
Am Montag strahlte in Bad Neustadt nicht nur die Sonne. In den Friseursalons und Kosmetikstudios sah man ausschließlich glückliche und zufriedene Menschen. Endlich - ein Wort, das in fast jedem zweiten Satz zur Sprache kam und die enorme Erleichterung bei Firmen und Kundschaft zeigte: Egal ob Haarschnitt oder Fußpflege, ob Kosmetik oder Maniküre. Strahlende Menschen konnten wieder etwas tun - für sich.

Auf den Tag genau vier Monate lang durfte Jessica "Jessi" Höveler coronabedingt ihr Kosmetikstudio in Bad Neustadt nicht mehr für ihre Kunden öffnen. Schon seit Beginn des "Lockdown-Light" am 2. November vergangenen Jahres war ihr der Kundenkontakt verwehrt geblieben. Seit Montag darf sie nun wieder arbeiten. Die Rückkehr zur Normalität ist für sie mehr als nur die Wiedereröffnung ihrer "Kosmetik-Lounge".
Jessie öffnet freudestrahlend die Tür in der Rederstraße und kann ihr Glück, wie sie sagt, immer noch nicht fassen. "Die viele Zeit mit meiner Familie zu Hause war wunderbar und die will ich auch nicht missen. Aber aus beruflicher Sicht: Wenn man nach so langer Zeit endlich wieder Struktur im Leben hat, dann ist das ein unglaublich schönes Gefühl. Wenn du vier Monate nicht arbeiten darfst…" Sie kommt ins Stocken und wird emotional. "Dieses Gefühl, endlich wieder eine Aufgabe zu haben, gebraucht zu werden, ist unbeschreiblich. Das hätte ich mir nicht träumen lassen. Ich habe mein Leben zurück."
Endlich mal wieder einen schönen Termin wahrnehmen
"Wenn man seinen Job liebt, so wie ich, und der wird dir für so lange Zeit genommen. Dann ist das wirklich hart. Neben meiner Arbeit als Kosmetikerin gehören auch die Sorgen und Anliegen meiner Kundschaft zum Alltag. Meine Kundinnen und Kunden können jetzt endlich mal wieder einen schönen Termin wahrnehmen. Nicht nur Arzttermine, sondern etwas für sich. Sich einfach etwas Gutes tun", sagt sie.
„Die letzten vier Monate waren hart und lang. Umso schöner war die überraschende Erlaubnis, endlich wieder arbeiten zu dürfen. Am Montag letzter Woche hat Ministerpräsident Markus Söder verkündet, dass wir Fußpflege für unsere Kundinnen und Kunden anbieten dürfen. Am Dienstag wurde im Kabinett beschlossen, dass Kosmetik auch erlaubt sein wird. Donnerstag kam dann endgültig Grünes Licht aus Berlin und erst dann konnten wir mit der Terminvergabe beginnen. Auch wenn es kurz war und wir noch viel vorbereiten mussten, waren wir einfach nur glücklich."
Glückliche Menschen nach dem ersten Haarschnitt
Auch die „Nicole Flakus Haarschneiderei“ in der Hohenrother Straße darf – wie alle Friseurläden – seit Montag wieder öffnen. Wenngleich die Friseurmeisterin ein bisschen mehr Vorlauf für die Terminvergabe hatte als Jessica Höveler, waren die letzten Monate nicht weniger anstrengend für sie. Ab dem 16. Dezember war sie vom harten Lockdown betroffen und durfte nicht mehr arbeiten – elf Wochen lang. Die Haare ihrer Kunden wuchsen und wurden immer länger. Sie musste tatenlos zusehen.
"Daheim rumzusitzen macht dich als Selbstständige irgendwann wahnsinnig. Wir haben dann die Zeit nach dem Jahreswechsel sinnvoll genutzt und unseren Laden grundlegend renoviert und modernisiert." Neue Stühle, mehr Platz und ein strenges Hygienekonzept standen auf dem Programm. "Ich wollte für die Wiedereröffnung gut vorbereitet und gewappnet sein", sagt die Friseurmeisterin.
371 Anrufe in Abwesenheit
"Ab dem Moment, als wir dann erfahren haben, dass wir wieder öffnen dürfen, wendete sich das Blatt. Ich war aufgeregt und konnte die Nacht vor der Wiedereröffnung kaum schlafen. Meine erste Kundin fühlte sich für mich wie eine Königin an. Endlich durfte ich mal wieder meine Schere in die Hand nehmen. Man muss wirklich erlebt haben, wie glücklich die Kundinnen und Kunden den Laden mit einem neuen Haarschnitt verlassen. Das glaubt man sonst wirklich nicht."
Dass der Bedarf nach einem Friseurbesuch hoch war, zeigte sich an dem Tag als Nicole Flakus wieder Termine vergab. Da hatte sie auf ihrem Smartphone 371 Anrufe in Abwesenheit. In einer Stunde.