Womit schütze ich mich vor dem "bösen Blick" ? Mit einem Amulett ? Kann das "magische Viereck" tatsächlich Dämonen in Schach halten ? Vermehren sich Gold- und Silbermünzen wirklich, wenn ich sie bei zunehmendem Mond draußen in die Erde stecke ? Antworten auf diese Fragen kann vielleicht die neue Ausstellung im Kloster Wechterswinkel geben, die am Wochenende eröffnet wurde. Unter der Überschrift "Amulett und Talisman. Magie und Aberglaube im Mittelalter" will sie den Blick nicht nur auf die zur damaligen Zeit üblichen Rituale, Gebräuchlichkeiten und Verhaltensweisen zur Abwehr und zum Schutz vor den an allen Ecken und Enden lauernden Gefahren lenken, sondern auch die Gründe dafür beleuchten.
Mystische Musik
Irgendwie war der ganze Abend ein wenig mystisch angehaucht. Das begann schon mit der musikalischen Einstimmung. Petra Eisend aus Schweinfurt entlockte ihrer Handpan fast überirdische, sphärische Töne. Bei dem Handpan handelt es sich um zwei miteinander verklebte Halbkugelsegmente, die von den Händen bespielt werden. Musik, die zum Träumen einlädt.
Die Begrüßung übernahm stellvertretender Landrat Peter Suckfüll, der _ passend zur Thematik _ erst einmal zu Jahresbeginn die "drei magischen G`s" wünschte, nämlich "Glück, Gesundheit und Gottes Segen". Er verwies darauf, dass die Ausstellung Einblicke in das mittelalterliche Leben geben will. Nach der Heilkunst, der Esskultur und der Kunst des Schreibens stünde nun die Darstellung eines weiteren mittelalterlichen Aspektes im Blickpunkt. Konzipiert wurde die Ausstellung von Kuratorin Alice Selinger (Dreieich). Sein Dank galt allen, die Exponate zur Verfügung gestellt hatten.
Ein von Ängsten geprägtes Leben
In die Ausstellung führte erstmals Pauline Feichtinger, die wissenschaftliche Volontärin an der Kreiskulturagentur, ein, die ihre Feuertaufe mit Bravour bestand. Ausführlich ging sie zunächst auf die besonderen Lebensumstände der Menschen im Mittelalter ein, deren ständige Angst vor Krankheiten, Missernten und Kriegen. So lag die durchschnittliche Lebenserwartung gerade mal bei 35 Jahren. Der Ertrag aus einem Samenkorn ist in Europa heute 50-mal größer als in der damaligen Zeit. Kein Wunder also, dass die Menschen sich in okkulte Rituale, in Magie und Aberglaube flüchteten.
Während die "weiße Magie" für Heilzwecke oder zum Schutz eingesetzt wurde, sollte die "schwarze Magie" schädigen, wobei Zaubersprüche, Beschwörungen, Amulette und Zaubertränke zum Einsatz kamen. Zwischen Astrologie und Astronomie wurde damals noch nicht unterschieden, Naturwissenschaften waren nur wenigen vertraut. Als die Pest in Europa wütete und ein Drittel der Bevölkerung dahinraffte, beschäftigten sich die Gelehrten mit antikem Buchwissen, anstatt mit der Realität und den Hintergründen der Seuche. So stellte man denn auch ungünstige Planetenkonstellationen als Ursache für die Pest fest.
Die Vier-Säfte-Lehre
Krankheit wurde mit einem Ungleichgewicht der "Vier Säfte-Lehre" (Blut, gelbe und schwarze Galle und Schleim) gleichgestellt. "Aberglauben, Zauberei und Magie konnten verheerende Folgen haben. Sie konnten sogar Unschuldige töten. Doch sie wurden auch in vielen Fällen als Trost und Stütze empfunden in Jahrhunderten, in denen der tägliche Kampf ums Überleben oft unerbittlich war", so Pauline Feichtinger. Sie lud die Besucher dazu ein, einen Blick in die Ausstellung zu werfen. Im Mittelpunkt steht dabei natürlich das "Laboratorium" der Alchimisten, das als Blickfang die Ausstellung mit seiner uralten Einrichtung, mit Holztisch, Holzstühlen, und verschiedenen uralten Küchenutensilien, mit Pfannen, Waage zum Herstellen von Gold prägt. Zahlreiche Exponate, Schaubilder und Texterläuterungen bringen Gebräuche und Rituale näher. Abgetrennte Finger, ganze Hände und Arme, Totenschädel sind dabei allerdings nichts für schwache Nerven.
Die sehr lehrreiche Ausstellung kann ab sofort bis Sonntag, 28. April 2019, zu den üblichen Öffnungszeiten (Mi. - So. und an Feiertagen von 13 - 17 Uhr) besucht werden. Führungen finden an den Sonntagen, 3. und 17. Februar, sowie anlässlich des Frühlingsmarktes (16. und 17. März), jeweils um 14.30 Uhr statt.