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MELLRICHSTADT
Gemeinsam ins neue Leben
Ehrenamtliche schaffen das: Seit nahezu einem Jahr leben Flüchtlinge und Asylbewerber in der Gemeinschaftsunterkunft in Mellrichstadt. Die Helfer vom Solidaritätsteam ziehen eine positive Bilanz.
Ein gutes Miteinander: Im Dezember vergangenen Jahres trafen sich Neubürger, Helfer vom Solidaritätsteam und interessierte Mellrichstädter zum Kennenlernnachmittag in der Carl-Fritz-Stube und ein üppiges Buffet mit vielen arabischen Gerichten, gekocht von den syrischen Familien, stand für die Besucher zum Probieren bereit.
Foto: Sabine Pagel | Ein gutes Miteinander: Im Dezember vergangenen Jahres trafen sich Neubürger, Helfer vom Solidaritätsteam und interessierte Mellrichstädter zum Kennenlernnachmittag in der Carl-Fritz-Stube und ein üppiges Buffet mit ...
Georg Stock
 |  aktualisiert: 27.11.2016 03:47 Uhr

Diese Feststellung ist wertfrei, weder geschönt noch überzogen dargestellt: Die Flüchtlinge und Asylbewerber, die in Mellrichstadt ankommen, fühlen sich gut aufgenommen. Sie fühlen sich hier wohl. Und geben dies auch so zurück, wie die Resonanz seitens der heimischen Bevölkerung zeigt. Freundlichkeit und Hilfsbereitschaft sind positive Wesenszüge vieler Neubürger. Mit der Erfahrung stehen die Leiter der verschiedenen Arbeitsgruppen im Solidaritätsteam Mellrichstadt nicht allein. Diese Erkenntnis teilen auch die zahlreichen Helferinnen und Helfer, die sich ehrenamtlich in der Stadt und den umliegenden Gemeinden engagieren.

Solidarität – der Name ist Programm für den Mellrichstädter Asyl-Helferkreis. Kommt doch darin ein Prinzip der Mitmenschlichkeit zum Ausdruck. Was ist daraus geworden? Ein Jahr „Gemeinschaftsunterkunft (GU)“ geht mit dem Jahreswechsel zu Ende.

Da ist es an der Zeit, ein Resümee zu ziehen – anhand von Fragen wie „Was haben wir erlebt, was haben wir erfahren?“ Gar nicht leicht, die Antworten darauf zu bündeln, um dem Spektrum an Erlebnissen mit den Neubürgern unterschiedlichster Herkunft, Nationalität und Religion gerecht zu werden. Marianne Fritz als Sprecherin des Solidaritätsteams hat ihre Zwischenbilanz mit allgemeinen Geschehnissen und Beispielen aus den verschiedenen Arbeitsgruppen gemischt.

Rückblick: Mitte September 2015 waren drei syrische Flüchtlingsfamilien in ihr Domizil in der Hainhofer Straße eingezogen. Die ersten Erfahrungen im persönlichen Umgang sowie bei der Bewältigung des Alltags haben die Neubürger wie auch die ehrenamtlichen Helfer vor zahlreiche Probleme gestellt. Von den fehlenden Sprachkenntnissen ganz zu schweigen. Doch an dieser Stelle kann Mellrichstadt auf einen Mann bauen, der als Glücksfall gelten darf: Als Dolmetscher verdient Mustapha Houneineh das Prädikat „besonders wertvoll“.

Gleiches gilt auch für die Einrichtung einer Kleiderkammer, die Karoline Karg in einer Halle der Firma Reich eingerichtet hatte und die gut angenommen wurde. Die Versorgung mit der nötigen Erstausstattung, ob nun Kleidung oder Haushalts-Gegenständen, war wichtig für das Eingewöhnen in der neuen Heimat. Auch wenn die Kleiderkammer längst geschlossen hat, so gilt nach wie vor, dass Neuankömmlinge „alles gebrauchen können“, so Marianne Fritz. Im Moment besonders Kinderkleidung, da drei neue Familien in der GU eingezogen sind.

In der Gemeinschaftsunterkunft sind die ersten Flüchtlinge Mitte Januar dieses Jahres eingetroffen. Das Haus unter der Obhut der Regierung von Unterfranken war bald mit mehr als 100 Personen voll belegt. Waren anfangs nur Syrer einquartiert, kamen dann Kasachen, Afghanen, Ukrainer, Iraker und weitere Flüchtlinge und Asylbewerber dazu. Heute sind 14 Nationen dort anzutreffen.

Mit dem Internet-Treff, der von der Arbeitsgruppe Freizeit mit Ursula Schäfer und Wolfgang Pfeiffer betreut wird, steht Neubürgern wie einheimischen Interessierten ein Angebot zur Verfügung, das gut angenommen und gerne genutzt wird. Die Kindergarten- und Schulgruppe, geleitet von Carola Altenhöner-Weigel und Marianne Fritz, nimmt sich der Kinder an – von der Anmeldung bis zur Ausstattung mit Büchertaschen. Besonders erwähnenswert ist an dieser Stelle die „gute Zusammenarbeit mit den Kindergärten und Schulen“, wie Fritz hervorhob. Eine wichtige Funktion hat die Medizingruppe mit Monika Marcus inne, die sich intensiv um die ärztliche Betreuung der Neubürger kümmert. So müssen beispielsweise Arzttermine vereinbart werden, vor allem wenn es sich um Impfungen für Kinder handelt.

Keine Frage, die Behördengruppe mit Gerd und Christa Hein ist bisweilen sehr eingespannt, gibt es doch jede Menge Formulare auszufüllen und es gilt, die Neubürger beim Gang zu den Behörden zu begleiten. Angesichts der Sprachbarrieren sind die Schul- und Behördengruppen an zwei Tagen in der Woche im Treffpunkt anwesend. Zusätzlich geht Christa Hein noch vor Ort in die Gemeinschaftsunterkunft, da die vorgesehene Betreuungszeit im Treffpunkt gar nicht ausreicht.

Und nicht nur sie ist dann tief berührt, wenn sich bei solchen Begegnungen menschliche Schicksale zeigen, wie sie aufgrund der Kriegs- und Fluchterlebnisse bei traumatisierten Kindern die Folge sind.

Die Sprachbarriere ist nach den Worten von Marianne Fritz inzwischen nicht mehr das große Problem, vor allem „einige der Kinder sind total fit“, lobte sie. Viele der Neubürger sind in den Sprachkursen der Vhs untergekommen, andere lernen in den Kursen, die von der Arbeitsgruppe Sprache unter Ralf Hartmann angeboten werden. Einige der Flüchtlinge sind bereits so weit, dass sie als Dolmetscher eingesetzt werden können, andere müssen vor einem Sprachkurs erst noch Alphabetisierungskurse absolvieren.

Unter dem Motto „Annäherung ist besser als Ausgrenzung“ standen die Begegnungs-Nachmittage, die abwechselnd in der Carl-Fritz-Stube, dann in der Markthalle und schließlich im August als „Hockese“ an der GU stattgefunden haben, um Kontakte zu knüpfen und das Kennenlernen von Einheimischen Neubürgern zu erleichtern. Auch die jüngste Aktion hat voll eingeschlagen: Der Handarbeitskurs mit Stricken, Häkeln und dem Einsatz von Nähmaschinen hat die Erwartungen mehr als erfüllt, wie die Helferinnen begeistert feststellten.

Zwei Themen bleiben schließlich, die Marianne Fritz und anderen Helfern keine Ruhe lassen: Zum einen ist dies der fehlende Verkehrsunterricht für Flüchtlinge und Asylanten, obwohl mit dem Übungsplatz und mit verkehrssichern Fahrrädern doch die Voraussetzungen gegeben seien. Fritz: „Überall sonst geht es“ – in Mellrichstadt nicht. Zum anderen ist es Tatsache, dass es an geeignetem Wohnraum und Mietwohnungen für Neubürger, die als Flüchtlinge oder Asylbewerber anerkannt sind, in der Stadt an der Streu mangelt. Dieses Manko hatte zur Folge, dass Flüchtlinge Mellrichstadt wieder verlassen haben, „obwohl sie gerne geblieben wären“. Ohne Wohnung keine Zukunft!

Lothar Schulz von der Diakonie Schweinfurt, der mit der Sozialarbeit in der GU betraut ist, lobte das Engagement und dankte für den Einsatz der ehrenamtlichen Helfer, wenn es um die Integrationsbemühungen um die Flüchtlinge und Asylbewerber geht. Sie, die Ehrenamtlichen, sind näher am Menschen – sie schaffen das.

 
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