
"Früher kamen die Leute tröpfchenweise, heute werden wir überrannt", sagt Hundezüchterin Andrea Dobruta und bestätigt damit den gegenwärtigen Trend. Die Corona-Beschränkungen haben viele Leute dazu motiviert, öfter spazieren zu gehen und die eigene Umgebung zu erkunden, statt zu verreisen. Mit einem Hund macht das gleich noch mehr Spaß. Und so entscheiden sich in der Pandemie viele Menschen für ein neues Haustier.
Bei der Züchterin in Sulzdorf warten zwei Würfe auf neue Besitzer oder auf die Entscheidung, sie für die eigene Zucht zu behalten. Werbung macht Andrea Dobruta schon lange nicht mehr, trotzdem könnte sie auf einen Schlag 20 Welpen verkaufen. Es gibt eine lange Warteliste. Die Kollegen, mit denen sie Kontakt hat, bestätigen den Run auf die tierischen Familienmitglieder. Homeoffice, keine Veranstaltungen, keine Kurztrips oder Urlaube – viele Leute fragen sich: Wann, wenn nicht jetzt? "Eigentlich wollten wir uns schon lange einen Hund anschaffen, jetzt ist eine gute Gelegenheit", sagen viele Käufer zu Andrea Dobruta.
Ein Hund für mehr Bewegung
Herz-Kreislauferkrankungen nehmen zu, es besteht Thrombose-Gefahr wegen des Bewegungsmangels, Mediziner warnen davor, vollends zum Couchhocker zu werden. Die Weltgesundheitsorganisation stellt fest, dass sich mehr als 25 Prozent der Erwachsenen und 80 Prozent der Jugendlichen deutlich zu wenig bewegen, die Corona-Beschränkungen haben das Problem noch verschärft.

Psychischer Stress, falsche Ernährung, zunehmende Inaktivität und Quarantäne begünstigen die Risikofaktoren für Zivilisationskrankheiten. Bewegungsmangel gilt zum Beispiel als Risikofaktor für Herzkrankheiten, Fettstoffwechselstörungen, Rückenbeschwerden und Diabetes. Ausbauer-, Kraft- und Muskeltraining in Fitness-Studios ist jedoch seit Monaten nicht möglich, dort trainieren Kunden gern, um unabhängig vom Wetter an ihren Schwachstellen zu arbeiten. Während die Betreiber hoffen, in absehbarer Zeit wieder öffnen zu dürfen, kommen manche Leute derweil auf den Hund.
Keine Ausreden beim Gassi gehen
Für Erwachsene empfiehlt die WHO aktuell pro Woche mindestens zweieinhalb bis fünf Stunden moderate körperliche Aktivität, das sind mindestens rund 20 Minuten pro Tag. Mit einem Hund kommt man locker auf diese Zeit, denn er muss regelmäßig Gassi gehen und wird sein "Recht" einfordern, wenn sein Besitzer mal keine Lust auf Aktivitäten hat. Dieser Zwang hilft, den "inneren Schweinehund" zu überlisten, der viele Ausreden kennt wie "zu kalt, zu windig, gerade läuft ein spannender Film, zu warm, zu anstrengend".
Oft melden sich Kunden bei den Züchtern gleich mit "das ist aber kein Corona-Hund", um auszudrücken, dass man nicht nur wegen der fehlenden Reise- und Ausgangsmöglichkeiten einen Hund kaufen möchte, erzählt Dobruta. Befürchtet wird nämlich, dass nach der Krise vermehrt Hunde im Tierheim abgegeben werden oder angebunden an einer Autobahnraststätte enden, weil sie bei Reisen ins Ausland in Quarantäne gehen oder in einer teuren Hundepension betreut werden müssten.
Keine Hunde aus dem Kofferraum kaufen
Gewarnt wird von den Tierärzten übrigens vor den sogenannten Kofferraumhunden aus dem Ausland, die oft zu früh von der Mutter weggenommen und unter schlechten Bedingungen gehalten wurden, aber billig sind. Die wahrscheinlich auf die neuen Halter zukommenden Tierarztkosten übersteigen dann oft den Kaufpreis um ein Vielfaches.
Die Züchterin schaut sich die Käufer genau an, denn die von ihr gezüchtete Rasse "American Schnauzer" oder "Mini-Schnauzer" ist sehr lebhaft, aber auch sehr personenbezogen, das heißt, relaxen auf der Couch und ausgiebig gekrault werden haben die Hunde am liebsten. Die Sulzdorferin meint, dass auch nach Corona die Nachfrage nach Hunden ungebrochen sein wird, denn viele, die "auf den Hund gekommen sind", wollen einen vierbeinigen Begleiter nicht mehr missen.

Mir wäre es lieber, die Menschen würden bei Ehrenämtern Schlange stehen, um ihre freie Zeit sinnvoll einzubringen...