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Bad Neustadt
Glosse: Entwicklungsschub
Glosse: Entwicklungsschub
Andreas Müller
 |  aktualisiert: 19.10.2020 09:38 Uhr

In der Heimat geht die Corona-Krise in die wohlverdiente Sommerpause. Zeit für eine Zwischenbilanz. Generell gilt: Wir sind gut aufgestellt! So stellen Gesichtsmasken praktisch kein Problem mehr dar. In zwei, drei Jahren werden sie für uns so selbstverständlich sein, wie die Burkas in der arabischen Welt. Sie werden zum modischen Accessoire, mit dem man sich in Szene setzt. Längst bieten "Gucci", "Prada" & Co. sündhaft teure Luxusmodelle an.

Bei uns auf dem Land dominiert dagegen "Selbstgenähtes". Selbst Burka-Kritiker müssen eingestehen, dass sich gerade in überalternden Regionen eine Gesichtsverschleierung durchaus positiv auf das optische Gesamterscheinungsbild der Bevölkerung auswirken kann. Und sind die beliebten "Parkplatzkonzerte" nicht viel hygienischer als das nervige Gedränge in der Stadthalle oder auf dem Marktplatz?

Auch im Hinblick auf Mobilität hat sich ein Entwicklungsschub vollzogen. Die Entscheidung unserer Granden, zur Konjunkturbelebung nur noch den Kauf von Elektrofahrzeugen zu fördern, ist ein klares Statement: Die "Verbrenner" sind tot! Diesel und Benziner sind etwas für Aktivsenioren. Sogar die Batterie stellt nur noch eine Übergangslösung dar. Die Zukunft gehört dem Wasserstoff, behauptet Landesvater Markus Söder (CSU).

In den Städten erlebten junge Menschen während des Lockdowns, wie schön urbanes Leben ohne Autos sein kann. Endlich Ruhe, endlich kein Gestank mehr! Straßen und Plätze gehörten wieder den Menschen. Viele entdeckten das Fahrrad neu. Sogar einige Tierarten kehrten zurück. Ganz klar: Autos machen Städte kaputt. Um das zu ändern - und um die Klimaziele zu erreichen - muss sich die Zahl der privaten PKW mittelfristig halbieren. Da sind sich Aktivisten von "Fridays for Future" einig. Jahrelang haben deutsche Automobilkonzerne arglose Käufer belogen und betrogen, um vorsätzlich tausende von Arbeitsplätzen mit abgelaufenem Verfallsdatum zu erhalten. Aber jetzt lässt sich der überfällige Strukturwandel nicht mehr aufhalten. Der Um- und Rückbau der Automobilindustrie läuft an.

Das wird sich auch auf unser schönes Industriestädtchen auswirken. Die fetten Jahre sind vorbei! Die Gewerbesteuereinnahmen brechen ein. Schillernde Prestigeprojekte wie die "Campus-Seilbahn" können wir uns abschminken. Apropos Campus: Die Rhön-Klinikum AG, bekanntlich schon heute einer der beliebtesten Arbeitgeber der Welt, dürfte demnächst wohl auch in Bezug auf die Zahl der Arbeitsplätze die örtlichen Automobilzulieferer überholen. Natürlich muss der rein profitorientierte Konzern trotzdem keinen Cent Gewerbesteuer abführen. Die Großaktionäre würden sich bedanken!

Einiges wird nach Corona nicht mehr so sein wie vorher. Flugreisen bleiben künftig wieder Besserverdienern vorbehalten. Gut so! Schon in den Pfingstferien haben viele entdeckt, dass man auch in Deutschland wunderbar Urlaub machen kann. An den verregneten Stränden der kalten Ostsee zum Beispiel. Sogar bei den lokalen Granden ist die digitale bzw. coronale Transformation jetzt angekommen. So hat zum Beispiel die "Brüssel-Fahrerei" unseres Landrats ein Ende. Endlich! Für fünf Minuten Redezeit pendelte der Kreischef bekanntlich regelmäßig in die EU-Hauptstadt und erzielte dabei vielbeachtete Erfolge. Was für eine Belastung. Was für eine Verschwendung hochdotierter Arbeitszeit (8520 Euro pro Monat plus Extras).

Der bekennende SUV-Fahrer reiste selbstverständlich klimafreundlich mit der Bahn an, die erheb-lich teurer kam als der Billigflieger. Dank "Corona" wird jetzt alles per Video- Konferenz erledigt. Rucki-zucki! Na also, geht doch. Mit den eingesparten Reisekosten ließe sich glatt noch ein vierter Stellvertreter finanzieren. Man muss sich das vorstellen!

 
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