Bahnhofsgelände zählen kaum zu den attraktivsten Gegenden in den hiesigen Städten. Doch in Mellrichstadt ist das anders. Die Bahnanlagen fügen sich erfreulich harmonisch in das städtische Ambiente ein. Am Mittwoch hatte die Freianlage um das leer stehende Bahnhofsgebäude zusätzlich an Charme gewonnen, als sich dort nämlich die Bürger zum „Da hogge se“ trafen. Wie einst beim Stadtumbau vor zwei und drei Jahren war das Festle auch an eine Baustelle angesiedelt, wenn man auch zunächst davon nicht viel wahrnehmen konnte. Aber das Innere des Bahnhofsgebäudes befindet sich bekanntlich zurzeit im Umbau, und der hat schon deutliche Konturen angenommen.
„Da hogge se“, diese Initiative des Vereins „Aktives Mellrichstadt“, war wieder einmal und in besonderer Weise ein großer Erfolg. Schon die Wahl des Orts hatte dazu beigetragen, aber auch die sorgfältigen Vorbereitungen durch die Veranstalter: Nicole Seemann mit ihrem „Opel Blitz Schankwagen“, die Firma Kessler mit einer abwechslungsreichen Verköstigung und nicht zuletzt auch das angenehme, sommerliche Wetter. In Sichtweite des Kirchturms der Gustav-Adolf-Kirche, in unmittelbarer Nähe neben dem imposanten Bahnhofsbau auf der begrünten Freifläche konnte man sehr gemütlich beieinander sitzen. Und als dann Andi Will mit seiner Gitarre in der Art eines Wiener Heurigen-Bänkelsängers von Tisch zu Tisch zog und schmissige, moderne Lieder sang, da hatte die Stimmung ihren Höhepunkt erreicht.
Dem konnten sich auch die drei Bürgermeister der Stadt, Eberhard Streit und seine beiden Stellvertreter Thomas Dietz und Frank Vetter, nicht entziehen. Denn diese hatten sich mit einer ganzen Reihe von Stadträten ebenfalls eingefunden und genossen die entspannte Geselligkeit mit ihren Mitbürgern. Tobias Mack, Student aus Mellrichstadt an der Fachhochschule Schmalkalden, hatte die günstige Gelegenheit erkannt und über hundert Fragebögen mitgebracht, die er an die Anwesenden verteilte, mit der Bitte, diese auszufüllen. Mack schreibt zurzeit eine wissenschaftliche Arbeit über das Stadtmarketing von Mellrichstadt, und in diese Arbeit fließt auch ein, welche Meinung die Mellrichstädter zu ihrer Stadt seit dem Umbau haben. Erster Ansprechpartner war die Geschäftsführerin des Vereins „Aktives Mellrichstadt“ Brigitte Proß, sie war ja vielfältig in die Planung und die Ausführung der Umbauarbeiten einbezogen. Aber auch der Bürgermeister ist für Tobias Mack ein begehrter Ansprechpartner. Klar, dass die Stadt an den Ergebnissen von Macks Studie ein besonderes Interesse hat.
Eine zusätzliche Attraktion war natürlich auch, dass das Innere des Bahnhofsgebäudes besichtigt werden konnte. Die Eigentümerin Nicole Seemann hat, wie bereits berichtet, große Pläne mit dem alten Haus. Wenn es fertig ist, wird es neben fünf Wohnungen im Obergeschoss und unter dem Dach vor allem auch im Erdgeschoss ein Café beherbergen, zu dem auch eine Freifläche gehört, die direkt im Winkel beim Anbau des Gebäudes zur Bahnhofsstraße hin besteht. Das konnten die Besucher den ausgehängten Plänen entnehmen. Die Bautechnikerin Claudia Dietz, die die Pläne nach den Seemanns Vorstellungen gezeichnet hatte, erläuterte diese auch bereitwillig und führte die Besucher durch das Gebäude. Dabei erklärte sie, was mit den einzelnen Räumen geschehen wird und welche Umbaumaßnahmen getroffen werden sollen.
Im Innern wird viel umgekrempelt, das Haus wird kaum wiederzuerkennen sein. Anders aber das Äußere. Obwohl die Fassaden des Hauses mit modernen Mitteln wärme-isoliert werden sollen, wird es doch nach den Ausführungen von Dietz sein Erscheinungsbild im Wesentlichen nicht verändern, allenfalls sauberer erscheinen. Mellrichstadt darf sich also auf diese neue Zweckbestimmung als Ort freundlicher Gastronomie und als Wohngebäude des zu neuem Leben erweckten Baus freuen. Denn „wenn Nicole Seemann etwas anpackt“, sagte Claudia Dietz, „dann macht sie es richtig!“