Nach einem anstrengenden Arbeitstag, einer Wanderung oder Radtour in einer Wirtschaft oder einem Biergarten bei einer Brotzeit ein frisch gezapftes Bier genießen – für viele ein Genuss. Auch auf Festen und Vereinsfeiern ist der Gerstensaft aus dem Fass sehr beliebt. Deshalb macht diese Form des Biervertriebs bei vielen Brauereien einen beträchtlichen Teil des Umsatzes aus.
Zumindest vor Beginn der Corona-Pandemie vor mehr als einem Jahr war das noch der Fall. Seitdem erleben die Brauerei-Chefs ein Wechselbad der Gefühle. Erst eine wochenlange Schließung der Gaststätten und die Absage praktisch aller Feste, dann im Sommer wieder Betrieb in den Wirtschaften, bis dann Ende vergangenen Jahres ein erneuter Lockdown verhängt wurde. Immer noch ist offen, wann die Gastronomie zumindest in den Außenbereichen wieder öffnen darf. Das hängt maßgeblich von der Entwicklung der Infektionszahlen ab. Möglicherweise könnte es noch vor Ostern so weit sein, vielleicht aber auch erst später.
40 Prozent Fassbier-Anteil
„Für uns ist das jetzt schon eine sehr lange Durststrecke“, klagt Xaver Weydringer, seit 14 Jahren Gesellschafter und Geschäftsführer von der im Hausener Ortsteil Roth ansässigen Brauerei „Rother Bräu“. Was dem Brauereichef besonders zu schaffen macht: Fassbier, das am Gesamtausstoß immerhin einen Anteil von bis zu 40 Prozent ausmacht, geht seit längerem schon so gut wie gar nicht mehr, da die Gaststätten, Hotels oder auch Vereinsheime weitgehend geschlossen sind. „Im Moment nehmen wir sogar Fässer zurück, weil das Haltbarkeitsdatum abzulaufen droht“, so Weydringer. „Das sind zwar keine Riesenmengen, aber uns bleibt dann nichts anderes übrig, als das Bier zu vernichten.“
Das Fassbier Privatleuten anzubieten, bringe nicht viel. „Ein einmal angestochenes Fass sollte relativ schnell leergetrunken werden“, so der Geschäftsführer von Rother Bräu. „Wer kauft sich in Zeiten der Kontaktbeschränkung schon ein 20- oder 30-Literfass?“ Kein Wunder, dass die Mitarbeiter in der 1788 gegründeten Brauerei schon seit geraumer Zeit in Kurzarbeit sind. „Bei uns wird im Moment nur an drei Tagen in der Woche gearbeitet“, so Weydringer, der auf bessere Zeiten hofft. „Wir haben schon die ersten Voranfragen für Feste.“ Solange aber offen sei, ob und wann wieder welche stattfinden, könne man nichts Konkretes planen.
Fassbier to go in Waltershausen
Der Waltershäuser Brauereibesitzer Werner Lang hat mit ähnlichen Problemen zu kämpfen, auch wenn er vor der Corona-Krise anteilsmäßig weniger Fassbier verkauft hat als die Rother Bräu. Wegen des aktuellen Lockdowns hat er seine Familienbrauerei, die im Jahr 1844 gegründet wurde und von ihm in fünfter Generation geführt wird, in eine Art Standby-Betrieb gesetzt, für den kaum noch Mitarbeiter benötigt werden. Das funktioniert auch deshalb, weil Lang, der sich zu Jahresbeginn von seinem Getränkehandel „Central Getränke“ getrennt hat, seine nach wie vor nachgefragten Flaschenbiere in einer anderen Brauerei abfüllen lässt.
Fassbier, das er noch auf Lager hat, versucht er über sein Waltershäuser Bräustüble an den Mann und die Frau zu bringen. „Am Wochenende, wenn wir Essen zum Mitnehmen anbieten, kann man sich unser Fassbier in mitgebrachte Zwei-Liter-Flaschen oder andere Gefäße abfüllen lassen“, so Lang. „Wir nennen das dann Fassbier to go.“
Gerstensaft am Brauereitor
Aufgrund der Corona-Pandemie ist auch die Kloster-Gaststätte auf dem Kreuzberg schon seit Monaten geschlossen. Wegen der Lage hat man sich dort in den Bereichen Klosterladen und Gastronomie gegen einen To-go-Verkauf entschieden, wie auf der Homepage des 1692 von den Franziskanern errichteten Kloster Kreuzberg informiert wird. Seit 1731 wird Bier gebraut auf dem Kreuzberg, das ausschließlich in Fässer abgefüllt wird.
Seit dem Lockdown vermissen viele das frisch gezapfte Klosterbier, ganz verzichten muss man darauf aber nicht, wie der vertretungsberechtigte Geschäftsführer Christian Weghofer auf Nachfrage mitteilt. „Zwei Mal in der Woche gibt es unser Bock-Bier in Fässern oder Siphonflaschen mit einem 50-prozentigen Nachlass am Brauereitor.“ Dieser Verkauf an Privatleute hat laut Weghofer einen weiteren positiven Nebeneffekt: „Wegschütten mussten wir von unserem Bier bislang noch nichts.“