
Für Svetlana Klim ging vor wenigen Wochen ein großer Wunsch in Erfüllung: Im November erfuhr die 51-Jährige, dass sie in den kommenden zwei Jahren den Bad Königshöfer Stadtbus chauffieren wird.
„Dass ich die Anstellung bekommen habe, darüber freue ich mich sehr“, erzählt die Bad Königshöferin, die seit 13 Jahren mit ihrer Familie in der Badestadt lebt. Doch zunächst musste die Frau, die in Kasachstan geboren ist, vor Antritt ihrer ersten Dienstfahrt noch eine Hürde überwinden: Die frisch gebackene Stadtbuschauffeurin hatte zwar einen Autoführerschein, aber noch keine Berechtigung, Personen zu befördern, wie sie zum Beispiel auch Taxifahrer benötigen. „Die erforderliche Prüfung habe ich erst kurz vor Antritt meines neuen Jobs abgelegt“, sagt Svetlana Klim.
Allzu schwer dürfte ihr der Nachweis, dass sie als Kleinbusfahrerin geeignet ist, nicht gefallen sein. Wer Personen gewerblich befördern will, muss 21 Jahre alt sein, den Pkw-Führerschein haben und, wie es im Amtsdeutsch heißt, über die geistige und gesundheitliche Eignung verfügen. So ist ein Sehtest obligatorisch. Weitere Voraussetzung ist ein einwandfreies polizeiliches Führungszeugnis.
Am 1. Dezember war es dann soweit: Die ersten Linienfahrten im Stadtgebiet und zu einigen umliegenden Gemeinden standen an. Svetlana Klim gibt zu, dass sie anfangs nervös war, sich nach ein paar Wochen nun aber schon so etwas wie Routine eingestellt hat. „Das Fahren des Stadtbusses macht mir mittlerweile viel Spaß“, so die Spätaussiedlerin, die sich ihre Sprachkenntnisse erst in Deutschland aneignete und sich mittlerweile recht gut verständigen kann. „Die Leute freuen sich, wenn ich pünktlich an der Haltestelle ankomme und unterhalten sich auch gerne mit mir“, sagt sie. Das Publikum sei bunt gemischt. „Ich habe viele ältere Fahrgäste, es fahren manchmal aber auch junge Leute mit.“ Zudem gebe es etliche Stammkunden, die den Stadtbus fast täglich nutzen.
Nicht nur Svetlana Klim ist froh, dass sie einen Vollzeit-Job gefunden hat, der sie 35 Stunden in der Woche in Anspruch nimmt. Auch der Untereßfelder Busunternehmer Horst Menzel, der Fahrzeug und Personal stellt und Einnahmen und Ausgaben mit dem Landkreis abrechnet, fiel ein Stein vom Herzen, als die Einstellung seiner neuen Mitarbeiterin perfekt war. „Es war wirklich nicht einfach, auf dem Arbeitsmarkt eine geeignete Kraft zu finden“, erinnert er sich an die schwierige Suche nach einem neuen Chauffeur.
Svetlana Klim stellt er nach ihren ersten Wochen am Steuer ein gutes Zeugnis aus: „Sie ist sehr engagiert und macht ihre Sache immer besser.“
Dass sie an einem hochmodernen „Arbeitsplatz“ tätig ist, dürfte für die 51-Jährige ein weiterer Motivationsschub sein. Der Stadtbus, ein achtsitziger VW TS mit Dieselmotor, Klimaanlage und weit öffnender Schiebetüre, ist gerade mal ein Jahr alt und entsprechend sicher und bequem. Herzstück ist ein vollelektronischer Fahrscheindrucker neben dem Fahrersitz. „Im Frühjahr werden wir noch eine automatisch ausfahrende Trittstufe montieren, um gehbehinderten Fahrgästen den Einstieg zu erleichtern“, kündigt Horst Menzel eine weitere Komfortverbesserung an.
Trotz aller Annehmlichkeiten wird der Betrieb des Bad Königshöfer Stadtbusses auch in den kommenden zwei Jahren keinen Gewinn abwerfen, denn die Einnahmen aus dem Verkauf der Tickets decken die Ausgaben für den Unterhalt des Fahrzeugs und die Personalkosten bei weitem nicht. Deshalb schießen Stadt und Landkreis Jahr für Jahr je rund 12 500 Euro zu – Geld, das nach Einschätzung von Bürgermeister Thomas Helbling aber gut angelegt ist.
Die Auslastung des Stadtbusses könnte zwar besser sein, doch angesichts des demografischen Wandels gebe es zu diesem Service von Stadt und Landkreis keine Alternative. „Noch sind viele ältere Bürger mobil und mit dem eigenen Auto unterwegs, doch kann sich das in den nächsten Jahren schnell ändern.“
Der Stadtbus
September 2009 startete das vom Stadtrat beschlossene Projekt „Stadtbus“, um älteren Mitbürgern oder Personen, die kein Auto haben, die Möglichkeit zu bieten, sich im Stadtgebiet, den Stadtteilen und einigen Grabfeld-Allianz-Gemeinden relativ mobil zu bewegen. Weitere Motivation war damals, Bad Königshofen als Einkaufsstadt attraktiver zu machen. Es gibt zwei Linien: Linie 8008, die in einer achtförmigen Route innerhalb von einer knappen halben Stunde von der Tuchbleiche startend zahlreiche Haltestellen in der Stadt und den Stadtteilen anfährt. Der Grabfeldbus (Linie 8009) steuert auch Gemeinden der Grabfeld-Allianz an. Der Stadtbus fährt in der Regel von Montag bis Samstag. Die Fahrten beginnen um 9.13 Uhr an der Tuchbleiche und werden im zweistündigen Rhythmus durchgeführt.