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Großeibstadt
Fall Ramona: Mordverdächtiger soll verurteilter Kinderschänder sein
Nach 23 Jahren glaubt die Polizei in Jena, sie hat den Mörder der zehnjährigen Ramona gefasst. Bis vor kurzem saß er im Knast - weil er vier Mädchen missbraucht hatte.
Polizei nimmt 23 Jahre nach Kindermord Verdächtigen fest       -  30.01.2019, Thüringen, Weimar: Eine Polizistin richtet bei einer Pressekonferenz der Landespolizeiinspektion Jena zur Festnahme eines Tatverdächtigen das Bild von Ramona Kraus, die im August 1996 getötet wurde.
Foto: Michael Reichel (dpa) | 30.01.2019, Thüringen, Weimar: Eine Polizistin richtet bei einer Pressekonferenz der Landespolizeiinspektion Jena zur Festnahme eines Tatverdächtigen das Bild von Ramona Kraus, die im August 1996 getötet wurde.
Manfred Schweidler
 und  Franz Barthel
 |  aktualisiert: 11.12.2019 21:36 Uhr

Ermittler in Jena haben jetzt einen 76-Jährigen festgenommen, der 1996 die zehnjährige Ramona missbraucht und getötet haben soll. Markant dabei. Der Mann saß bis vor kurzem eine 15-jährige Haftstrafe ab, die er 1999 am Landgericht Schweinfurt kassiert hatte. Wilfried M. hatte vier Mädchen entführt und vergewaltigt, darunter ein Kind aus Großeibstadt im Landkreis Rhön-Grabfeld.

Staatsanwalt spricht von Verdeckungsmord

Die Staatsanwaltschaft wirft ihm jetzt einen sogenannten Verdeckungsmord im gleichen Zeitraum vor, wie sie am Mittwoch in einer Pressekonferenz mitteilte. Er soll Ramona K. umgebracht haben, um eine andere Straftat zu verdecken. Hatte er Angst, eines seiner Opfer könnte ihn an seiner markanten Tätowierung auf der Brust wiedererkennen - wie schon einmal zuvor?  Die Sonderkommission "Altfälle" bei der Landespolizeiinspektion Jena hatte den Mann seit Juli 2018 im Visier.

Der Verdächtige sei am Freitag vergangener Woche mit einem Haftbefehl konfrontiert worden. Er habe daraufhin sein Handy abgeschaltet und weggeworfen, so Soko-Leiter Andreas Gersberger in einer Pressekonferenz. Wilfried M. habe sich kreuz und quer im Bundesgebiet bewegt, immer beobachtet von der Polizei. Der sei es gelungen, eine "Vielzahl an Sachen dokumentieren zu können, die noch nicht Gegenstand der Öffentlichkeit waren - die nur ein Tatbeteiligter wissen konnte".

Ermittler halten Einzelheiten geheim

In der Pressekonferenz sprachen die Ermittler von "hochinteressanten taktischen Abläufen", die allerdings erst in der Hauptverhandlung präsentiert werden sollen. Die Ermittler gehen davon aus, dass Willfried M. und Ramona K. sich kannten.

Die damals zehnjährige Ramona war im August 1996 in Jena vermisst gemeldet worden. Ein halbes Jahr später wurde ihre Leiche in einem Wald bei Eisenach gefunden. Zur gleichen Zeit suchte sich M. Opfer quer durch Deutschland: vier Mädchen im Alter von neun bis 12 Jahren. Drei hat er beim Spielen überfallen, eines auf dem Heimweg von der Schule vom Fahrrad geholt, die Tatorte liegen in Unterfranken, in Brandenburg und in Sachsen-Anhalt.

Tätowierung verriet den Täter

Als er dafür dann 1999 in Schweinfurt vor Gericht stand, hatte er von den letzten 30 Jahren 20 hinter Gittern verbracht. Seine Straftaten reichten vom Autodiebstahl bis zum Kindesmissbrauch. Auf seine Spur kam man damals, weil eine Zehnjährige die Tätowierung auf seiner Brust, einen Frauenkopf so exakt beschrieben hatte, dass sich in Jena eine Frau meldete und sagte: „Das muss mein Bruder sein.“

Im Kinderschänder-Prozeß vor dem Landgericht Schweinfurt erhielt er 1999 die Höchststrafe von 15 Jahren und darüber hinaus Sicherungsverwahrung – die später widerrufen wurde. Wie gefährlich er war, zeigte den Kripo-Ermittlern ein Detail: Als er nach dem letzten Fall in Großeibstadt (Lkr. Rhön-Grabfeld) auf der Flucht war, in Deutschland, Luxemburg und Frankreich, und von einem gestohlenen Auto aufs nächste umstieg, fand man in einem seiner Fahrzeuge eine neue Rolle mit Klebeband. Mit Klebeband hat M. wiederholt seine Opfer gefesselt. Das heißt: Bei passender Gelegenheit hätte er sich das nächste Mädchen vorgenommen.

In der Zelle von Mithäftlingen gequält

Acht Wochen nach seiner Verurteilung stand der Kinderschänder 1999 noch einmal vor Gericht, diesmal als Zeuge und Opfer. Angeklagt waren dann drei ehemalige Zellenkameraden wegen Vergewaltigung und gefährlicher Körperverletzung. Die Belegschaft einer Gemeinschaftszelle hatte in der Justizvollzugsanstalt Schweinfurt versucht, M. während der Untersuchungshaft mit Foltermethoden zu einem Geständnis zu "bewegen". Zu dem, was er vier kleinen Mädchen angetan hat, machte er aber während der zwei Nächte dauernden Misshandlungen in der Zelle ebenso wenig Angaben wie vor Gericht.

Jetzt wurde der Rentner in Jena erneut einem Haftrichter vorgeführt, er erließ Haftbefehl. Der Verdächtige schweigt auch jetzt zu den Vorwürfen.

 
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  • A. B.
    Warum hat man 1997 nicht festgestellt, dass der Täter 1996 ein Mädchen umgebracht hat? Gentests dürfte es doch damals schon gegeben haben, oder nicht?
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  • H. E.
    Näheres zu Gentests:

    DNA-Analyse und DNA-Datenbanken-Der "genetische Fingerabdruck"-
    eine erstaunliche Karriere- vom 20.12.1998
    unter:
    https://www.cilip.de/1998/12/20/dna-analyse-und-dena-datenba...

    Textauszug:
    Am 17.März 1997 trat in der Bundesrepublik das Strafverfahrensänderungsgesetz -DNA-Analyse (StVÄG) in Kraft, das den §81 StPO an die Möglichkeiten der DNA-Analyse
    angepaßt und diesen kriminalistischen Bereich erstmals eigenständig geregelt hat.

    Näheres über o.g. Quelle https....

    Evtl. hilft Ihnen der Hinweis weiter.
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  • A. B.
    Danke für die Infos.
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  • R. A.
    Ein klassisches Beispiel für das Versagen unserer Justiz, man kanns nicht verstehen.
    Ich wüsste, was mit diesen Subjekten zu tun wäre.
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  • R. H.
    Etwa so wie der Osmin in Mozarts "Entführung aus dem Serail" plärrt: "Erst geköpft, dann gehangen, dann gespießt auf langen Stangen und die Hälse schnüren zu usw."? O sancta simplicitas!
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