
Archivoberrat Alexander Wolz, Leiter des Staatsarchivs Würzburg, war immer wieder erstaunt über das ehrenamtliche Engagement in den 112 Archiven des Landkreises Rhön-Grabfeld. Kreisheimat- und Archivpfleger Reinhold Albert hatte mit Bischofsheim, Ostheim, Bad Königshofen und Saal vier für eine Besichtigungstour herausgegriffen. Neues Aufgabenfeld der Archivarbeit wird wohl die Digitalisierung und Aufarbeitung von Ton- und Filmdokumenten sein. Großes Lob gab es von ihm zum Abschluss der Rundreise für die Archivarbeit in Rhön und Grabfeld.
Alexander Wolz: Presse und dort die Bildarchive sind ideal als heimatgeschichtliche Quellen. Hier kann ich nur raten, auf die Zeitungen zuzugehen und sich eventuell nach Bilddokumenten zu erkundigen. Diese könnten dann eingescannt und wieder zurückgegeben werden. Gerade da findet man so viel Material für die Heimatgeschichte der jeweiligen Gegend wie sonst kaum. Kein Zeitungsbericht kam und kommt bis heute ohne ein passendes Foto aus.
Wolz: Egal ob Papier, Audiokassette oder Film und Bilder. Wir archivieren alles, was irgendwie für die Heimatgeschichte interessant ist. Natürlich sind dafür auch die entsprechenden Abspielgeräte, wie ein Tonband, ein Kassettengerät oder ein Filmapparat, notwendig. Erst dann kann man nachvollziehen, was hier zu sehen oder zu hören ist. Das sind neue Anforderungen für die Archivpflege, für die dann entsprechende Mittel zur Verfügung stehen müssten.

Wolz: Da findet man die ganze Bandbreite von perfekt geordneten Archiven bis hin zu Gemeinden, bei denen dringender Handlungsbedarf besteht. Gefragt ist immer das Engagement derjenigen, die sich für die Geschichte ihrer Gemeinde, ihrer Heimat verantwortlich fühlen. Oftmals sind es Ehrenamtliche, wie hier im Landkreis, die sich kümmern und Rückhalt ihres Bürgermeisters und des Gemeinde- und Stadtrates haben. Die Bereitschaft muss da sein, sonst passiert nichts.
Wolz: Wir hatten früher viele pensionierte Lehrer, die dem jeweiligen Ort verbunden waren und oftmals eine Ortschronik führten und sich ausgekannt haben. Da wurde sehr viel gemacht. Heutzutage ist es schwierig, Leute für die Heimatgeschichte zu begeistern, die auch eine engere Beziehung zu ihrer Heimat haben. Wir sehen da unterfrankenweit unterschiedliche Entwicklungen. Gerade was die Digitalisierung und die elektronische Verwaltung betrifft. Das sind neue Anforderungen für diejenigen, die sich um die Archive kümmern. Ein positives Beispiel ist hier Ostheim in der Rhön.
Wolz: Ein Archiv ist nicht das alte Zeug oder die Vergangenheit, die irgendwo im Keller herum liegt, sondern es ist lebendiges Material. Es ist wichtiger denn je. Archive sind das Gedächtnis der jeweiligen Ortschaften und Städte. Es ist Heimatgeschichte auch im Hinblick auf die Gemeinde oder Bürger, die über ihre Geschichte informiert werden wollen.

Reinhold Albert: Es war eine sehr schwierige und arbeitsintensive Zeit Mitte der 1980-er und in den 1990-er Jahren. Damals schenkte man mitunter dem "alten Zeug" wenig Beachtung. O-Ton eines Bürgermeisters: "Dafür hamma kee Geld!", nachdem ich ihn bat, sein Archiv ordnen zu lassen. Oft lagerte das Archivgut auf Dachböden oder in Kellern und war zum Teil in einem furchtbaren Zustand. Vereinzelt wurden Archive auch rigoros aufgeräumt, das heißt auf den Schuttplatz gefahren oder Dokumente verbrannt. Auch manche Kommunen mussten überzeugt werden, geeignete Räumlichkeiten zur Verfügung zu stellen. Heute kann ich sagen, dass bis auf einige wenige nahezu alle 112 Gemeinde- und Stadtarchive bis zum Abschluss der Gebietsreform 1978 geordnet sind.
Albert: Ich befürchte, dass es immer schwerer wird, Ehrenamtliche für diese Aufgabe zu gewinnen. Das wird wohl in Zukunft darauf hinauslaufen, dass studierte hauptamtliche Kräfte diese Aufgabe übernehmen müssen und dann auch entsprechend entlohnt werden müssen. Das ist in anderen Regionen mittlerweile schon gang und gäbe.