Eigentlich wollten Ingrid und Gerhard Ziegler nur ein halbes Jahr in Mellrichstadt bleiben. Die ärztliche Ausbildung führte das Paar im November 1976 von Nürnberg zum örtlichen Kreiskrankenhaus, das damals noch oben am Hainberg thronte. „Wir kamen mit leichtem Gepäck und der Vorstellung an, nur ein paar Monate als Assistenzärzte hier zu arbeiten“, blickt Ingrid Ziegler zurück.
Daraus wurden fast vier Jahre am Krankenhaus und über vier Jahrzehnte in der eigenen Hausarzt-Praxis in Mellrichstadt. Nun winkt der Ruhestand, dem das Ärzte-Ehepaar gelassen entgegenblickt. Denn für ihre Praxis haben sie längst einen Nachfolger gefunden, und so ganz legen die Zieglers die Hände dann doch noch nicht in den Schoß.
Vom Krankenhaus in die eigene Praxis
Dass das Paar Mellrichstadt nach einem halben Jahr Ausbildungszeit nicht wieder Lebewohl sagte, lag seinerzeit am Chef des Kreiskrankenhauses, Franz-Josef Kaiser. „Bei ihm haben wir viel gelernt, fachlich und menschlich.“
Nach vier Jahren am Krankenhaus erhielten die Zieglers schließlich ein Angebot, das sie nicht ausschlagen konnten: Der in Mellrichstadt ansässige praktische Arzt Bernhard Koch fragte an, ob das Paar seine Hausarzt-Praxis übernehmen wolle.
Die jungen Ärzte wagten den Schritt in die Selbstständigkeit und übernahmen zum 1. Januar 1980 die Praxis am Jakobsplatz 5. Zuvor wurde noch schnell geheiratet – „auch wegen dem gemeinsamen Namen auf dem Praxis-Schild“, erinnern sich die Zieglers lachend.
Gemeinsamer Lebensweg seit dem ersten Studientag
Ihr Leben teilten die Mediziner zu diesem Zeitpunkt schon lange. „Wir haben uns am ersten Studientag in Erlangen in der Mensa kennengelernt“, verrät Ingrid Ziegler. Damals hatte es gleich gefunkt. Ihre Lebensplanung gingen die jungen Leute nach Studienende locker an. Und ließen sich entsprechend auf die neue Heimat ein.
In Mellrichstadt fühlte sich das Paar schnell heimisch, knüpfte Kontakte und genoss die schöne Landschaft. „Als Zugereiste sind wir im Laufe der Jahre mehr und mehr zu Mellrichstädtern geworden“, sagt Gerhard Ziegler. Hier will das Paar nach 42 Jahren in der eigenen Praxis nun auch den Ruhestand genießen. Und, wenn jetzt mehr Zeit bleibt, auch gern am Vereinsleben teilnehmen.
Warum bei der Nachfolgersuche Glück mit im Spiel war
Ihre Patienten wissen Ingrid und Gerhard Ziegler derweil gut versorgt. Eine glückliche Fügung machte es ihnen leicht, mit 71 Jahren an den Ruhestand zu denken. Denn während zahlreiche Ärzte im ländlichen Raum verzweifelt einen Nachfolger oder eine Nachfolgerin suchen, klopfte bei Zieglers ein junger Arzt an die Tür, der die Praxis gern übernehmen wollte.
„Ein Glücksfall für uns alle“, sind sich die Ärzte einig. Sebastian Dietls Traum von der eigenen Hausarzt-Praxis und Zieglers Suche nach einem Nachfolger passte zeitlich perfekt zusammen. Und auch menschlich stimmte sofort die Chemie. „Schon nach dem ersten Gespräch war klar, dass wir auf einer Linie liegen“, sagt Gerhard Ziegler. Anfang 2021 stieg Dietl in die Praxis mit ein, nun übernimmt er sie ganz.
Sebastian Dietl übernimmt die Praxis
Der geborene Mellrichstädter ist nach dem Medizinstudium in Würzburg wieder in die Heimat zurückgekehrt und lebt mit seiner Frau in Mühlfeld. Der 38-Jährige ist Anästhesist und hat weiterhin eine Ausbildung zum Facharzt für Allgemeinmedizin absolviert. Dabei hatte er den Betrieb einer eigenen Praxis bereits fest im Visier. Unterstützt wird er dabei von Michaela Merkl, die seit ihrem 16. Lebensjahr in der Praxis Ziegler arbeitet und als medizinische Fachangestellte für die Patienten weiterhin bekannte Ansprechpartnerin bleiben wird.
„Mit unseren Arzthelferinnen waren wir immer ein gutes Team“, betonen die Zieglers. In den letzten Jahren hat Michaela Merkl die Organisation der Praxis allein gemanagt. Nun kommt wieder Zuwachs. Neben ihr stehen Sebastian Dietl von nun an zwei weitere Arzthelferinnen zur Seite: Juliane Eppler und Michelle Mehling sind neu im Team.
Was bleibt, ist der angestammte Ort: Der 38-jährige Arzt will die Praxis zunächst am Jakobsplatz 5 weiterführen. Und natürlich müssen die Patienten noch nicht ganz auf die Fürsorge von Ingrid und Gerhard Ziegler verzichten. Stundenweise werden sie noch in der Praxis mitarbeiten und Sebastian Dietl unterstützen.
Ganze Familiengenerationen vertrauen auf die Zieglers
Für Ingrid und Gerhard Ziegler wie auch für ihre zahlreichen Patienten ist es ein sanfter Übergang in neue Zeiten. Nach 42 Jahren als Hausärzte kennen sie ganze Generationen von Familien und schätzen den vertrauten Kontakt zu den Patienten.
Ingrid Ziegler bringt es auf den Punkt, wenn sie beschreibt, was ihr Lebenswerk auch so liebenswert macht: „Zu uns kommen junge Mütter, die ihren Kindern beschreiben, mit welchem Spielzeug sie früher am liebsten in unserem Wartezimmer gespielt haben. Dazu kennt man die Großeltern und die ganze Familie.“ Bei manchen Patienten waren die Zieglers schon bei der Geburt dabei. „Das ist eben das Schöne an einer Hausarzt-Praxis.“