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Bad Königshofen
Grabfelder helfen Ahrweiler: Schreckliche Bilder und große Dankbarkeit
Grabfelder Helfer im Einsatz in Ahrweiler. Das Bild zeigt Jens Toennieshen, der gerade ein Schrottauto verlädt.
Foto: Privat | Grabfelder Helfer im Einsatz in Ahrweiler. Das Bild zeigt Jens Toennieshen, der gerade ein Schrottauto verlädt.
Hanns Friedrich
Hanns Friedrich
 |  aktualisiert: 08.02.2024 14:09 Uhr

Müde und abgekämpft kamen Marco Hahn, Jens Toennieshen und Jürgen Steinert vom Hochwassereinsatzgebiet Ahrweiler nach Hause zurück. "Das, was wir hier erlebt und gesehen haben, kann keiner von uns so schnell vergessen", sagen die Drei. Marco Hahn spricht vom Kopfkino, in dem alles gespeichert ist. Er selbst hat noch den Geruch von Schlamm und Dreck in der Nase, der sie bei den Einsätzen immer wieder begleitete. Wichtig sei es aber gewesen, helfen zu können und die Menschen dort zu erleben, die unsagbar dankbar für die Hilfe waren, die von überall her gekommen ist. Marco Hahn: "Was mich besonders beeindruckte, dass hier jeder für jeden da ist und hilft, wo er nur helfen kann." Das alles muss nun aber erst noch verarbeitet werden. Und, da sind sich alle Drei ganz sicher: Das wird einige Zeit dauern.

Tag und Nacht waren die Bad Königshofener im Hilfseinsatz.
Foto: Jürgen Steinert | Tag und Nacht waren die Bad Königshofener im Hilfseinsatz.

Wie aber kam es zu dem Einsatz in Ahrweiler? Marco Hahn (Haustechniker in der FrankenTherme) hatte die Idee und sprach mit Jens Toennieshen von der Firma HT Baumaschinen und Gartengeräte in Bad Königshofen. Der überlegte nicht lange und stellte die notwendigen Lkws zur Verfügung. Bei Jürgen Steinert (Forst & Energietechnik) fragte man nach sogenannten "Abrollmulden", womit Schutt und Schlamm, der durch das Hochwasser verursacht worden war, weg gefahren werden konnte. Der wiederum vermittelte den Kontakt zum Containerdienst Koob in Hildburghausen und entschied dann spontan, selbst mitzufahren.

Großer Bagger

Benötigt wurde ein großer Bagger mit entsprechender Ausrüstung. Da Jens Toennieshen gerade keinen passenden Bagger auf dem Hof hatte, half die Firma Haschke aus. Spontan entschied Oliver Haschke, einen Bagger aus seinem Fuhrpark kostenfrei zur Verfügung zu stellen. Marco Hahn wiederum stellte den Kontakt zu den Hilfsorganisationen über einen Feuerwehrkollegen her. Über Euskirchen wurde dann die Hilfe aus Bad Königshofen nach Ahrweiler gemeldet und dort Fahrzeug und Mannschaft eingeteilt.

Morgens um 3 Uhr gings in Bad Königshofen los und so erreichte man bereits gegen Mittag Ahrweiler und konnte spontan mit der Arbeit beginnen. Jens Toennieshen berichtet von einer Whatsapp- und Facebook Gruppe, über die die Einsätze angefordert wurden. Ebenso über den CB-Funk, den jeder Lkw besitzt. "Da hieß es dann, wir brauchen einen Lkw hier und einen Bagger dort und dann haben wir uns gemeldet und sind losgefahren." So waren die Grabfelder an den unterschiedlichsten Plätzen im Einsatz. Teils bekamen sie sich nicht mehr zu Gesicht. Jeder half da, wo er gebraucht wurde.

Einfach angepackt

Was den drei Grabfeldern auffiel, war die Dankbarkeit der Menschen in Ahrweiler und vor allem die schnelle und unbürokratische Einsätze von Landwirten oder einheimischen Firmen. "Das alles waren Macher und die haben einfach angepackt, unbürokratisch eben, wie es sein muss!" Marco Hahn spricht von mindestens 50 Firmen und zahlreichen Landwirten, die hier Hand in Hand arbeiteten. Sie berichten auch, dass die Menschen Angst vor jeden Regen hatten.  Wichtig sei es gewesen, die noch vorhandenen, verstopften Kanäle wieder frei zu bekommen, damit bei Regen das Wasser abfließen kann.

Bilder, die die Helfer nicht so schnell vergessen werden: Blick in einen völlig zerstörten Friedhof in Ahrweiler.
Foto: Privat | Bilder, die die Helfer nicht so schnell vergessen werden: Blick in einen völlig zerstörten Friedhof in Ahrweiler.

Eindrucksvoll sei die Hilfsbereitschaft vieler Menschen gewesen, die von überall her nach Ahrweiler gekommen waren, um Bevölkerung und Hilfskräfte zu versorgen. Da gab es einen Unternehmer, der mit 60 Kilogramm Hähnchenfleisch und Getränke anreiste oder einen Mann, der mit mehreren tausend Bratwürsten gekommen war, diese grillte und verteilte. Als Marco Hahns Lkw einmal in Schwierigkeiten geriet, weil die Straße plötzlich weggebrochen ist, kamen Landwirte und halfen, das Fahrzeug wieder auf festen Boden zu bekommen.

"Ich kann immer nur sagen, dass ich solch eine Hilfsbereitschaft der betroffenen Menschen bisher noch nicht so erlebt hatte", sagen Jürgen Steinert und die Kollegen können da nur zustimmen. Jens Toennieshen spricht von etwa 2000 Minibaggern und 20 großen Maschinen, sowie an die 250 Lkws, die an einem Tag in Ahrweiler die verschiedensten Aufräumarbeiten durchführten. "Mindestens 20 000 Helfer kamen dazu."

Zerstörte Friedhöfe

Er selbst hat völlig zerstörte Autos aus einem Dachstuhl geholt, andere aus dem Schlamm oder aus den Häusern. "Es ist schon ein komisches Gefühl, wenn man einen fast neuen und von außen noch heil aussehende, aber innen völlig verschlammten, E Klasse-Wagen mit dem Greifer packen soll." Stark betroffen waren die Friedhöfe. Grabsteine wurden  bis zu 500 Meter durch den Ort geschoben. Kleine Bagger transportieren Schutt und Schlamm aus den kleinen Gassen auf eine große Kreuzung, wo die großen Maschinen sie dann auf die Lkws verluden. Die weiteste Fahrt zu einer Deponie fuhr Jürgen Steinert. Er musste etwa 70 Kilometer nach Koblenz fahren, um dort zu entladen. Übernachtet hat das Team in den Lkws, versorgt wurden sie von den Hilfsorganisationen aber auch der Bevölkerung.

"Ich bin einmal eine Böschung runter gefahren, um mehrere Autos aus einem total verschlammten Graben zu bergen, was man auf einer normalen Baustelle nicht machen würde, da das Risiko den Bagger festzufahren viel zu groß ist. Aber hier macht man es halt, weil's einer machen muss! Und zur Not gibts einen Bergepanzer", sagt Jens Toennieshen.

Wieder daheim: Marco Hahn und Jens Toennieshen am Montagnachmittag in Bad Königshofen
Foto: Oliver Haschke | Wieder daheim: Marco Hahn und Jens Toennieshen am Montagnachmittag in Bad Königshofen

Wenn Jens Toennieshen seine Bilder durchschaut, erinnert er sich an eine Fahrt durch eine bereits geräumte Straße. Da entdeckte er ein Kind, das auf einer Gartentreppe saß und ein fast umgeworfenes Trampolin anschaute. Die Helfer hatten zwar die ganze Straße geräumt aber keiner hat das Trampolin aufgerichtet. Jens Toennieshen: Mit dem Bagger mal kurz über den Zaun geschwenkt und mit dem Greifer zärtlich gepackt und schon stand das Trampolin wieder." Und dann hieß es hüpfen, auch wenn auf dem Trampolin noch sehr viel Schlamm war. Aber das war diesem Kind in diesem Moment egal. Der Junge war einfach nur überglücklich, als er wieder sein Trampolin benutzen konnte und strahlte über das ganze Gesicht.

 
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