
Dass unsere Heimat viele "Alleinstellungsmerkmale" aufweist, hat sich mittlerweile herumgesprochen. Beispiel "innovatives Brauchtum": Da entführen "Rhöner Buam" alljährlich 25 Hühnervögel aus dem 1000 Kilometer entfernten Schweden, um sie später unter großer Anteilnahme der Bevölkerung zu zählen. Und nur zwecks der Gaudi! Dagegen wirkt die "Grafinger Leonhardifahrt" geradezu altbacken. Fast 200 Viecher fielen dem Spektakel in den letzten Jahren zum Opfer. Sogar das Fernsehen war schon da.
Aber auch kulinarisch holt die Heimat auf. So wurde beispielsweise Bischofsheim jetzt offiziell zum "Genussort" erklärt. Zu Recht! Im Gegensatz zu Bad Kissingen gibt es in unserem schönen Industriestädtchen bislang noch kein einziges Restaurant, dem der Guide Michelin einen Stern zuerkannt hätte. Aber was bedeutet so ein Sternchen schon! Wenig Essen für viel Geld. Mal Klartext: Unsere Region war arm. "Fränkisches Hochzeitsessen" gab es eben nur auf Hochzeiten. Die Alltagskost sah anders aus: "Klössbröckelich mit Gurkezolod". So etwas prägt! Eine Wirtschaft wird bei uns dann - und nur dann - weiterempfohlen, wenn das Schweineschnitzel ringsum zwei Zentimeter über den Tellerrand ragt. Mindestens. So gesehen hat die Klosterschänke Bischofsheim den Titel "Genussort" redlich verdient.
Aufmerksame Gäste, die sich in der Schlange an der gastlichen Essensausgabe ein wenig umschauen, werden in der Großküche nur beste Zutaten entdecken. Der in Plastikeimern angelieferte Industriekartoffelsalat ist von allerhöchster Qualität. Sogar die "Pülverles-Soß" schmeckt irgendwie "regional". Das Prädikat "Genussort" bürgt für Qualität. Es hebt sich wohltuend von der inflationären Zertifikationsflut ab. Sicher, wenn im Zuge der fortschreitenden Entchristianisierung demnächst die letzten Franziskaner aus dem Kloster abziehen, stellt das einen spirituellen Verlust dar. Trotz Bruder-Franz-Haus, trotz süffigem Klosterbier: Der heilige Berg der Franken ist bald kein "Gnadenort" mehr. Aber dafür ein "Genussort". Die Veränderung als Chance! Das gilt auch in kulinarischer Hinsicht.
Die Generation "Fridays for Future" sieht im Fleischkonsum die Wurzel allen Übels. Zumindest im "konventionellen. Als absolut "hipp" gelten dagegen Insekten, die offensichtlich als vegan durchgehen. In Schönau hat ein junger Gastronom auf diesen Trend jetzt reagiert. "Dr. Bob's Insektenküche" erobert von der Rhön aus die Republik. Mit dem "leicht nussigen Aroma" seiner Mehlwürmer und Heuschrecken hat er nicht nur junge Feinschmecker begeistert. Leider stammt das verwendete Ungeziefer bislang noch nicht aus der Region. Warum eigentlich? Bieten die heimischen Wälder mit ihrer enormen Biodiversität nicht eine reiche Auswahl potentieller Eiweiß-Snacks? Der neue Ernährungstrend könnte doch auch einen wertvollen Beitrag zur biologischen Schädlingsbekämpfung leisten. Warum nicht! Wenn schon eine Meisenfamilie pro Saison einen Zentner Insekten frisst! Aber warum auf die Gastronomie warten? Jeder Einzelne kann schon jetzt anfangen, die Welt zu retten.
Hier also das Rezept der Woche, der "Rhöner Wurmburger": Pro Person 150 Gramm frische Eichenprozessionsspinner-Raupen sammeln. Tipp: Leittier in eine Flasche locken, der Rest krabbelt hinterher. Das Ungeziefer kurz in kochendem Wasser blanchieren. Nach dem Häuten, das etwas Geduld erfordert, den Glibber mit 100 g gekochtem Dinkel zu einer geschmeidigen Pampe kneten. Diese mit Meersalz, Knoblauch und Limettensaft abschmecken. Burger ausformen und auf dem Grill "medium" braten. Zu dem Zeug passt nur Rhöner Bier. Je mehr, desto besser. Und als Dessert: wurmige Kirschen. Prost Mahlzeit! Man muss sich das vorstellen.