"Für die Familie kann man nichts", man muss sie geduldig ertragen. Wie schwer diese Bürde mitunter ist, bewies das zwölfköpfige Ensemble der Nurdemer Laienbühne in der Kulturscheune Nordheim. Hans Schimmels gleichnamiger Dreiakter, vollgepackt mit rabenschwarzem Humor, spielte zwar fernab jeder Realität, überschritt jedoch niemals die Grenze zum Klamauk. Das Publikum hatte sichtlich Spaß an jenem höchst amüsanten "Trauerspiel" rund um Familie Beierle, welches immer wieder durch kräftigen Szenenapplaus unterbrochen wurde. Selbst den Darstellern fiel es oft schwer, bei solch ansteckendem Gelächter die Contenance zu bewahren.
Hubbi (Johannes Straub) stolpert auf die Bühne und berichtet Bruder Friedhelm (Daniel Hippeli) aufgeregt von seiner neuen Erfindung: Einem vielseitig verwendbaren Pürierstab. Sie sind zwei von fünf Geschwistern, die einander das Leben schwermachen.
Friedhelm behauptet felsenfest, der einzig Normale, quasi das weiße Schaf, im Hause Beierle zu sein. Erfinder Hubbi lebt naiv aber glücklich in seiner eigenen kleinen Welt. Bruder Willi (Rolf Heinrich) scheint zu Höherem berufen. Gewitzt und voll krimineller Energie hält er als Computerhacker sogar den Bundesnachrichtendienst auf Trab. Erst kürzlich wegen illegaler Transaktionen aus dem Gefängnis entlassen, verdient er nun sein Geld mit dem Transport von Leichen. Unterwegs in Richtung Krematorium streikt das Gefährt. So muss der darin befindliche Tote (Gerhard Keller) kurzerhand "zwischengelagert" werden – und entwickelt plötzlich ein Eigenleben.
Dann wäre da noch Hermine (Madeleine Benkert), die seit ihrer Rückkehr aus Indien Séancen abhält, um Beschwörungsformeln murmelnd bei Kerzenschein und Räucherstäbchen gleichermaßen die Erleuchtung und den Mann fürs Leben zu finden. Von Körperhygiene hält sie nichts, wie ihre streng riechende Aura verrät. Schwester Gertruds (Bianca Simon) größte Leidenschaft hingegen ist irdischer Natur. Sie liebt das Essen, ihr bester Freund heißt Kühlschrank.
Wo die Liebe hinfällt
Im altdeutschen Wohnzimmer der Geschwister Beierle geht es rund. Endlich hat Friedhelm seine Traumfrau Doris (Laura Fischer) gefunden. Doch leider legt die Herzdame ausdrücklich Wert auf ein bürgerliches Leben und geordnete Familienverhältnisse. Schwierig, bei all den Verrückten ringsumher. Hat die Liebe des Paares überhaupt eine Chance? Tapfer kämpft und kocht Friedhelm gegen das Chaos an. Apropos Liebe und Kochen: Jeder Topf findet bekanntlich seinen Deckel. So knüpft Stotterer Hubbi zarte Bande zu Gundula (Marion Keller), die selbst stottert und zunächst völlig unterschätzt wird.
Für einen Hauch von Erotik sorgt Standesbeamtin und "Steuer-Verklärungs-Expertin" Traudel (Michaela Griebel). Trinkt sie Alkohol, wird sie zum Tier und fällt zügellos über Friedhelms Freund Gerd (Uwe Simon) her. Putzfrau Frieda (Silvia Heinrich) rückt indes ziemlich rabiat dem Schmutz zu Leibe. Dank ihrer großen Lebenserfahrung gibt sie Azubi Anna (Natalie Breunig) nebenbei wertvolle Tipps im Umgang mit Männern.
Hoppla, hat die illustre Damenriege etwa bei der jüngsten Geisterbeschwörung eine Leiche auf das heimische Sofa zitiert? Und wie wird man den "Untoten" möglichst unauffällig wieder los? Vielleicht kann Hubbis geniale Erfindung inklusive Knalleffekt helfen?
Flotte Dialoge, eingebettet in skurrile, temporeiche Szenen ließen die Premiere am 16. November zu einem unvergesslichen Erlebnis für alle Beteiligten werden. Weitere Vorstellungen folgen.
Wieder einmal hatte Regisseurin Karin Hippeli ihr feines Gespür für Stückauswahl und Besetzung bewiesen. Großes Lob gab es am Ende von Nordheims Bürgermeister Thomas Fischer. Auch prominente Gäste, darunter Martin Wende, Mitglied im Kulturausschuss des Bezirks Unterfranken, und Landrat Thomas Habermann schienen hellauf begeistert.