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BAD NEUSTADT
Giftige Geschichte der Todesstrafe
ger
 |  aktualisiert: 14.11.2012 12:01 Uhr

Über die „Toxikologie der Todesstrafe – vom Schierlingsbecher zur Giftspritze“ referierte Dr. Henning Hintzsche im Rahmen der Vortragsreihe des Universitätsbundes Würzburg. Der Mitarbeiter am Lehrstuhl für Toxikologie wusste das Thema sehr anschaulich zu präsentieren.

Weit holte der Referent aus und begann seine Schilderung bei den Kreuzigungen im alten Rom. Probate Strafen waren damals auch Verbrennen, Ertränken und Enthaupten, als besonders grausam galten Pfählen und Rädern oder jemandem bei lebendigem Leibe zu begraben. Während diese Strafen Geschichte sind, seien Steinigungen, wie sie bereits in der Antike stattfanden, noch heute in einigen Ländern möglich.

In der Bundesrepublik Deutschland jedoch ist die Todesstrafe seit Einführung des Grundgesetzes im Jahr 1949 abgeschafft. Allerdings machte der Referent auf einen noch immer in der hessischen Verfassung verankerten Passus aufmerksam, nachdem ein Mensch in besonders schweren Fällen zum Tode verurteilt werden kann. Da aber hierzulande der Grundsatz gelte, dass Bundesgesetz Landesgesetz breche, sei dies de facto nicht mehr ausführbar.

Dann ging Hintzsche auf den Schierlingsbecher ein. Dieser habe seine traurige Berühmtheit dem Philosophen Sokrates zu verdanken: Sokrates versuchte auf den Straßen und Plätzen von Athen Schüler und Passanten unentgeltlich zu lehren. Auch vor philosophischen Fragen machte er nicht halt und war politisch aktiv, damit machte er sich unbeliebt. Man klagte ihn der Gottlosigkeit und der Verführung der Jugend an, was schließlich zu seinem Todesurteil führte. Den Tod bringenden Schierlingsbecher habe er auf einen Zug ausgetrunken. „Der Gefleckte Schierling gehört zu den giftigsten Doldengewächsen der Welt“, so Hintzsche. Lähmungserscheinungen arbeiten sich von unten nach oben vor bis zur letztlich tödlichen Atemlähmung. „Ein grausamer Tod.“

In der neueren Geschichte lösten dann Gaskammern den Giftbecher ab. Hier erinnerte der Toxikologe an die üblen Zeiten im Nationalsozialismus, an die Tötung Vieler mittels in Zyklon B enthaltener Blausäure. Von Hinrichtung könne man aber nicht sprechen, weil der Tötung kein Urteil vorausging, sagte Hintzsche.

Einst auch in den USA genutzte Gaskammern, in denen der Tod per Kohlenmonoxid herbeigeführt wurde, werden heute nicht mehr genutzt. Das Gift, enthalten auch in Autoabgasen, löst aber immer wieder tödliche Unfälle aus. Als „humanste“ Tötungsart gilt heute die Giftspritze, die in Amerika 1982 eingeführt wurde. „Man kann davon ausgehen, dass heute alle Exekutionen per Giftspritze passieren“, sagte Hintzsche. Zu den kuriosen Tötungsarten hingegen zählte er einen Versuch mit der in Nigeria beheimateten Gottesurteilsbohne.

In den Bereich von Märchen und Sagen verwies der Toxikologe hingegen Geschichten vom „Werfen in Schlangengruben“ und die „Strafe unter Pfirsich“, bei der gemahlene Pfirsichkerne verabreicht werden. Sie enthalten giftige Blausäure.

Zum Abschluss seines Vortrages erinnerte Hintzsche an Paracelsus und seine überlieferten Worte: „Alle Dinge sind Gift und nichts ist ohne Gift. Alleine die Dosis macht‘s, dass ein Ding kein Gift sei.“

 
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