Ängste und Sorgen haben nicht nur wegen der Corona-Krise zugenommen, der Ukraine-Krieg und seine Folgen, die Energiekrise und steigende Preise lassen Existenzängste entstehen. Extreme Wetterereignisse, Hitzewellen und düstere Prognosen für die Zukunft kommen dazu. Um dem daraus entstehenden psychischen Stress mit seinen körperlichen Folgen entgegenzuwirken, gründen jetzt mehrere Aktive eine offene Meditationsgruppe, die helfen soll, die innere Mitte zu finden und aus ihr heraus zu handeln.
"Klimaangst" werden die Sorgen bezüglich der globalen Erwärmung und deren Folgen von Lea Dohm, Mitbegründerin von "Psychologists for Future" genannt. Ausgetrocknete, brennende Wälder, Wassermangel und verdorrte Wiesen erinnern täglich an die Brisanz der Lage. Menschen empfinden Hilflosigkeit, werden deprimiert und mutlos oder beschließen, keine Kinder mehr in diese Welt zu setzen, andere protestieren lautstark oder wenden sich Verschwörungstheorien zu. Die Psychologen empfehlen, sich nicht von Angst lähmen zu lassen, sondern tätig zu werden, sich zum Beispiel in Bürgerenergievereinen oder klimaaktiven Vereinen zu engagieren, in denen man nach Lösungen sucht und auch kleine Erfolge feiern kann.
"Unsere traditionellen Fundamente wie Religiosität, Vertrauen und Hoffnung sind erschüttert worden. Wir kommen an unsere physischen, psychischen und emotionalen Grenzen", sagt der ehemalige Leiter der Vhs Rhön und Grabfeld, Klaus Schemmerling. Gemeinsam mit den Rita-Schwestern Claudia Stahl und Nicole Klübenspies sowie Bernhard Bieber wird er die Meditationsgruppen anleiten, wobei sich die vier Aktiven gegenseitig vertreten.
Zu sich selbst finden
Stillsitzen, schweigen und atmen – was hat das mit der Bewältigung des Lebens zu tun? Wichtig sei, innerlich zur Ruhe zu kommen und zu sich selbst zu finden, sagen die Vier. Man ist nur mit dem eigenen Ich konfrontiert, ein Zustand, den viele wegen der vielen Ablenkungen und Reizüberflutungen gar nicht mehr kennen. Gefühle, Bilder und Ängste kommen in der Stille auf, sie sollte man wahrnehmen, anschauen und loslassen. "Eine gute Meditation wirkt ins Leben hinein", sind sich die Initiatoren einig. Mehr Achtsamkeit und die Bewältigung des Alltags mit neuer Kraft sind die Folgen.
Alle Religionen kennen die Meditation, die neuen Gruppen sind aber an keine Religion gebunden. Schemmerling und Biber kommen aus der Zen-Richtung, während die Schwestern aus dem christlichen Umfeld stammen und den Augustinern angehören. Texte, die zum Nachdenken mit in die Stille gegeben werden, stammen aus ganz unterschiedlichen Quellen. Wichtig sind den Schwestern auch die körperlichen Folgen der Meditation. Verspannungen können gelöst werden, Bluthochdruck und Herzbeschwerden können gelindert, Stress kann besser bewältigt werden. Wer psychisch stark belastet ist, sollte Rücksprache mit seinem Arzt halten. "Wir sind keine Psychotherapeuten", sagt Schemmerling.
Erstes Treffen als Einführung
Das erste Meditationstreffen in Bad Königshofen ist eine Einführung, danach folgen zwei bis drei Sitzperioden, nach rund 20 Minuten unterbrochen von einer Runde meditativem Gehen, um den Kreislauf wieder in Schwung zu bringen. Sitzen kann jeder und jede, wie es am besten passt, auch auf einem Stuhl kann man meditieren. Die Gruppe in Mellrichstadt beginnt mit einem Vorbereitungskurs. Interessierte können ab November zwischen den Dauergruppen wechseln.