Seit 70 Jahren gibt es den Staat Israel. Sein Entstehen ist untrennbar mit dem Holocaust im Dritten Reich, der Vernichtung der europäischen Juden verbunden. Unter dem Titel „70 Jahre Israel – und unsere Vergangenheit“ lud Fritz Schroth in seiner Funktion als Mitglied der Landessynode der evangelische Kirche Bayern zu einem Empfang in das Tagungs- und Erholungszentrum Hohe Rhön ein. „Viele der vernichteten jüdischen Gemeinden kamen aus Unterfranken. Es ist Anlass genug, sich zu erinnern“, so Schroth.
Schirmherr war der frühere Bundesminister und Synodalpräsident Dr. Dieter Haack (Erlangen). Er sprach unter anderem über den Umgang mit der Vergangenheit der Landeskirche. „Verdrängen und Vergessen ist verantwortungslos“, mahnte er angesichts einer in der Gesellschaft spürbaren Haltung von „Es muss jetzt auch mal gut sein“. Das sei eine Flucht aus der Geschichte. Dabei gehe es doch darum aus der Geschichte zu lernen und deshalb gegen jede Form von Unrecht zu kämpfen und sich für Grund- und Menschenrechte einzusetzen.
Versöhnung nötig
Wie notwendig Versöhnung heute ist, zeigte Johannes Dieckmann eindrucksvoll auf. Im gleiche Geiste war der persönliche Bericht von Professorin Dr. Petra Heldt, die einen Selbstmordanschlag in Jerusalem überlebt hat.
Udi Lehavi Verantwortlicher der Keren Hayesod, der semistaatlichen Organisation von und für Israel berichtete über persönliche Erlebnisse und den prägenden Satz seiner Mutter: „Ihr sollt dafür sorgen, damit so etwas niemals mehr passiert.“ Zum viel diskutierten Thema „Flüchlinge“ hatte er eine ganz klare Meinung. „Wir brauchen in Deutschland diese jungen Menschen. Lasst sie deutsch lernen, einen Beruf lernen und dann werden sie sich auch integrieren.“
17 Kilogramm schwer
Im Mittelpunkt des Abends stand der Beitrag der Zeitzeugin Sara Atzmon (Tel Aviv), die im KZ Bergen-Belsen war. Sie ist eine der wenigen heute noch lebenden Menschen, die den Holocaust überlebt haben. Sie war zwölf Jahre alt und 17 Kilo schwer, als sie die Hölle von Bergen-Belsen 1945 verlassen konnte.
Die Rabbinerfamilie von Sara Atzmon stammte aus Ungarn. Ihr Vater, drei Geschwister und 60 weitere Mitglieder ihrer Familie kamen in der jüdischen Shoa um. Lange Zeit hat Sara Atzmon nicht über die schrecklichen Erfahrungen sprechen können, bis sie 1987 auf ihre Vergangenheit gestoßen wurde. „Vierzig Jahre hatte ich Angst, auf die Bilder von früher in meinem Kopf zu treffen. Dann habe ich mich getraut, und darauf bin ich sehr stolz, das Unmenschliche zu malen. Eine Befreiung. Denn Wörter sind zu klein, um das zu beschreiben, was mir passiert ist. Deswegen habe ich große Bilder gemalt.“
Eindrucksvolle Bilder
Einige dieser beeindruckenden Bilder, die sprachlos machen, angesichts der Wucht der Aussagen und Emotionen, waren in den Räumen der Tagungsstätte ausgestellt. Ebenso wie ein Backstein aus dem Krematorium Auschwitz. Von Fritz Schroth auf einem jüdischen Gebetsschal gelegt. „Wie viele Juden haben kein Kaddisch bekommen.“
Heute gilt Sara Atzmon als eine der bekanntesten Malerinnen Israels mit mehr als 300 Ausstellungen weltweit. Über sie gibt es auch einen Dokumentarfilm zu ihrer Lebensgeschichte von Ilona Rothin und Iris Berben (Holocaust light-gibt es nicht).
Ihre Botschaft, die sie vor allem an junge Menschen richtet, stellt sich gegen das Vergessen und das Verdrängen. Sehr intensiv berichtete sie von ihren persönlichen Erinnerungen, Empfindungen, dem Schrecken und den Ängsten. „Sie müssen verstehen, dass es niemals möglich sein wird genau zu beschreiben, wie es in dieser Hölle war.“
Versöhnende Botschaft
Die Teilnehmer des Empfangs bat sie ihre Botschafter zu werden, um den kommenden Generationen von ihr zu erzählen. „Und dass der Holocaust keine jüdische Erfindung ist.“
Ihre Botschaft ist versöhnend. „Nein ich hasse nicht, denn ich habe gesehen wohin der Hass führen kann, auch wenn 60 Personen aus meiner nächsten Verwandtschaft vernichtet wurden.“
Warum nennen Sie es "jüdische Shoa"? Haben Sie schon mal eine christliche Shoa gesehen?