Der Oberkörper der Statue ist ausgehöhlt. Franziskus hält schützend seine Hände davor. Dahinter ist das mit Blattgold belegte Innere zu erkennen. „Als Franziskus, damals ein im Überfluss lebender junger Mann, in Gefangenschaft gerät, hat er Zeit und Anlass, über sein Leben nachzudenken. Er muss also erst einmal innerlich leer werden und viel von dem ablegen, was ihm wichtig war. Das, was ihm jetzt sein Glaube an Christus schenkt, ist so wertvoll, dass er es schützen und bewahren will“, sagt Dekan Andreas Krefft. Etwa 30 Gruppen führt der Dekan von Bad Neustadt jährlich auf dem Franziskusweg.
Wie bei den vielen weiteren Ehrenamtlichen auch, die dort Führungen anbieten, sind die Teilnehmer bunt gemischt – von Kommunionkindern über Familien bis hin zu Senioren reicht das Spektrum.
Dem roten Tau folgen
Der Lobgesang des Heiligen von Assisi auf die Schöpfung, der Sonnengesang, aber auch das Leben des Franziskus sind zentrale Themen des Franziskuswegs. Startpunkt ist die Straßenkreuzung unterhalb des Jugendhauses Thüringer Hütte. Dort beginnt auch die Beschilderung mit dem roten Tau, dem Zeichen des T, mit dem Franziskus immer verband, dass er sich von Gott getragen und von Christus erlöst wusste.
Neben zahlreichen Skulpturen, die von Künstlern der Holzbildhauerschule in Bischofsheim eigens für den Weg geschaffen wurden, finden sich auf dem Rundweg auch immer wieder insgesamt sieben Lesestationen, große Cortenstahl-Tafeln mit Texten, die als „Lebensweg“ Beobachtungen am Wegesrand thematisieren. „Auch für Menschen, die wie zum Beispiel viele der Besucher aus Thüringen nicht christlich sozialisiert sind, bietet der Weg daher Impulse, die sie aus ihrer persönlichen Lebenserfahrung kennen“, sagt Krefft.
Die Bausteine des Lebens
Drei helixförmige Skulpturen finden sich bei der Station „Mutter Erde“. „Das Erbgut, die DNS, ist der Baustein des Lebens“, betont Krefft. Eine der Figuren ist nahezu perfekt, eine zweite mit etwas Abweichungen. Eine dritte weist Verstärkungen aus Stahl auf, weicht also deutlich von der Norm ab, wirkt zerbrechlich. Er lasse an dieser Station oft einem der Kinder die Augen verbinden und dieses dann tastend erraten, welche Kinder es vor sich habe. „Das klappt immer. Weil jeder von uns einmalig ist!“
Aber auch vermeintlich schwere Themen wie den Tod thematisiert der Franziskusweg. Ein eiförmig zusammengekauertes Reh symbolisiert die Haltung des Sterbens und steht zugleich für das Werden neuen Lebens.
Eine Skulptur nebenan zeigt auf der einen Seite einen einzelnen Menschen, auf der anderen eine ganze Gruppe von Leuten. Dazwischen eine deutlich sichtbare Lücke. Sie thematisiert den sozialen Tod durch Ausgrenzung.
Steine türmen sich
Der Hang zur Station „Frieden“ ist zwar mit einem Geländer versehen, aber für Kinderwagen und Rollstühle nicht geeignet. Eine Brücke überwindet dort einen kleinen Bach. Das Geländer zeigt zwei Hände, die sich einander reichen und so eine Verbindung herstellen. Auf der anderen Bachseite bilden viele kleine und größere Basaltsteine einen imposanten Haufen. „An dieser Station sind Menschen eingeladen, das abzulegen, was sie bedrückt, was ihnen Sorgen macht.“ Das Angebot wird offenbar gut genutzt. Laut dem Dekan sind jedes Jahr bis zu zehn Abtransporte notwendig, um zu verhindern, dass sich die Steine allzu hoch auftürmen und am Ende gar den Weg blockieren.
An einer nahen Stelle wird ein kleiner Umweg nach rechts vorgeschlagen. „Es lohnt sich. Wie manchmal auch im Leben“, ist an der Stahlsäule zu lesen. „Vielleicht gibt es gar keine Umwege. Vielleicht sind dies Wege, die du gehen musst, um Erfahrungen zu sammeln und zu erkennen, auf welchem Weg du dich eigentlich bewegen möchtest. Umwege gehören zu deinem Leben.“ Dann öffnet sich der Wald, und der Blick geht weit hinunter in Richtung Bad Neustadt und bis ins Grabfeld. Die Künstlerin, die diese Station geschaffen hat, hatte dabei aus dem Sonnengesang die Zeile „Lobet und preiset den Herrn und dankt und dient ihm mit großer Demut“ im Blick. Zu sehen ist eine große Schar von Vögeln, die um die Sonne kreisen.
Die Bedeutung der Kunstwerke
An der Kapelle unterhalb des Jugendhauses Thüringer Hütte treffen wir Monika Werner, die den Franziskusweg gemeinsam mit ihrem inzwischen verstorbenen Mann Günter konzipiert hat. Die nahe Umgebung habe mit Wanderwegen, breiten Forststraßen und steilen Pfaden bereits eine gute Wanderstrecke mit Wald, Wiesen und Wasser geboten. „Dass das 2007 gestartete Angebot so gut angenommen wird, haben wir damals nicht gedacht.“ Ein wesentliches Element für den Erfolg sind ihrer Meinung nach auch die Kunstwerke, die von Schülern der Holzbildhauerschule in Bischofsheim geschaffen wurden. Eine Weidenwand bildet ein wichtiges Element der Kapelle am Franziskusweg. „So wie die lebende Weidenwand jahreszeitmäßig ihr Gesicht verändert, so muss sich auch Kirche im Laufe der Zeit immer wieder wandeln und mit den Menschen gehen. Die Wurzeln allerdings bleiben die gleichen“, sagt Werner.