
Der Innovationspreis des Deutschen Verbands für Landschaftspflege im Ideenwettbewerb "Bioökonomie in Mittelgebirgen" geht nach Weisbach: Der Biobetrieb Hartmann wurde im Rahmen einer Fachtagung in Fulda für seine zukunftsweisende Betriebszweigentwicklung im Bereich Gemüsebau in der Kategorie "Gesamtbetriebliche Konzeption" ausgezeichnet.
Beim Ideenwettbewerb wurden innovative Ansätze gesucht, die modellhaft Anregungen für andere landwirtschaftliche Betriebe in Mittelgebirgsregionen bieten können. Besonderes Augenmerk wurde auf die Aspekte Nachhaltigkeit und Übergabe in die nächste Generation gelegt.
Funktioniert Gemüseanbau in der rauen Rhön?
Die Vorsitzende des Landschaftspflegeverbands Rhön-Grabfeld, Susanne Wüst, ging gezielt auf Familie Hartmann zu und motivierte die Biobauern aus Weisbach, ihr neuartiges Betriebskonzept einzureichen. Neben der Viehhaltung mit Direktvermarktung und Ackerbau gehört seit 2021 auch der Gemüsebau dazu.
"Nachdem klar war, dass unser Sohn Michael zuhause einsteigen möchte, musste ein neuer Arbeitsplatz geschaffen werden", erklärt Claudia Hartmann. Gemüseanbau in der Rhön, einer wasserarmen Gegend mit recht rauem Klima? Nicht nur die eigene Familie war zunächst skeptisch. Doch Michael Hartmann hat sich intensiv ins sogenannte Market Gardening eingelesen und sich im Rahmen seiner Bachelor-Arbeit mit diesem Thema beschäftigt.
Der Einsatz von Chemie ist tabu
Und was man seit zwei Jahren auf dem ehemaligen Acker der Familie Hartmann sieht, ist wirklich beeindruckend. Die Gemüsebeete mit einer festen Breite von 75 Zentimetern sind wie gemacht für die Arbeit eines Menschen mit Handgeräten. Auf den fest angelegten Beeten herrscht eine erstaunliche Vielfalt – nicht nur farblich. Und die Gemüsepflanzen scheinen in engem Abstand perfekt gesetzt.
Für die wärmeliebenden Pflanzen wie Tomaten hat Michael Hartmann zwei Folientunnel angelegt, Gras-Silo zur Bodenbedeckung sorgt zusätzlich für den Treibhauseffekt. Junge Pflanzen werden professionell mit Folie abgedeckt, um sie vor Schädlingen zu schützen. Gleiches tun kleinere Blühstreifen und ab Herbst Hecken und Obstbäume, die sogenannten Nützlingen den Lebensraum bieten, um Schädlinge soweit wie möglich fern zu halten. Der Einsatz von Chemie ist im Bio-Betrieb Hartmann jedenfalls ein absolutes Tabu und komme "überhaupt nicht in Frage".
Ein Wasserspeicher-Teich für die Nachhaltigkeit
"Von Anfang an war uns klar: Unser Gemüseanbau wird in der Bevölkerung nur akzeptiert werden, wenn wir es nachhaltig und sozialverträglich gestalten. Für uns stand fest, dass wir unabhängig von der öffentlichen Trinkwasserversorgung sein wollen und nachhaltige Bewässerungsstrategien entwickeln müssen", so Familie Hartmann.

Dementsprechend machte ein Wasserspeicher-Teich, der 1000 Kubikmeter, also eine Million Liter Wasser fassen kann, den größten Teil der Investitionen aus. "Das war sicherlich nicht die günstigste Lösung, aber die nachhaltigste", erklärt Michael. Das System ist bestechend einfach: Das Dachwasser des Rinderstalles wird aufgefangen und in ein Becken umgeleitet. Vom Teich ausgehend, versorgt ein Pumpensystem jedes Beet einzeln auf die Kultur angepasst mit Sprenklern oder Tröpfchenbewässerung. Wassersparend und punktuell nach Bedarf, das ist die Devise. "Das klingt alles total logisch, brauchte aber im Vorfeld viel Denkarbeit", sagt der junge Landwirt lachend. Auch bautechnisch war die Anlage herausfordernd.
Wasserknappheit war für die Hartmanns kein Thema
Bereits der erste Sommer zeigte: Das Modell ist krisenerprobt, Familie Hartmann hat die Feuertaufe bestanden. "Das Jahr 2022 war außergewöhnlich trocken. Viele Gemüsebauern mussten aufgeben, und das Thema Wasserknappheit wird noch an Brisanz zunehmen. Doch wir merken bereits jetzt, dass wir eine Investition für die Zukunft geschaffen haben", ergänzt Horst Hartmann.
Auch die Vermarktung lief im ersten Jahr sehr gut an. "Netzwerkbildung ist die zentrale Aufgabe", so Michael Hartmann. Man arbeitet mit Betrieben in der Region zusammen, die dieselbe Ideologie vertreten und auf Nachhaltigkeit, Regionalität und höchste Qualität setzen. Die Fischerhütte Edwin zählt genauso zu den Abnehmern wie die Umweltbildungsstätte Oberelsbach. Neben dem eigenen Hofladen hat sich mit aktuell 26 Kunden eine wöchentliche Abo-Gemüsekiste etabliert.
Bürgermeister Denner lobt den Vorzeigebetrieb
Bürgermeister Björn Denner zeigte sich beeindruckt von der Leistung des Familienunternehmens. "Wir sind stolz, einen solchen Vorzeigebetrieb im Markt Oberelsbach zu haben. Diese innovativen Lösungsansätze stärken den ländlichen Raum und schaffen einen attraktiven Platz zum Leben und Arbeiten. Damit gelingt auch ein Gegenentwurf zur Landflucht und zur Überhitzung der Ballungsgebiete", so Denner. Mit starken Partnern gelänge es, Wertschöpfungsketten in den Mittelgebirgsregionen zu stärken und den Menschen, die hier leben und wirtschaften, neue Perspektiven zu geben.
Der Preis ist mit 1000 Euro dotiert. Alle Siegerbetriebe werden in einer umfassenden Broschüre porträtiert und online unter www.ibm.dvl.org vorgestellt.