
"Gruss aus Ostheim im Rhöngebirge sendet Dir Johann", steht auf der Postkarte, die ein Foto der idyllisch wirkenden Ostheimer Marktstraße mit dem Gasthaus zur Krone an der linken Seite zeigt. "Gruss vom Aussichtsturm auf der Rother Kuppe. Herzliche Grüße sendet Dir Johann", eine andere. So unscheinbar die Postkarten, die eine gewisse Martha Kinau 1899 erhielt, auch wirken, ihr Absender ist ein berühmter Mann: Johann Kinau, besser bekannt unter seinem Pseudonym "Gorch Fock".

Heute ist Johann Kinau den meisten als Namensgeber des berühmten Segelschulschiffes "Gorch Fock" ein Begriff. Deutlich weniger Menschen dürfte bekannt sein, dass Johann Kinau einer der bekanntesten Dichter des ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts war. Sein Name wird mit der Liebe zur Seefahrt und der Sehnsucht nach der Weite des Meeres verbunden. Umso bemerkenswerter ist es da, dass Gorch Fock offenbar großen Gefallen an der Rhön gefunden hatte und dort gerne seinen Urlaub verbrachte.
Schuhkarton mit wertvollem Inhalt
Dass ihr Mann Jürgen diesen einen berühmten Großonkel Johann Kinau hatte, das wusste Margot Klebert schon länger. Und dennoch staunte sie nicht schlecht, also sie vor einigen Jahren einen Schuhkarton fand. Dieser war voll mit Postkarten, die Johann Kinau aus dem Rhön-Urlaub oder auch aus Meiningen und Sonneberg an seine Cousine Martha Kinau (die Großmutter von Jürgen Klebert) geschickt hatte.

Wie kam Gorch Fock dazu, in der Rhön seinen Urlaub zu verbringen? Margot Klebert vermutet, dass es daran lag, dass dieser vor seiner Zeit als Schriftsteller unter anderem als Kontorist in Meiningen arbeitete. Gerne würde sie mehr über den Familienzweig der Kinaus herausfinden. "Leider wissen wir bisher über die Kinau-Linie nur sehr wenig. Das würde ich gerne ändern. Es gibt allerdings Erzählungen, dass Martha Kinau - die Großmutter meines Mannes und Empfängerin der Postkarten - und Gorch Fock sich relativ ähnlich gesehen haben sollen", schildert Margot Klebert.
Das Schwarze Moor ohne Bretterweg
Jedenfalls schien es Gorch Fock in der Rhön gut gefallen zu haben, wovon die Postkarten mit lieben Grüßen und Erzählungen seiner Urlaubs- und sonstigen Erlebnisse zeugen. Besonders erstaunte es Margot Klebert, dass nicht nur die Familie ihres Mannes offenbar Gefallen an der Rhön gefunden hatte, obwohl dieser Bonner war. Sie selbst wurde als Margot Heermeier in Herford (Nordrhein-Westfalen) geboren und studierte Ernährungswissenschaften in Bonn. Dort lernte sie auch ihren Mann kennen und lebt mit ihm heute noch dort. Auch sie und ihre eigenen Angehörigen haben eine Verbindung zum Land der offenen Fernen.

Denn ihr Vater Dr. Heermeier, ein Zahnarzt, und ihr Onkel Dr. Steinhäuser gingen als passionierte Jäger sehr gerne in der Rhön auf die Pirsch. Margot Klebert: "Es hieß dann immer 'Die Herforder kommen'. Zum Jagd-Kreis meines Vaters und Onkels gehörte auch Dr. Helm aus Fladungen.". Und so ergab es sich, dass Margot Klebert im Jahr 1963 erstmals zum Urlaub in der Rhön, genauer in Hausen, weilte. Während die Männer jagten, gingen die Frauen "in die Beeren" oberhalb von Heufurt bis hin zur Ostheimer Lichtenburg. Von ihren Ausflügen in dieser Zeit kenne sie zum Beispiel das Schwarze Moor noch ohne den Bretterweg.

Der Rhöner Himmel und die Milchstraße
Später dann, zwischen 1969 und 1988, fuhr Margot Klebert jedes Jahr zum Urlaub nach Hausen. Das sei immer fast wie ein Familientreffen gewesen, so Klebert. In den Jahren darauf ging es mit den eigenen Kindern noch immer ab und zu hierher. "Wir kommen ja aus der Stadt, wohl auch deshalb gefällt uns die Rhön so gut. Bei unseren Urlauben haben wir oft auf der Hochrhön die Sterne betrachtet. Es ist dort alles so ruhig. Besonders fasziniert uns, dass man am Rhöner Himmel sogar die Milchstraße sehen kann", erzählt Klebert. Auch die Kontakte zu den Rhönern, etwa zu der Ostheimer Familie Helm, seien eng gewesen damals.
Das letzte Mal weilten Margot Klebert und ihr Mann mit Tochter und Schwiegersohn 2015 in der Pension Eisgraben in Hausen. Die Rhön sei für die Familie immer wie eine zweite Heimat gewesen, der besondere Blick auf Heufurt, die Spaziergänge zum Kapellchen zwischen Fladungen und Heufurt. "Die Urlaube dort waren immer eine spannende und tolle Zeit", erinnert sich Margot Klebert.

All das würden Margot Klebert (heute 72) und ihr Mann Jürgen (76), früher Lehrer, inzwischen wie seine Frau pensioniert, gerne noch einmal erleben und im Sommer wieder einmal einen Urlaub in der Rhön verbringen. Allerdings seien die früheren Betreiber der Pensionen, in denen Kleberts ihren Urlaub verbrachten, inzwischen verstorben, bedauert Margot Klebert. Die Begeisterung für die Rhön kommt wohl nicht von ungefähr, schließlich bereiste auch schon Gorch Fock offenbar mit Vergnügen das Land der offenen Fernen.