
Christiane Aman, die Hygiene-Beauftragte des Tischtennis-Bundesligisten TSV Bad Königshofen, zuckt immer zusammen, wenn eine E-Mail mit der Neufassung der Infektionsschutzmaßnahmen-Verordnung für Bayern eingeht. So war das auch Anfang vergangener Woche, als sie die bereits elfte ihrer Art mit immer strenger gefassten Maßnahmen öffnete. Dann ruft sie Udo Braungart, einen der beiden TT-Geschäftsführer an. Er ist für die Rahmenbedingungen zur Durchführung der Heimspiele in der Bundesliga zuständig. Und wie immer heißt die Devise vor dem jeweils nächsten Heimspiel: „Wir müssen noch mehr streichen, wir sind noch zu viele in der Halle.“
Tagelange Diskussionen in der Whatsapp-Gruppe
Was wäre das am Sonntag wieder für ein Sportfest vor 1000 Zuschauern in normalen Zeiten gewesen! Die Zugnummer 1 im deutschen Tischtennis, der Tabellenführer und Championsleague-Sieger Borussia Düsseldorf, war angereist. In der Shakehands-Arena waren null Zuschauer, was man ursprünglich unter Zuschauern versteht. Die einzigen Anwesenden, die nach eingehender Beratung und tagelangen Whatsapp-Diskussionen von den „zu Vielen“ übrig geblieben sind, waren jene, die unabdingbar für die Durchführung eines Bundesligaspiels da sein mussten. „Wir haben alles noch einmal durchdacht und gestrichen“, verriet Christiane Aman kurz vor dem ersten Ballwechsel. „Wir sind auf viel Verständnis gestoßen. Es haben sich noch einmal Leute bereit erklärt, daheim zu bleiben.“ Unter anderen auch Geschäftsführer Braungart.

Dass kein einziger Sponsor, ohne die dieser Weltklassesport in der Provinz überhaupt nicht möglich wäre, in den letzten letzten sechs Spielen in der Halle war und kein Murren zu vernehmen war, ist so selbstverständlich auch wieder nicht, heißt es beim TSV. Und: 80 Prozent aller Saison-Dauerkarten wurden trotz aller zu erwartenden Einschränkungen verkauft. Auch für ihre Besitzer gibt es seit Oktober nur noch Zuschauen am Livestream.
Auch das Ballreinigungs-Personal reduziert
Für den Zugang zu den Mannschaftsboxen waren von Düsseldorfer Seite aus sieben Personen schriftlich angemeldet, vier Spieler, Trainer, Physio und Manager. In der Königshöfer Box kam ein weiterer Ersatzmann dazu. Halbiert wurden noch einmal die Duos, die für die Ballreinigung, die Tischreinigung und das Bälle-Einsammeln zuständig waren. Um eine weitere Person einsparen zu können, liefen die Chats heiß beim Thema „Spanndecken Bamberger-Tischtennis-Talk“ unmittelbar nach Spielende, der live ins Netz übertragen wird. Obwohl von der in Bundorf ansässigen Firma bezahlt, hätte sich René Bamberger zum Total-Verzicht bereit erklärt. Man einigte sich aber auf den Kompromiss, dass der etatmäßige Moderator Bernd Knahn auch daheim blieb und dafür Hallensprecher Jürgen Halbig den Job übernahm.
Die Zahl der Medienvertreter konnte nicht mehr verringert werden. Sie war eh auf je einen von Fernsehen, Rundfunk und Presse reduziert. Natürlich gab es besonders vor diesem eigentlichen Saison-Highlight Begehrlichkeiten und Anträge weiterer Interessenten.
Aufbauen, heimgehen, Livestreamen, abbauen
Noch überhaupt kein Spiel gesehen hat während seiner Amtszeit der neue TSV-Abteilungsleiter Thorsten Büttner. Für ihn wäre ein Besuch, um Düsseldorf und Timo Boll zu sehen, ein adäquates Geschenk gewesen für seinen Geburtstag just an diesem Sonntag. Zuhause blieb auch der TSV-Vorsitzende Thorsten Eckart. Und selbst der TSV-Kassier Josef Ort hat seit Monaten kein Spiel seines Sohns Kilian mehr live erlebt. Josef war daheim in der guten Stube, als Kilian gegen Lehrmeister Timo Boll so nahe dran war wie nie zuvor, ihn zu schlagen. Er, Johannes Heusinger und sein Team hatten für den Aufbau gesorgt, rechtzeitig die Halle verlassen. Sie kamen mit einigem Abstand nach Spielende wieder zum Abbau.
Für die Düsseldorfer allerdings, die in eigener Halle schon zwei Mal den Königshöfern unterlegen waren, ist die Shakehands-Arena auch so ein gutes Pflaster. Sie nahmen wieder die zwei Punkte mit. Sie ließen hinterher Erinnerungen schweifen an die Stimmung, die sonst hier herrschte. Und sie reihten sich ein in die Schar der Gratulanten, es waren eigentlich alle in der Halle, die per Video-Botschaft im fernen Japan dem Ex-Königshöfer Mizuki Oikawa, dem einzigen Boll-Bezwinger, zum größten Erfolg seiner bisherigen Laufbahn gratulierten: Er stand nach Mitteleuropäischer Zeit früh um sieben als Sieger im Endspiel um die All Japan Championship fest, wurde japanischer Meister im Olympiajahr 2021. Und Mizuki ist demnach die neue Nummer 1 in Japan. Er wird sich vermutlich als Olympia-Teilnehmer vor Ort in Tokio bei Timo Boll, Kristian Karlsson, Anton Källberg und Filip Zeljko für die Video-Glückwünsche zu seinem Titel bedanken können.