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SCHWEINFURT
Hände weg von Crystal-Meth
Gefährliche Droge: Ein Päckchen Crystal-Meth, beschlagnahmt von einer Zolleinheit im bayerischen Selb.
Foto: dpa | Gefährliche Droge: Ein Päckchen Crystal-Meth, beschlagnahmt von einer Zolleinheit im bayerischen Selb.
Katja Glatzer
 |  aktualisiert: 23.05.2014 16:12 Uhr

Das Suchtpotenzial ist stark, Therapien sind langwierig und die Rückfallquote ist hoch. Die Rede ist von dem weißen, kristallinen Stoff Crystal-Meth, der sich seit 2008 auch in Bayern immer mehr verbreitet. Im bayerischen Grenzland zu Tschechien kämpfen die Behörden längst gegen den Schmuggel dieser gefährlichen Droge.

„Ich wage zu prophezeien, dass Crystal-Meth auch in Schweinfurt angekommen ist und die Justiz in Zukunft beschäftigen wird“, sagte Oberstaatsanwalt Armin Zuber von der Staatsanwaltschaft aus Hof am Anfang seines Vortrags zur Woche der Justiz. Seine Warnung: „Hände weg von Crystal-Meth“. Die synthetisch hergestellte Substanz Methamphetamin ist gefährlich. Und, so Zuber: „Momentan ist sie die Droge auf dem Markt mit der weltweit höchsten Erstkonsumentenrate.“

Hergestellt wird sie für den deutschen Raum hauptsächlich in Drogenküchen in Tschechien, verkauft vor allem auf vietnamesischen Märkten dort, erklärt Zuber. Die Droge gebe ihren Konsumenten das Gefühl besonders gut drauf zu sein, habe eine enthemmende Wirkung und sei sexuell stimulierend. Unter der Droge neigen die Menschen zur Selbstüberschätzung und glauben, auch geistig leistungsfähiger zu sein. „Das ist ein Irrglaube wie verschiedene Studien belegen.“ Besonders beunruhigend: Crystal-Meth führt extrem schnell in die Abhängigkeit. „Nach dem Hochgefühl folgt der krasse Absturz. Dann muss konsumiert werden, um dem Tal der Depression zu entkommen“, erklärt der Experte.

Bei der Droge handelt es sich um ein Nervengift, das das Gehirn schädigt und Depressionen und Psychosen auslösen kann. Man altert schneller, Ekzeme bevölkern die Haut, die Zähne werden angegriffen und die Leute nehmen in kurzer Zeit erschreckend viel ab. Von Horrorbildern zur Abschreckung, die den zahnlosen „Meth-Mund“ zeigen, hält Oberstaatsanwalt Zuber allerdings nicht viel: „In der Regel sieht man es Leuten erstmal nicht an, dass sie konsumieren.“

Substanz gab es schon 1938

Neu ist die Substanz – wie viele glauben – allerdings nicht. Schon 1938 wurde das so genannte Pervitin, das den Wirkstoff in geringer Menge enthält, von der Wehrmacht entwickelt und patentiert. Die Soldaten im Zweiten Weltkrieg bekamen das „Wachhaltemittel“ Pervitin verabreicht, um zum Beispiel bei Märschen länger durchhalten zu können. Bekannt sei die Einnahme auch bei Soldaten im Vietnamkrieg, erzählt Zuber. Die Abhängigkeit habe sich damals schon gezeigt, „obwohl die Wirkstoffmenge um ein Vielfaches geringer war als heute“.

Wie aber begründet der Staatsanwalt das Revival der Droge? „Crystal-Meth ist relativ leicht herzustellen und viel günstiger zu haben als zum Beispiel Heroin oder Kokain.“ Mittlerweile beantrage die Staatsanwaltschaft Hof wegen der Einfuhr von Crystal durchschnittlich einen Haftbefehl pro Tag. „Der Kontrolldruck an unseren Grenzübergängen ist enorm.“

Doch auch die Schmuggler werden raffinierter: „Besonders der Körperschmuggel ist angestiegen.“ Das geht so weit, dass sogar Schwangere das Leben ihres Kindes gefährden, indem sie sich das Päckchen mit Crystal im Intimbereich einführen, sagt Zuber. Da scheint auch der Hinweis auf hohe Strafen nicht zu fruchten. In Mode sind mittlerweile Bestellgemeinschaften. „Einer fährt und holt Stoff für alle. Da sind die Mengen natürlich größer.“

Sorge auch in Schweinfurt

Auf Nachfrage dieser Zeitung beim Schweinfurter Jugendrichter Michael Roth heißt es, er habe bisher zwei Fälle in Sachen Crystal verhandelt. Auch in diesen erfolgte die Einfuhr aus Tschechien. Roth stuft die Droge ebenfalls als hochgefährlich ein. Auch die juristischen Konsequenzen seien nicht ohne: Aufgrund des hohen Wirkstoffanteils sei bei der Einfuhr die Grenze zur „nicht geringen Menge“ schnell erreicht. „Da drohen Mindeststrafen von zwei Jahren.“

Zwar seien die Aufgriffszahlen in Stadt und Land Schweinfurt noch gering, beunruhigt ist der Jugendrichter trotzdem: „Das Einsickern aus den Grenzregionen ist ja schon länger zu beobachten.

Unterfranken ist kein abgeschottetes Gebiet.“ Als gefährdet sieht Roth vor allem Partygänger, die bisher mit Amphetamin ihre Laune steigerten oder „diejenigen, die selbst vor dubiosen Kräutermischungen nicht zurückschrecken“.

 
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