Auch in der Heimat läuft ohne Wasser praktisch nichts. Bad Königshofen erlangte als "trockenster Ort Deutschlands" traurige Berühmtheit. Allerdings nur kurz. Der Klimawandel erzwingt den Systemwechsel. Zum Beispiel in der Forstwirtschaft. Aber auch zu viel Wasser schafft Probleme.
Die Leser der Heimatzeitung konnten kürzlich ein verstörendes Foto bestaunen: Aus dem halbautomatischen Auslass des Kurt-Back-Damms bei Burglauer schoss ein reißendes Rinnsal. Nach drei Dürrejahren konnte das neun Meter hohe Millionenprojekt endlich einmal beweisen, dass die ganzen Subventionen eben doch nicht zum Fenster hinausgeschmissen waren. Experten erklärten, ohne den Damm wäre womöglich ein ganzer Keller vollgelaufen, was Schäden im zweistelligen Bereich verursacht hätte.
Ganz andere Wassersorgen plagen derweil unser schönes Industriestädtchen. Bekanntlich hatte die Rhön-Klinikum AG der Stadt großzügig die Heilquellen überlassen, weil man mit ihnen kein Geld mehr verdienen kann. Jetzt müssen die Neuschter Unsummen ausgeben, um den Titel "Bad" zu behalten. Gewinne privatisieren - Verluste sozialisieren. Mit unserem "Bad" verhält es sich ungefähr so wie mit dem "Doktor" des ehemaligen Bundesministers Karl-Theodor von und zu Guttenberg (CSU): nichts dahinter.
Schon vor Jahren erklärte der bekannte Kurdirektor a.D. Bernhard Mosandl gegenüber der Presse: "Die Kur ist tot." Daran hat sich nichts geändert. Ein bunter Betonklotz verschandelt mittlerweile den Kurpark. Das sogenannte "Kurgebiet" verkommt zur Dauerbaustelle. Und die meisten "Bad" Neustädter haben noch nie jene bittere Brühe gekostet, von der Justus von Liebig behauptete, sie hätte "ganz vorzügliche Wirkung". Sicher, Viren und Penicillin waren damals noch unbekannt. Dafür hatten "Kurärzte" Konjunktur, die von den Ureinwohnern "Kurpfuscher" genannt wurden.
Wie könnte man das Image unserer "Heilquellen" aufpolieren? Durch PR! Zunächst einmal müssten die Informationstafeln in Neuhaus ausgetauscht werden. "Wer aber schon im Fette schwimmt, zu Hermann seine Zuflucht nimmt" ist da über die Hermann-Quelle zu lesen. "Cool" klingt anders. Wie wäre es mit einer Rap-Version: "Wenn du fett wirst wie ein Schwein, zieh dir einen Hermann rein!"
Warum greift man nicht Themen auf, die Menschen in einem vergreisenden Landkreis auch interessieren? "Sex im Alter" zum Beispiel. "Wenn die Nadel nicht mehr kratzt, trink vor dem Dating Bonifaz!" Wie altbacken dagegen die Originalversion: "Doch wer schon Speck wegspalten muss, der trinke Bonifazius".
An Heilwasser muss man glauben. In Lourdes und am Ganges geschehen Wunder! Die Wirksamkeit des Placebo-Effekts ist erwiesen. Gerade bei Frauen. In der Homöopathie bedeutet "Potenz D 24": Ein Tropfen Wirkstoff auf die Wassermenge des Atlantiks. Das ist kein Witz. Wieso lagert man in unserem Impfzentrum die wenigen Impfdosen nicht auf dem gefrorenen Heilwasser der Elisabeth-Quelle? Das "Feinstoffliche" durchdringt Glasampullen! Warum sollten regionale Produkte und Hightech-Medizin einander nicht "potenzieren"?
Ein Start-Up-Unternehmen in Herschfeld vermarktet Bio-Blumendünger. Dabei handelt es sich um ortsübliches Trinkwasser, das reich an wertvollen Nitraten ist. Immer noch besser, als jener geradezu blasphemische Vorschlag einer Stadträtin, die Heilquellen unseren kriselnden Automobilzulieferern für galvanische Zwecke zu überlassen oder sie als Ersatz für Streusalz auf maroden Straßen zu verklappen. Man muss sich das vorstellen.