
Bunt ist es geworden auf einem ehemaligen Acker des Biohofs Hartmann zwischen Sondernau und Weisbach. Seit diesem Jahr wachsen keine Ackerpflanzen in der Fruchtfolge mehr, sondern Auberginen, Bohnen oder Brokkoli, auch Kohl, Karotten und Mangold oder Rucola, Tomaten und Zucchini. Mit dem Einstieg von Junior Michael Hartmann grasen nicht nur die 120 Rinder der Hartmanns auf den Rhöner Bergwiesen, sondern es wird auch Gemüsebau betrieben nach dem englischen Prinzip des "Market Gardenings". Auf einer relativ kleinen Fläche von 2200 Quadratmetern werden 30 verschiedene Sorten Gemüse produziert. Mit Erfolg, wie die Geschichte der Hartmanns zeigt.
"Es macht einfach einen riesigen Spaß", strahlt Michael Hartmann über beide Ohren. Sichtlich stolz ist er darauf, dass seine anfangs kritisch beäugte Idee, im Umfeld des doch recht rauen Klimas der Rhön Gemüseanbau zu betreiben, funktioniert. Aufgewachsen im elterlichen Betrieb von Horst und Claudia Hartmann, die sich mit ihrer Bio-Rinderhaltung, Öko-Landbau und landwirtschaftlicher Direktvermarktung einen Namen gemacht haben, studierte Michael Hartmann bis vor kurzem ökologische Landwirtschaft in Freising. Als Bachelor-Arbeit hat er den heimischen Bauernhof analysiert, durchkalkuliert und Zukunftspläne aufgestellt. Eines der Ergebnisse dieser Untersuchung war, dass der landwirtschaftliche Betrieb, so wie er derzeit aufgestellt ist, zwar eine Familie versorgen kann, aber nicht - für den Fall des Einstiegs von Michael Hartmann – irgendwann mal zwei Familien.
Bereichsleiter im elterlichen Betrieb
"Es musste etwas anderes her", erzählt er, "etwas, das sonst niemand hier macht". Und so sind sie auf das vor allem in den USA weit verbreitete "Market Gardening" gekommen. Quasi aus dem Nichts – ohne einen Bauernhof im Hintergrund – werden Farmen gegründet, die letztlich die junge Familie versorgen. Auf relativ kleiner Fläche und ohne riesige Investitionen in Landbearbeitungsmaschinen kann mit dem Gemüseanbau ein relativ gutes Einkommen erzielt werden. "Wir haben quasi einen Betrieb im Betrieb gegründet", berichtet Michael Hartmann, der sich selbst als "Bereichsleiter Gemüsebau" im elterlichen Betrieb bezeichnet.
Und was man auf dem ehemaligen Acker sieht, ist wirklich beeindruckend. Die Gemüsebeete mit einer festen Breite von 75 Zentimetern sind wie gemacht für die Arbeit eines Menschen mit Handgeräten. Auf den fest angelegten Beeten herrscht eine erstaunliche Vielfalt – nicht nur farblich. Und die Gemüsepflanzen scheinen in engem Abstand perfekt gesetzt.
Einsatz von Chemie ist absolutes Tabu
Für die wärmeliebenden Pflanzen wie Tomaten hat Michael Hartmann zwei Folientunnel angelegt. Junge Pflanzen werden professionell mit Netzen abgedeckt, um sie vor Schädlingen zu schützen. Gleiches tun kleinere Blühstreifen und ab Herbst Hecken und Obstbäume, die sogenannten "Nützlingen" den Lebensraum bieten um "Schädlinge" soweit als möglich fern zu halten. "Die Natur bietet so unendlich viel Potenzial", erklärt Claudia Hartmann, die auch ausgebildete Erlebnispädagogin ist. Der Einsatz von Chemie ist im Bio-Betrieb Hartmann jedenfalls ein absolutes Tabu und komme "überhaupt nicht in Frage".

Ein sehr hohes Maß an Planung benötige der Gemüseanbau, wie Michael Hartmann zu berichten weiß. Alle zwei bis drei Wochen werden neue Gemüsepflanzen gepflanzt, je nach Jahreszeit und Witterung. "So kommt es auch, dass nicht immer alles zum Verkauf zur Verfügung steht", so Hartmann. Man möchte dem Kunden neben der Regionalität auch das Bewusstsein der Saisonalität vermitteln, was ein gewisses Maß an Flexibilität in der heimischen Küche verlangt. Es sei auch nicht so, dass immer alles gerade läuft. Die Gurken plagte eine Blattkrankheit, der Lauch stehe überhaupt nicht schön da, berichtet Michael Hartmann, dafür sei er derzeit richtig stolz auf seine Tomaten und seine Salate. Auch wird immer wieder mal etwas Neues ausprobiert, ob verschiedene Sorten Paprika oder Gemüse wie Mangold und Auberginen, was sich nicht in jedem heimischen Garten findet.
Speicherteich für die Bewässerung
Da Gemüse zu 80 Prozent aus Wasser besteht, war es wichtig, sich über die Bewässerung Gedanken zu machen. Entsprechend hat die Familie Hartmann im Frühjahr einen großen Speicherteich, der 1000 Kubikmeter Wasser bevorraten kann, gebaggert und angelegt. Über die Wintermonate wird das Regenwasser, das sich auf dem Stalldach sammelt, in diesen Teich geleitet. Über ein Bewässerungssystem können die Gemüsebeete dann im Sommer flexibel, ob durch Tropfschläuche oder kleine Sprengler individuell bewässert werden. "Die Möglichkeit der Bewässerung war bei der Standortentscheidung auch ein zentrales Thema", so Hartmann.
An den Mann und an die Frau kommt das Gemüse über den Weg der Direktvermarktung. Im Hof der Hartmanns stehen täglich von 8 bis 20 Uhr große Kisten mit frischem Gemüse, an denen sich die Kunden bedienen können. Auch die Gastronomie wird mit dem Gemüse beliefert. Für die Frischehaltung zuvor hat man ein kleines Kühlhaus sowie eine Waschstation eingerichtet. Geplant sei auch die Einrichtung eines Gemüseabonnements, in dem die Kunden wöchentlich ihr frisches, der Saison entsprechendes Gemüse abholen können. "So können wir unseren Kunden zusammen mit den Rindfleischpaketen eine große Vielfalt bieten", erklären die Hartmanns. Michael Hartmann hat dafür auch gleich einen Fachbegriff parat: "Whole Menu Farming".