Alte Traditionen zu bewahren oder wieder aufleben zu lassen, hat gerade in der heutigen Zeit einen neuen Stellenwert bekommen. Dazu zählt auch das Brotbacken. Man weiß, welche Zutaten verarbeitet werden und greift auf regionale Produkte, zum Beispiel beim Mehl, zurück. In Oberstreu hat sich in den vergangenen beiden Jahren, unter dem Dach des Theater- und Kulturvereins, eine eigene Backhaus-Sparte gegründet. Die Mitglieder backen regelmäßig beim "Öbere Bäck", der ehemaligen Bäckerei Fuchs.
Bis vor rund 30 Jahren wurden hier noch regelmäßig Brot, Brötchen und Kuchen gebacken. Vor einigen Jahren hat dann die Gemeinde das Gebäude, in dem es noch den Holzbackofen gibt, erworben. Zuletzt war der Ofen bei der 1200-Jahr-Feier im Jahr 1996 in Betrieb. Im Frühjahr 2020 hatte der Oberstreuer Marcus Herbert dem damaligen Bürgermeister, Matthias Liebst, vorgeschlagen, ein "Gemeindebackhaus" beim "Öbere Beck" zu etablieren. Erste Einblicke ins Backen hatte Herbert schon als Kind bekommen, wenn er mit seinem Opa in Rödles am Backhaus war. Mit seiner Idee stieß er bei Liebst auf offene Ohren. Allerdings konnte der Ofen nicht mehr genutzt werden und musste renoviert werden. Ende August 2020 konnte er wieder in Betrieb genommen werden. Finanziert wurde das Projekt unter anderem mit Mitteln aus der Kleinprojekteförderung der Streutalallianz.
Erfahrungen im eigenen Garten gesammelt
Nun ging es ans Probebacken und Ausprobieren. Außerdem suchte Marcus Herbert Mitstreiterinnen und Mitstreiter, die Interesse am Backen hatten. Einer der ersten, die sich damals bei ihm meldeten, war Dirk Barthelmes aus Mittelstreu. Da in seiner Familie eine Weizenmehlunverträglichkeit vorliegt, hatte er sich bereits intensiv mit dem Thema Brotbacken beschäftigt und mit dem eigenen Backofen im heimischen Garten schon einige Erfahrungen gesammelt.
Neben dem Backofen wurde auch das Gebäude des "Öberen Bäck" wieder auf Vordermann gebracht. Ein Wanddurchbruch sorgte für mehr Platz, die Räume wurden neu gestrichen und es gibt eine neue Küche sowie einen Holzofen zum Heizen. Dies alles wurde in mehr als 450 ehrenamtlichen Helferstunden geschafft. Eine große, über 60 Jahre alte Teigknetmaschine, die aus einer ehemaligen Bäckerei in Mellrichstadt stammt, gehört inzwischen ebenfalls zur Ausstattung. Und auch die Fassade des Gebäudes wurde optisch ansprechend hergerichtet.
Derzeit gibt es 40 Mitglieder, vor allem aus Oberstreu sowie den Nachbarorten. Für Herbert ist es wichtig, mit dem neuen Gemeindebackhaus eine Tradition aufrechtzuerhalten, Wissen weiterzugeben und die Gemeinschaft zu fördern.
Alle vier bis sechs Wochen wird gebacken
Etwa alle vier bis sechs Wochen wird gebacken. An einem Backtag können acht Haushalte teilnehmen. Zunächst wird der Backofen mit Holz angeschürt. In der Zwischenzeit werden Brötchen, Brote sowie Ploatz oder Pizza vorbereitet. Wenn der Ofen heiß genug ist, wird die Glut ausgeräumt und zunächst Brötchen oder Ploatz gebacken. Danach kommen die Brotlaibe in denn Ofen. Rund 70 Brote werden an so einem Tag, der etwa sechs Stunden dauert, gebacken. Die Bäckergruppe ist immer auf der Suche nach neuen Rezepten. Auch ausländische Rezepten steht man offen gegenüber und probiert gerne aus.
Am vergangenen Samstag wurde die offizielle Eröffnung des "Öberen Bäck" gefeiert. Die Besucherinnen und Besucher konnten einen Blick in die Backstube werfen und sich in den Räumen umsehen. Da in direkter Nachbarschaft auch der gemeindlich betriebene Bäckerladen "Ums Eck" liegt, fand auch hier ein "Tag der offenen Tür" statt. Viele Gäste ließen sich diese Gelegenheit nicht entgehen. Die Bäckergruppe hatte allerlei Köstlichkeiten vorbereitet. Es gab Blechkuchen zum Verkosten sowie Brote mit verschiedenen Aufstrichen. Gegen Abend wurden Zwiebelploatz und Handbrot gebacken.
Weitere Backinteressierte willkommen
Bürgermeister Stefan Kießner sprach den Hauptverantwortlichen der Bäckergruppe, Markus Herbert und Dirk Barthelmes, sowie allen Helfern seinen Dank aus. Mit viele Elan und Idealismus haben sie eine neue Backtradition in Oberstreu geschaffen und ein Gemeinschaftsprojekt daraus gemacht.
Ofenbauer Roland Hampl sowie Ehefrau Hiltrud Hampl überreichten ein Fotobuch über die Renovierung des Backofens sowie ein Bild vom "Öbere Bäck". Dieses wurde von Sean Alistair gemalt, einem kanadischen Künstler, der inzwischen in Oberstreu lebt. Das Bild wird natürlich einen Ehrenplatz im Backhaus erhalten.
Backinteressierte, auch aus den umliegenden Ortschaften, sind bei der Bäckersparte zu einem Schnupperbacken gern willkommen. Nähere Infos bei Marcus Herbert oder Dirk Barthelmes.