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Fladungen
Fladungen: Rhönmuseum feiert ein besonderes Jubiläum
Auch wenn zum 100-jährigen Jubiläum die Türen geschlossen bleiben, wäre der Gründervater des Rhönmuseums in Fladungen sicher stolz gewesen.
Das Rhönmuseum in Fladungen feiert in diesem Jahr seinen 100. Geburtstag. Große Feierlichkeiten wird es aufgrund der Corona-Lage leider nicht geben können.
Foto: Franziska Sauer | Das Rhönmuseum in Fladungen feiert in diesem Jahr seinen 100. Geburtstag. Große Feierlichkeiten wird es aufgrund der Corona-Lage leider nicht geben können.
Franziska Sauer
 |  aktualisiert: 03.06.2021 02:14 Uhr

Das Rhönmuseum in Fladungen feiert in diesem Jahr einen ganz besonderen Geburtstag: Es wird 100 Jahre alt. Große Feierlichkeiten müssen aufgrund der aktuellen Corona-Lage leider ausbleiben. Die Hoffnung bleibt jedoch, dass die lang ersehnte Wiedereröffnung des Rhönmuseums im kommenden Jahr mit zahlreichen Gästen gefeiert werden kann. Derzeit erfährt das Haus eine umfangreiche Neuausrichtung und ist für den regulären Museumsbesuch geschlossen. Doch der Dornröschenschlaf hat die längste Zeit gedauert. Denn hinter geschlossenen Türen laufen die Vorbereitungen auf Hochtouren.

Der Eingang zum Rhönmuseum, wie er künftig aussehen soll. Geplant sind kurzweilige Themenstationen, ein kleiner Café-Bereich sowie eine Shop-Ecke.
Foto: Bildrechte: Gemeinsames Kommunalunternehmen Rhönmuseum | Der Eingang zum Rhönmuseum, wie er künftig aussehen soll. Geplant sind kurzweilige Themenstationen, ein kleiner Café-Bereich sowie eine Shop-Ecke.

Die "Geburtsstunde" des Rhönmuseums schlug 1921. Der Gründervater, Bezirksamtsmann Dr. Alfred Jacob, hatte die Idee für ein Museum für die ganze Rhön. Damit war er seiner Zeit weit voraus: Ein Vorreiter, der grenzübergreifend dachte. Doch lange blieb er seinem Landschaftsmuseum – die Bezeichnung "Bezirksmuseum" lehnte er ausdrücklich ab – nicht erhalten. Nur ein Jahr nach der Einweihung wurde der Bezirksamtsmann abberufen. Wie sollte es ohne diesen wegweisenden Mann der ersten Stunde weitergehen? Das Rhönmuseum steckte doch buchstäblich noch in den Kinderschuhen. Es musste ein Trägerverein her, der von 1923 bis 2015 unermüdlich für den Fortbestand des Hauses sorgte.

Starker naturkundlicher Charakter

Als Nachfolger wurde Forstmeister Vogt benannt, der sich grenzübergreifend mit der Natur der Rhön auseinandersetzte und dem Museum einen starken naturkundlichen Charakter gab. Die Geologie, die Flora und die Insektenwelt der Rhön wurden zentrale Themen des Museums und nahmen entsprechend Raum ein.

Kein Vergleich mehr zu heute: Das frühere Rhönmuseum gehört der Vergangenheit an. Die Wiedereröffnung im neuen Gewand ist für das Frühjahr 2022 angesetzt.
Foto: Archiv Gundermann | Kein Vergleich mehr zu heute: Das frühere Rhönmuseum gehört der Vergangenheit an. Die Wiedereröffnung im neuen Gewand ist für das Frühjahr 2022 angesetzt.

Im September 1939 brach der Zweite Weltkrieg aus. In den Kriegsjahren wurde das Rhönmuseum geschlossen und teilweise ausgelagert, da die Ausstellungsräume anderweitig genutzt wurden. Nach dem Kriegsende begann für das Rhönmuseum die Ära der Familie Wald. Malermeister Franz Wald sollte in den Folgejahren das Profil des Rhönmuseums prägen. In den Jahren 1948 bis 1958 legte er, gefördert von Dr. Josef Maria Ritz, dem damaligen Hauptkonservator des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege, den Grundstock für die umfangreiche volkskundliche Sammlung, die fortan einen inhaltlichen Schwerpunkt bildete.

Stete Erweiterung der Ausstellungsfläche

Nach dem Tod von Franz Wald im Jahr 1958 trat Ludwig Wald in die Fußstapfen seines Vaters. Mit ihm an der Spitze erfolgte eine stete Erweiterung der Ausstellungsfläche im historischen Amtshaus. Die Bekanntheit des Rhönmuseums wuchs in jenen Jahren weit über die Landesgrenzen hinaus und auch die Sammlung erweiterte sich nach und nach, Stück um Stück. Im Herbst 1975 starb Ludwig Wald. Seine Nachfolge übernahm sein Sohn Albrecht Wald, unter dessen Leitung das Rhönmuseum eine wissenschaftliche Qualifizierung und Professionalisierung verzeichnete. In den 1980er Jahren verbuchte das Rhönmuseum enorme Besucherzahlen, was hauptsächlich mit dem Phänomen des "Grenztourismus" und dem Blick "nach drüben" zusammenhing.

Mit der Wiedervereinigung veränderte sich die Situation deutlich. Die Besucherzahlen gingen stark zurück, Ressourcen und zukunftsfähige Perspektiven fehlten und so fiel das Rhönmuseum heimlich, still und leise in eine Art Dornröschenschlaf. Erst nach einer längeren Entscheidungsphase, von 2004 bis 2008, wurde beschlossen, wie es mit dem Museum weitergehen soll. Der bisherige Trägerverein wurde in ein gemeinsames Kommunalunternehmen von Landkreis Rhön-Grabfeld und Stadt Fladungen umgewandelt. Neben der Formierung eines neuen Trägers bedurfte es einer inhaltlichen Neuausrichtung des Museums.

Gedanke des "Gesamt-Rhönmuseums" im Fokus

2018 wurde eine neue wissenschaftliche Leitung eingestellt, seither zeichnet sich die Kunstwissenschaftlerin und Erziehungswissenschaftlerin Eva-Maria König verantwortlich für das Rhönmuseum. Der ursprüngliche Grundgedanke eines "Gesamt-Rhönmuseums", der mitunter durch die innerdeutsche Teilung verloren gegangen war, soll künftig wieder stärker im Fokus stehen. Ziel ist es hierbei, die Rhön in ihrer Vielfältigkeit und ihrem Facettenreichtum zu präsentieren.

Seit der Gründung des Rhönmuseums haben sich die Anforderungen an Museen gewandelt, so König. "Das 'Rhönmuseum 2.0' versteht sich als besucherorientiertes Museum, als diskursiver Ort mit 'offenen Türen'". Auch wenn die Sammlungen ihren Ursprung in der Vergangenheit hätten, so müssten die Erzählungen in die Gegenwart und Zukunft reichen. Ein zukunftsfähiges Museum gestalten heißt, den Spagat zwischen Tradition und Innovation zu meistern. Mit einem professionellen Museumskonzept auf der einen Seite und dem Wunsch der Besucher nach Unterhaltung auf der anderen Seite.

Inklusion ist wichtig

Ein wichtiger Schritt in die Zukunft ist auch der Inklusionsgedanke. Die räumlichen Voraussetzungen dafür sind gegeben. Die Ausstellungsflächen erstrecken sich über drei Etagen im sogenannten Schüttbau des historischen Amtshauses, die bequem über einen Aufzug erreicht werden können. Aber auch die Ausstellungsgestaltung verfügt über inklusive und partizipative Angebote, die durch personelle Vermittlungsarbeit ergänzt werden sollen. Den Eingangsbereich wird sich das Rhönmuseum mit der Tourist-Information teilen. Dieser wird durch kurzweilige Themenstationen ergänzt und soll deutlich mehr Aufenthaltsqualität bekommen. Als besucherorientiertes Museum will man mit einem kleinen Café-Bereich und einer Shop-Ecke zusätzlichen Service bieten. Dazu gehört auch ein freier WLAN-Zugang.

Apropos Zugang: Den wird es künftig auch zur Rhön-Bibliothek geben. Die seit den 1920er Jahren aufgebaute Literatursammlung umfasst über einhunderttausend Bücher, deren Fokus hauptsächlich auf der Rhöner Kultur- und Naturgeschichte liegt. Ausleihen wird man die Bücher allerdings nicht können, da es sich um eine reine Präsenzbibliothek handelt.

Blick über den Tellerrand

Auf den Spuren der Rhöner Kulturgeschichte scheut sich das Museum nicht, über den Tellerrad hinauszublicken. Das hätte dem Gründervater sicher gefallen. Ebenso wie das Wissen, dass das Rhönmuseum 100 Jahre später noch existiert. Auch wenn die Eröffnung immer wieder verschoben wurde und das Jubiläum coronabedingt wohl ohne großen Festakt verstreichen wird – ein Blick hinter die Kulissen ist schon jetzt möglich. Auf der neu angelegten Facebook-Seite des Rhönmuseums gibt es exklusive Einblicke und spannende Objektgeschichten zu den umfangreichen Sammlungsbeständen. Rund 500 davon werden spätestens im Frühjahr 2022 zu sehen sein, wenn das Rhönmuseum endlich seine Tore öffnet. Dann hoffentlich für mindestens 100 weitere Jahre.

 
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  • OWL62
    Ein lesenswerter und informativer Artikel, der Lust darauf macht das Museum nach seiner Wiedereröffnung zu besuchen. Hoffentlich dauert das nicht mehr so lange!
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