Eigentlich wollte er Hanf anbauen, wegen des Ukraine-Kriegs hat sich Landwirt Egon Mauer aus Aubstadt aber umentschieden und Sonnenblumen gesät. Nach dem Motto "Aus der Region – für die Region" dachte er an den vorhergesagten Mangel an Sonnenblumenöl. Dieser Engpass mit dreifach so hohen Preisen in den Supermarktregalen ist auch so eingetreten.
Wie stellt sich die Situation von Sonnenblumen in Rhön-Grabfeld dar?
Eine Reihe von Landwirten hat ebenso gedacht, das zeigt die vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten veröffentlichte Statistik. Der Anbau von Sonnenblumen wurde besonders 2022 stark ausgeweitet. Im Landkreis Rhön-Grabfeld wurden 2015 auf 23 Hektar Sonnenblumen angebaut, 2019 waren es schon 180 Hektar, 2020 gab es einen Sprung um mehr als 100 Prozent auf 416 Hektar, um sich dann 2022 noch einmal auf 700 Hektar zu steigern.
Der Klimawandel mit mehrheitlich trockenen Frühjahren und heißen Sommern hat die Aussichten, dass diese Pflanze, die zur Entwicklung rund 150 frostfreie Tage und viel Wärme benötigt, in unseren Breiten gedeihen kann, erhöht. Obwohl die Sonnenblume leichte Böden, wie im Maintal bevorzugt, scheint sie in Rhön-Grabfeld auch gut zu gedeihen, wie die bestehenden Felder zeigen.
Sonnenblumen statt Raps in Aubstadt und Rhön-Grabfeld?
Der Sonnenblumenanbau fügt sich anstelle von Raps in die Fruchtfolge ein, wie BBV-Kreisobmann Mathias Klöffel bestätigt. Im vergangenen Jahr war das Frühjahr geprägt von regelmäßigen, wenn auch geringen Niederschlägen, deshalb wurde mehr Raps angebaut, Sonnenblumen vertragen die höheren Temperaturen, deshalb sind sie eine gute Alternative, wie sich momentan zeigt.
Egon Mauer hatte im letzten Herbst nach der Ernte eine Zwischenfrucht mit Stickstoffsammlern angesät, deshalb entfiel eine Düngung im Frühjahr. Die Sonnenblumen-Mulchsaat Ende April ging auch gut auf –– wenn da nicht die Krähen und Tauben wären, die die Keimlinge zum Fressen gernhatten. Vogelscheuchen und Windräder nutzten nur drei Tage, wie der Landwirt sich erinnerte. Oft ist er laut hupend die Feldwege entlanggefahren, um die Vögel zu vergrämen, es musste aber trotzdem nachgesät werden.
Landwirt Egon Mauer aus Aubstadt: So wird Sonnenblumenöl hergestellt
Wie viele Schritte notwendig sind, bis aus den Sonnenblumenkernen das Öl in der Flasche wird, macht sich der Verbraucher wohl selten klar. Die attraktiven Pflanzen dienen in der Blütezeit als Nahrungsquelle für Bienen und Hummeln. "Es summt und brummt auf der ganzen Fläche", beschreibt es der Mann aus Aubstadt.
Aber ein Landwirt muss rechnen, es soll schließlich am Ende des Jahres noch ein Arbeitslohn übrigbleiben. Die Kosten für das Saatgut, das Aussäen, den Lohnunternehmer mit seiner besonderen Dreschmaschine, die Dieselkosten müssen eingeplant werden, dazu kommt die Trocknung, die kann Mauer in seiner eigenen Anlage durchführen.
Ukraine und Russland sind Hauptlieferanten von Öl aus Aubstadt und Deutschland
Gedroschen wird Ende August bis in den September hinein. Die Standardqualität für Sonnenblumenkerne ist auf neun Prozent Wassergehalt, 44 Prozent Ölgehalt und 2 Prozent Fremdstoffe festgelegt. Der Gehalt an freien Fettsäuren darf nicht über drei Prozent liegen, weil sonst mit empfindlichen Abzügen beim Verkauf gerechnet werden muss. Ein Vertrag mit einem Landhandel über 60 Prozent seiner Ernte sichert den Aubstädter einigermaßen ab. Selbst wenn ein Hagelschlag die Ernte verdirbt, ist er noch abgesichert – dann zahlt die Versicherung.
Die geernteten Körner gehen zum Teil in die Speiseölproduktion, zum Teil werden sie zu Vogelfutter. Die deutsche Ölproduktion kann aber die ausfallende Lieferung aus der Ukraine und Russland nicht ersetzen. Mehr als drei Viertel der weltweiten Exporte an Sonnenblumenöl kommen aus der Ukraine und Russland. Deutschland deckt seinen Sonnenblumenöl-Bedarf zu mehr als 90 Prozent über Importe, das heißt, nur sechs Prozent stammen bisher aus der heimischen Produktion (Stand 2020).
Wie es in der nächsten Saison mit der Ölproduktion in Deutschland weitergeht, ist abhängig vom Wetter, von der Fruchtfolge und der politischen Lage. In Deutschland bleibt Rapsöl das beliebteste Speiseöl, gefolgt von Sonnenblumenöl und Olivenöl. Im Jahr 2021 lag die Produktionsmenge von Sonnenblumenöl in Deutschland bei rund 420.410 Tonnen.