Die Gesundheit ist das höchste Gut! Wenn Manfred Lütz diesen Satz hört, geht er sprichwörtlich an die Decke. Gesundheit ist ein hohes Gut, sagt er. Aber das höchste? Und überhaupt: Was ist das eigentlich? Gesundheit. Wann ist ein Mensch gesund? In der Stadthalle sprach Lütz vor einem großen und begeisterten Publikum und nahm dabei – dafür ist er bekannt – kein Blatt vor den Mund.
Aktionstage Gesundheit im November
Der Vortrag von Manfred Lütz war der Auftakt zu den diesjährigen Aktionstagen Gesundheit am 6. und 7. November, die von der Tourismus und Stadtmarketing GmbH organisiert werden. Im Falle des Abends mit Manfred Lütz schaltete sich gerne noch die Evangelische Bildungsarbeit im Dekanat hinzu, wie Dekan Matthias Büttner in seiner Begrüßung hervorhob.
„Hauptsache gesund!“ lautet das Motto der Gesundheitstage im November. Ein Thema, über das Manfred Lütz trefflich zu streiten weiß, in Buchform, bei Vorträgen, im Fernsehen und wo immer er als Redepartner oder Experte gewünscht wird.
Medizin und Fitness als Extreme
„Alle Welt redet von Gesundheit und keiner weiß, was das eigentlich ist“, sagt Lütz und provoziert damit. Natürlich, schließlich kann er den beiden Extremen rund um den Begriff Gesundheit wenig abgewinnen.
Der Medizin, die gerne so lange einen Menschen untersucht, bis irgendwo etwas „Krankhaftes“ diagnostiziert wird, das es sich zu therapieren lohnt, ebenso wenig wie die Fitnessbegeisterten, die jeden Tag durch den Wald rennen und Körner in Müslis essen. Letzteres Bild von gesundheitsbewussten Mitmenschen nutzt Lütz immer wieder auf humorvolle Weise und wettert gegen den Gesundheitswahn.
Unterhaltsame Erklärungen
Manfred Lütz ist Theologe, Psychologe, Bestsellerautor – sein neuestes Buch hatte er selbstverständlich in ausreichender Menge am Verkaufsstand der Firma papierschmitt vorliegen – und Leiter eines Krankenhauses in Köln. Obendrein ist er, wenn er Lust dazu hat, Kabarettist. Ein Mann also, der die schwierigen Sachverhalte zwischen Kirche, Klinik und Menschlichkeit leicht und vor allem äußerst unterhaltsam erklären kann.
Wenn es sein muss, in so einem hohen Sprechtempo, dass Mikrofon und Lautsprecher in der hochmodernen Stadthalle kaum mitkommen. „Die Medizin ist so weit fortgeschritten, dass niemand mehr gesund ist“, zitiert Lütz den englischen Autor Aldous Huxley und relativiert gleich darauf den Begriff „Gesundheit“ für den Alltag: „Gesundheit ist dasjenige Maß an Krankheit, dass es mir noch erlaubt, meinen täglichen Aufgaben nachzugehen.“
Zumutung und Folter
Wenn dem so ist, dann sind wir ja alle eigentlich krank. Wo bleibt aber dann das höchste oder das hohe Gut der Gesundheit? Auf jeden Fall lässt es sich nach Manfred Lütz Meinung nicht im Sport finden. Für ihn sind regelmäßige sportliche Betätigungen zum Beispiel in Fitness-Studios „asketische Zumutungen“. „Auch im Mittelalter wurden Menschen gefoltert“, sagt Lütz. „Die haben aber nicht dafür bezahlt!“
Manfred Lütz geht mit Vielem streng ins Gericht. Die Ganzheitlichkeitsfrage ist für ihn Ganzheitlichkeitsquatsch. „Je mehr Krankheiten wir bekämpfen, desto mehr pathologische Krankheiten gibt es“, sagt er. Und was soll eine Kampagne gegen den Krebs? Das ist eine Kampagne gegen den Tod!
Muse statt Wahnsinn
Durch den Wald rennen und Körner essen ist seiner Meinung nach der falsche Weg. Lieber gut leben, mal was fettiges und cholesterinhaltiges essen und es sich gut gehen lassen. Wie immer liegt im Mittelweg der beste Kompromiss. „Wer den Tod verdrängt, verpasst das Leben“, sagt Manfred Lütz und fordert einen „gesünderen Umgang mit dem Thema Gesundheit“. Zum Beispiel ruft er viel lieber dazu auf, täglich eine halbe Stunde in den Wald zu gehen – nicht zu rennen –, zu sehen, zu riechen, zu erleben. Und das bitteschön mit viel Muse und ohne Fitnesswahnsinn.