
Seit knapp einem halben Jahr haben sich deutschlandweit Landwirte vernetzt und verschaffen sich unter dem Namen "Land-schafft-Verbindung" mit großen Demonstrationen, wie in Würzburg oder Berlin, wie auch mit kleineren Aktionen in der Öffentlichkeit Gehör. In diesem Zuge hat ein lokaler Arbeitskreis Ostheimer Landwirte einen Infotag im Rahmen des Frühlingsfestes für Sonntag, 8. März, organisiert. Die Akteure aus der grünen Branche möchten auf ihre Leistungen sowie ihre Sorgen und Nöte im Hinblick auf die Agrarpolitik und die Stellung der Bauernschaft aufmerksam machen. Nach der Devise "Miteinander statt übereinander reden" suchen sie dabei den offenen Dialog mit Bürgern und Verbrauchern.
Bei einem Pressegespräch erklärten die Ostheimer Landwirte Rainer Schnupp, Andreas Dörr, Georg Ortloff, Daniel Pfefferkorn und Felix Just, was es mit der Aktion auf sich hat. Mit dabei war auch Peter Will, Leiter der Abteilung Beratung und Bildung am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Bad Neustadt. Das Amt unterstützt als neutrale Stelle die Initiative, indem sie Daten, Fakten und fachliche Informationen zur Landwirtschaft beisteuert.
Widerstand gegen die Agrarpolitik
Auch in der Rhön hat sich Widerstand gegen die Agrarpolitik formiert. Mit im Boot sind alle Bereiche der Landwirtschaft: Betriebe mit Ackerbau und Tierhaltung, große und kleine Betriebe, konventionelle und ökologisch wirtschaftende Höfe. "Denn alle sind betroffen", wie der Arbeitskreis unterstreicht. Wie die Hofbetreiber im Gespräch deutlich machen, sitzen die Landwirte zunehmend zwischen den Stühlen. Auf der einen Seite müssen sie dem Anspruch der Gesellschaft mit der Forderung nach mehr Tierwohl, Umwelt- und Artenschutz und nachhaltiger Lebensmittelproduktion gerecht werden, was für die Betriebe mit höheren Kosten verbunden ist. Auf der anderen Seite fragen die Märkte weiterhin in erster Linie billige Lebensmittel nach.
Wie Rainer Schnupp und seine Mitstreiter betonen, ist die heimische Landwirtschaft bereit für mehr Tier-, Arten- und Umweltschutz. Allerdings sei dies ohne angemessene Preise für ihre Produkte nicht zu verwirklichen. Der Verbraucher greife aber nach wie vor bevorzugt zu Billigerzeugnissen. Und die kämen zunehmend aus dem EU-Ausland. Denn die Importbeschränkungen würden gelockert, während im Gegenzug immer mehr Verordnungen und strengere Auflagen deutschen Landwirten das Leben erschwerten. Insbesondere die kleinen Betriebe könnten die Auflagen mit dem häufig verbundenen hohen Investitionsaufwand nicht mehr erfüllen. Ein weiteres Höfesterben drohe und der Trend gehe immer mehr weg von der kleinbäuerlichen Landwirtschaft hin zu Großbetrieben. Letztlich erreiche die Politik damit genau das Gegenteil von dem, was von der Gesellschaft gewünscht sei, geben die Landwirte zu bedenken.
Von der Arbeit auch leben können
"Wir wollen auch noch von unserer Arbeit leben können", sagen die Rhöner Hofbetreiber. Mehr finanzielle Ausgleiche über Fördermittel und EU-Gelder lehnen sie ab, wie die Teilnehmer des Pressegesprächs ausdrücklich betonen. Vielmehr gehe es darum, dass sie für ihre hochwertigen Produkte auch einen angemessenen Preis erhalten.
In diesem Zusammenhang fordern sie gleiche Standards für alle, um einen fairen Wettbewerb zu gewährleisten. Werden zum Beispiel Pflanzenschutzmittel in Deutschland verboten oder strenge Regeln für den Tierschutz und das Tierwohl eingeführt, dann müssten diese auch für Importe gelten. Denn nur so könnten Märkte sinnvoll funktionieren, wenn wir in Zukunft eine umweltbewusstere Landwirtschaft umsetzen wollen.
Für die Landwirte bleibt nicht viel übrig
In finanzieller Sicht bleibe für die heimischen Landwirte aktuell nicht mehr viel übrig. Kleine Betriebe hätten so kaum eine Chance zu überleben, wie Peter Will vom AELF anhand von Zahlenmaterial verdeutlicht. Aus einer Ackerfläche mit einem Quadratmeter Weizen lassen sich beispielsweise 500 Gramm Mehl gewinnen, aus dem wiederum ein Laib Brot oder zehn Brötchen hergestellt werden können. Preislich verbleiben da lediglich 14 Cent beim Landwirt.
Für die Erzeuger wird es zunehmend unwirtschaftlich, in den letzten zwei Jahrzehnten zeigt sich ein deutlicher Strukturwandel. Laut Statistik gab es in Rhön-Grabfeld im Jahr 2000 noch 1704 Betriebe, davon 422 im Haupt- und 1282 im Nebenerwerb. 2019 waren es nur noch 1264 landwirtschaftliche Unternehmen mit 299 im Haupt- und 965 im Nebenerwerb.
Klare Herkunftsbezeichnung gefordert
Wie es mit der heimischen Landwirtschaft weiter geht, das habe der Verbraucher maßgeblich in der Hand, erklären die Rhöner Landwirte. Sie wollen aber nicht dem Verbraucher allein die Schuld zuschieben, wie sie unterstreichen. Gerade bei Lebensmitteln, die mehrfach weiterverarbeitet wurden, habe er ja auch gar keinen Durchblick mehr, woher die Zutaten eigentlich stammen. Die Deklaration sei irreführend. In "Nudeln aus Deutschland" stecke zumeist ein großer Anteil von aus dem Ausland zugekauftem Mehl, führen sie als Beispiel an. Sie plädieren für eine klare Herkunftsbezeichnung, damit der Verbraucher regionale Produkte leicht erkennen und kaufen kann.
Deutliche Kritik üben die Landwirte hingegen an der Politik. Populismus und Emotionen seien immer häufiger Antriebsfeder bei der Verabschiedung von Gesetzen und Regulierungen. Landwirte würden zunehmend zu Sündenböcken gemacht, auch durch das häufige Negativ-Image in der Medienberichterstattung.
Beim Aktionstag, der am Sonntag, 8. März, auf dem Gelände des Edeka-Getränkemarktes auf der "Bündt" stattfindet, möchten die Landwirte ihre Anliegen formulieren und um Akzeptanz werben. Ganz wichtig ist ihnen, mit den Bürgern und Verbrauchern ins Gespräch zu kommen. Ein sachlicher, aber durchaus kritischer Dialog ist ausdrücklich erwünscht. Neben reichlich Informationen zu allen Bereichen der grünen Branche wird es ein kleines Rahmenprogramm für die großen und kleinen Gäste geben.