – sind von zeitloser Relevanz. Für Menschen auf der Suche nach Hoffnung, bleibt der Film eine eindrucksvolle Erinnerung daran, welche Macht das Geschichtenerzählen haben kann."

Neben dem Inhalt des Films fand seine Stellung in der Nachkriegskulturgeschichte Erwähnung. So bekam "Jakob der Lügner" als einzige DDR-Produktion eine Oskar-Nominierung. Vlastimil Brodský, wurde für die Darstellung des Jakob Heym auf der Berlinale 1975 mit dem Silbernen Bären ausgezeichnet. In einer Nebenrolle sieht man Armin Müller-Stahl, der nach seiner Übersiedlung in den Westen Jahrzehnte später im US-Remake des Defafilms (mit Robin Williams als Jakob) ebenfalls eine Nebenrolle übernahm.

Müller weiter: "Vergleichen Sie bitte den Film nicht mit den aktuellen Blockbustern. Erwarten Sie keine Spezialeffekte. Die Menschen, die 1975 den Jakob auf die Leinwand brachten, waren zum großen Teil Zeitzeugen des Holocaust. Mit der ruhigen Sprache des Theaters wird versucht, das Unsagbare zu sagen. "Im Dunkeln der Scheune entwickelte der Film dann auch nach 50 Jahren seine Kraft aus dem Können überragender Schauspieler.

Ein Gast der den Film aus dem Fernsehen kannte, meinte: "Kein Vergleich zum Kinoerlebnis in der Scheune. Schade, dass es für dieses Jahr das letzte Scheunenkino war." Christiane Müller konnte erwidern: Im Herbst geht das Kulturprogramm im Sofasalon genauso spannend weiter.

Von: Klaus Dippel (Gesellschafter, Propstei Wechterswinkel)

Ein lauer Sommerabend im Hof der Propstei, gemacht für Gespräche abseits des Alltags.
Foto: Christiane Müller | Ein lauer Sommerabend im Hof der Propstei, gemacht für Gespräche abseits des Alltags.
 
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