Besondere Zeiten erfordern besondere Maßnahmen und dennoch sollte ein Hauch von Tradition gepflegt werden. Alles in seinem Rahmen. Für Bad Neustadts Bürgermeister Michael Werner wäre am 14. November und dem Einläuten der närrischen Zeit der erste Rathaussturm im Kalender gestanden.
Nur zu gerne hätte er sich humorvoll mit dem Gartenstädter Karnevalsverein Stadtgarde KVSG und dessen Faschingsfreunden verbal auseinander gesetzt und dem Brauch gefolgt. Seinen neu erworbenen Chefsessel der Stadt hätte er tapfer verteidigt, hob er hervor. Alles ist in diesem Jahr wegen Corona abgesagt. Doch Bürgermeister Michael Werner hat dennoch nicht den Humor nicht verloren. KVSG-Präsident Marco Raschke und Sitzungspräsidentin Franziska Kneuer erhielten eine Audienz. Sie wollten auch in so schwierigen Zeiten die Heiterkeit in das Rathaus zu bringen und dieses in der fünften Jahreszeit regieren.
Darf Helau schon vor dem 11.11. gerufen werden?
Gelassen nahm der Bürgermeister auf seinem Chefsessel im Rathaus Platz, begrüßte die beiden KVSG-Delegierten und stellte die Frage, ob er diese denn jetzt schon vor dem 11.11. mit Helau begrüßen dürfe. Er stellte aber auch gleich klar, dass er den Rathausschlüssel nicht herausrücken werde. "Ich muss den ganzen Tag das Rathaus verteidigen", so Werner, der es bedauerte, dass er in seiner Amtszeit noch niemanden die Hände schütteln durfte und die Pandemie es ihm schwer mache, das Bad Neustädter Volk, alle Vereine und Organisationen wirklich kennen zu lernen.
Marco Raschke bemerkte, dass man bis zuletzt gehofft habe, aber mit der jüngst stattgefundenen Jahreshauptversammlung kam das endgültige "Aus" für alle Veranstaltungen. Was einem echten Karnevalisten in der Seele brenne, aber Vernunft und letztendlich die gesetzlichen Regeln gäben den richtigen Weg an, so Raschke. Nur eine Hand voll Gäste im Stadtsaal und nach jedem Gardetanz hätte im Sinne einer Sportveranstaltung gelüftet und alles desinfiziert werden müssen. Beim Schunkeln und Tanzen sei es zudem unmöglich, den Sicherheitsabstand wahren zu können. Der KVSG-Präsident hoffe gemeinsam mit seiner Sitzungspräsidentin, dass die Stadtgarde-Mitglieder trotzdem dem traditionsreichen Verein in der Gartenstadt die Treue halten.
Schonfrist für den Bürgermeister bis 2021
Bürgermeister Werner formulierte den Hoffnungsgedanken, dass die aktuelle Zeit vielleicht noch enger zusammenschweiße. "Irgendwie geht es weiter", so das Stadtoberhaupt. Marco Raschke fügte an, dass die Schonfrist für den Bürgermeister nur um ein Jahr verlängert werde und dann solle ihn die geballte Heiterkeit treffen. Vorausgesetzt, die nächste Session und der Rathausturm können wieder in altbewährter Weise stattfinden. Im Rahmen der "außerordentlichen Sitzung" übergab der Bürgermeister den beiden Antragstellern des Gartenstädter Karnevalsvereins diesmal kampflos den Rathausschlüssel.
Beim Rückblick auf die Jahreshauptversammlung erinnerten sich Marco Raschke und Franziska Kneuer, dass die vergangene Session voller Tänze aus den eigenen Reihen, Bühnenklamauk und herzerfrischenden Büttenreden steckte und man sich über zwei bestens besuchte Prunksitzungen und über die Garde-Turniere im Stadtsaal freuen konnte. Die Finanzen hätten zudem gepasst, die Vorstandschaft wurde einstimmig entlastet.
Das Thema für die nun ausfallende Session wäre "Ein ganzes Jahr voller Stress und Mist, ein Glück, dass trotzdem Fasching ist" gewesen. Michael Werner sicherte dem Traditionsverein jegliche erdenkbare Hilfe zu. Er betonte, dass die Stadt hinter dem karnevalistischem Aushängeschild stehe.