
Zu ihrer ersten Versammlung im neuen Jahr erwartete die Mitglieder des Weltladenteams Bad Königshofen ein aufschlussreicher Vortrag über die gerne auch Götterspeise genannte Kakaobohne.
Aus Würzburg kam der Agrarökologe Dr. Arno Wielgoss und informierte das Team über seine Arbeit mit Kleinbauern im peruanischen Bergregenwald, deren Bohnen er mit Hilfe seiner Organisation Peru Puro nach Deutschland importiert, wo sie seit einigen Monaten auch im Bad Königshöfer Weltladen angeboten werden.
Zunächst berichtete Wielgoss, weshalb seine Familie sich in Peru engagiert. Ein Unglücksfall war der traurige Anlass. Im Jahr 2000 war sein damals 20-jähriger Bruder Frederic auf Abenteuerurlaub in Peru und ertrank beim Baden im Urwaldfluss Urubamba. Die aus Nüdlingen stammende Familie initiierte zur Finanzierung einer Suchaktion einen Spendenaufruf.
Bruder blieb verschollen
Doch der Bruder blieb verschollen und man beschloss, die gespendeten Gelder vor Ort zu verwenden, um den Menschen in dem abgelegenen Bergregenwald zu helfen.
Es ist eine bitterarme Gegend, erzählt Wielgoss seinen Zuhörern. Mit dem Flugzeug gehe es noch relativ bequem nach Cusco, unweit des peruanischen Haupttouristenziels Machu Picchu gelegen, danach folgt eine oft halsbrecherische Fahrt über holpriges Gelände in die abgelegenen Täler der Kakaobauern. Für 200 km Luftlinie sind da gut zweimal neun Stunden Fahrzeit erforderlich. Bei den Bauern, deren Behausungen dann oft nur nach stundenlangem Fußmarsch zu erreichen sind, herrscht bittere Armut, ihr Produkt, die Kakaobohne lässt sich nur zu schlechten Preisen verkaufen.
Nachhaltigkeit ein Fremdwort
Landwirtschaft wurde ohne Sinn für Nachhaltigkeit betrieben, Brandrodungen waren an der Tagesordnung und gegen Ungeziefer ging man mit von der Regierung bereitwillig zur Verfügung gestellten Pestiziden vor. Der Beginn eines unheilvollen Kreislaufs! Die Familie Wielgoss begann nun mit Aufklärungsarbeit. Statt Brandrodung wurden zur Bodenregenerierung Bodendecker angepflanzt, statt Monokultur gab es Pflanzaktionen zur Aufforstung. Und die Bauern lernten, wie leicht sie ihren oft eintönigen Speiseplan mit selbstangebautem Gemüse bereichern können.
Dazu kamen praktische Hilfen zur Energieversorgung, Sonnenpaneele und Wasserkraft ersetzen heute die Verwendung kurzlebiger Batterien. Viel erreicht wurde auch im Bereich der Hygiene. Man richtete Wasserleitungen ein, Herde wurden installiert und Spültoiletten eingerichtet. Ganz wichtig, so Wielgoss, ist die Zusammenarbeit mit den Frauen, die in der südamerikanischen Macho-Gesellschaft traditionsgemäß das schwächste Glied sind.
Hilfe zur Selbsthilfe
Es ist also nachhaltige Entwicklungshilfe, die der Verein betreibt. Hilfe zur Selbsthilfe ist die maßgebliche Devise. Als sich aber dann herausstellte, dass die Bauern ihre hochwertigen Produkte zu keinem angemessenen Preis verkaufen konnten, ging man einen Schritt weiter und gründete die Kooperative APECMU, deren Produkte über die 2015 gegründete GmbH Peru Puro nun direkt ohne Zwischenhändler nach Deutschland gebracht werden. Die Erzeuger erhalten für ihre hochwertigen Produkte, alle mit dem Fair- Band-Siegel ausgezeichnet eine angemessene Bezahlung und die Käufer wissen, dass sie ökologisch einwandfreie Ware erhalten. Die in Peru fermentierten und getrockneten Bohnen werden bislang in einer Behindertenwerkstatt in Eckernförde umweltfreundlich verpackt und in Welt- und Bioläden geliefert.
Organisation von Nüdlingen aus
Geplant ist, diese Arbeit zukünftig auch von einer Einrichtung in Nüdlingen, Wielgoss' Heimatort, erledigen zu lassen. Zunehmend, berichtet Wielgoss, melden sich auch bekannte Chocolatiers, die Interesse an ihrem Spitzenprodukt haben. „Doch noch“, so Wielgoss, „können wir die dafür benötigten Mengen nicht liefern“. Aber er ist zuversichtlich, dass er in Zukunft nicht nur das Rohprodukt, sondern auch Schokolade wird anbieten können. Die Zuhörer waren beeindruckt, wie das Engagement einer Familie den Kleinbauern im peruanischen Bergregenwald geholfen hat, ihre Lebensbedingungen zu verbessern. Wielgoss selbst zeigt sich optimistisch: Die Kakaobohnen werden geröstet, in Rohkostqualität, als Nibs oder Tee bislang in 35 Weltläden angeboten. Der Laden in Bad Königshofen ist einer davon. Deutschlandweit aber gibt es 800 Läden. „Nach oben ist da noch Luft!“, sagt Wielgoss zuversichtlich. Die Götterspeise der Inkas ist so auf direktem Weg in Deutschland angekommen.
Informationen zu Peru Puro und Rezepte gibt es auch im Internet unter: www.perupuro.de