Ob sich ihre Lippen wohl fransig anfühlen und gefühllos geworden sind? Nach – nur durch eine Pause unterbrochen – zwei Stunden, in denen die vier Ausnahmekünstler von "Classic4sax" durchwegs mitreißende Musik auf ihren Saxophonen boten, ist es fast anzunehmen. Eine kleine faszinierende musikalische Weltreise hatte das Quartett in diesen 120 Minuten unternommen und dazu ein Publikum mitgenommen, das anfangs noch ein wenig zurückhaltend, am Ende aber hingerissen und restlos begeistert war. Von "Der Abend hat sich echt gelohnt" über "einfach klasse" bis hin zu "ein wunderschönes Erlebnis", lauteten die durchwegs positiven Kommentare der Besucher nach diesem Konzertabend im Kloster Wechterswinkel.
Es war aber auch großartig, was die vier Musikerinnen und Musiker aus dem hohen Norden an diesem Tag boten. Schon am Nachmittag hatten die Künstler aus Hamburg das vorwiegend jüngere Publikum mit dem zweiten Teil der Abenteuer von "Wickie und die starken Männer" – den ersten Teil hatten sie im vergangenen Jahr im Innenhof des Klosters dargeboten – in ihren Bann gezogen. Nun am Abend legten sie sogar noch eine Schippe obendrauf. Dabei musste das Ensemble sogar eine Umbesetzung vornehmen. Für Karola Elßner sprang kurzfristig Tini Thomsen ein, die aber mit ihrem Tenorsax keinerlei Anpassungsprobleme hatte, war sie doch schon in früheren Jahren Mitglied von "Classic4sax" gewesen.
Harmonisches Zusammenspiel
So konnte sie ebenso eindrucksvoll wie neben ihr Berthild Lievenbrück (Altsax), Natascha Protze (Baritonsax) und Lars Osenbrüg (Sopransax) unter Beweis stellen, wie großartig sie ihr "Handwerk" versteht. Es war schon überwältigend, wie harmonisch die vier zusammen musizierten. Dabei wechselten die musikalischen Stilrichtungen ständig. So war man in Ungarn mit einer "Intrada" und weiteren alten ungarischen Tänzen aus dem 17. Jahrhundert gestartet, legte in Spanien mit dem Stück "Sevilla" von Isaac Albeniz einen Zwischenstopp im spanischen Nationalstil ein und kam schließlich nach Griechenland, wo die "Suite Hellenique" melodiös, aber auch mit viel Groove modern und peppig daherkam und so manche im Publikum die Darbietung mit rhythmischen Kopfbewegungen oder Fußwippen begleitete.
Im Verlauf des Konzertabends machten die Besucher Bekanntschaft mit zahlreichen Komponisten, mit unterschiedlichsten musikalischen Epochen, mit fröhlichen, ausgelassenen Tänzen auf der einen Seite, aber auch mit leiseren Tönen mit Musik zum Zurücklehnen auf der anderen. Über Frankreich, wo das bekannte kleine gallische Dorf mit der Filmmusik zu "Asterix & Obelix", aber auch die Hauptstadt Paris besucht wurden, Holland und Afrika landete man schließlich in Südamerika, wo die Eigenkomposition "Alleman in Peru" mit einem Mix aus vermeintlich spanischer und peruanischer Folklore für Überraschung und die Tangosuite "Angel" von Piazzolla für Aufhorchen sorgten.
Zwei Zugaben zum Schluss
Fröhliche Klezmermusik, Auszüge aus den Musicals "West Side Story" von Leonard Bernstein oder "The Beauty and the Beast" und der unwiderstehliche Jazz von George Gershwin trieben die Stimmung im Festsaal des Kreiskulturzentrums weiter nach oben, die schließlich im begeistert mitgeklatschten "Axel F" von Harold Faltermeyer, einem der größten Instrumental-Hits der 80er Jahre, gipfelte. Natürlich durften die vier Künstler die Bühne nicht ohne zwei Zugaben verlassen, die die musikalische Weltreise abrundeten.