Wie naiv oder berechnend ist eigentlich Jimmy Fell? Diese Frage muss man sich angesichts des jüngsten Vorhabens des Niederläurer Aktionskünstlers unweigerlich stellen.
Plant er doch zur Sommersonnwende am Dicken Turm wieder mal eines seiner – in der Vergangenheit auch schon gelungenen – Feuerspektakel. Diesmal soll dabei eine acht Meter hohe Madonnen-Darstellung in Flammen aufgehen. Im Feuer gehe Maria in ihre „wahre immaterielle Gestalt“ über und nehme die zuvor an ihr angebrachten Wünsche und Bitten mit „nach oben“, erklärt der Künstler den Hintergrund seines Vorhabens. Zugleich sollen damit die Botschaft von religiöser Toleranz und die Hoffnung auf eine weitere Integration Russlands in Europa symbolisiert werden.
Die Welten-Errettung via Marien-Verbrennung beziehungsweise energetischer Madonnen-Dematerialisierung bei Bratwurst und Bierchen in einer lauen Sommernacht – das mag man in Anbetracht der Weltlage als künstlerische Verzweiflungstag mit einem gewissen Unterhaltungswert sehen. In jedem Fall ist es die Freiheit der Kunst und die Freiheit des Künstlers, ein solches Projekt zu starten – und daher als solche zu verteidigen.
Allerdings bleibt die Frage nach der Integrität des Künstlers. Glaubte er denn, dass die Allgemeinheit seine reinen und lauteren Gedankengänge erkennt und akzeptiert? Das wäre in der Tat naiv. Und dann dürfte er sich tatsächlich wundern, dass es jetzt Widerstand von christlicher Seite gegen das Projekt gibt.
Oder nutzt er die Provokation und die mögliche Verletzung religiöser Gefühle lediglich, um über den zwangsläufig zu erwartenden Protest und sein mögliches Umdenken Aufmerksamkeit und Publicity zu gewinnen? Zwar muss sich Kunst auch verkaufen, aber das wäre dann schlicht schäbig.
Da diese Frage niemand – außer dem Künstler selbst – beantworten kann, gibt es diesmal an dieser Stelle weder ein IN noch ein OUT.