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Mellrichstadt
Es hebt sich wieder der Vorhang für das Maßbacher Theater
Metamorphose von der schrillen Rita (Anna Schindlbeck), im Bild mit Literaturprofessor Frank (Ingo Pfeiffer).
Foto: Brigitte Gbureck | Metamorphose von der schrillen Rita (Anna Schindlbeck), im Bild mit Literaturprofessor Frank (Ingo Pfeiffer).
Brigitte Gbureck
 |  aktualisiert: 17.10.2020 02:17 Uhr

Es hieß wieder "Vorhang auf" für das Maßbacher Theater. Die Plätze in der Oskar-Herbig-Halle waren, den Hygienevorschriften entsprechend, im vorgeschriebenen Abstand angeordnet. Dramaturg Sebastian Worch freute sich, dass sie nun wieder spielen dürfen. Besonders freute er sich darüber und dankte im Namen des gesamten Theaters, dass die Abonnenten den Eintritt für die spiellose Zeit gespendet hatten. Wolfgang Pfeiffer begrüßte im Namen des Aktiven Mellrichstadt zur neuen Saison.

Rita wird zur literaturbegeisterten, erfolgreichen Examenskandidatin.
Foto: Brigitte Gbureck | Rita wird zur literaturbegeisterten, erfolgreichen Examenskandidatin.

Auf zwei Vorlagen basiert das Stück „Bildung für Rita“, welches das Ensemble des Theaters Schloss Maßbach zum Besten gab. Zum einen wurde an den englischen Dramatiker Bernard Shaw und sein „Pygmalion“ erinnert, in dem aufgrund einer Wette aus dem im Straßenjargon sprechenden Blumenmädchen Eliza Doolittle durch die Bildungsanstrengungen des Phonetik-Professors Higgins eine von der Oberschicht akzeptierte Frau mit gepflegter Sprache wurde. Zum anderen war es eine Adaption von „My fair Lady“, die eben auf diesem Stück basiert. Ganz anders aber als Eliza agiert in dem Stück von Willy Russell Rita, die Hauptfigur, die von sich aus die Initiative ergreift.

Frische Brise im luftleeren Raum

Auf der Bühne schwankt ein etwas beduselter Herr in sein mit Bücherwänden vollgestelltes Studierzimmer und sucht nach Virginia Woolf, wohinter sich eine Flasche Whiskey befindet. Da kommt eine schrill gekleidete junge Dame hereingestolpert, eine Friseurin, die einen Literaturkurs belegen möchte und die sich Rita S. (für Susan) nennt – nach Rita Mae Brown, die den „Rubinroten Dschungel“ geschrieben hat. Ihr Gegenüber stellt sich als Frank vor, ein „abgetakelter Hippie“. Sie bezeichnet er als "die erste frische Brise in diesem luftleeren Loch".

Von Szene zu Szene verwandelt sich die lernbegierige Rita nicht nur äußerlich, sie legt auch ihre lockere Sprache ab. Frank steigt sogar von Whiskey auf Teebeutel um. Ihr Mann wird eifersüchtig und verbrennt ihre Bücher, mit 26 habe man aufgehört zu lernen, meint er. Rita lässt sich nicht beirren, sie will ihr Examen machen. Zum Sommerkurs war sie in London, hat viel anspruchsvollen Lesestoff verschlungen und kommt sehr elegant zurück. Frank hat derweil ein bisschen geschrieben und ein bisschen getrunken. Er fordert sie auf, eine kritische Beurteilung über einen unbekannten Dichter Englands zu schreiben, damit meint er sich selbst. Sie findet seine Gedichte einfach Spitzenklasse, voller Esprit und Tiefe. Er aber bezeichnet sie als flach, einfältig und absolut wertlos. Rita bemerkt, dass er nicht ertragen kann, dass sie jetzt gebildet ist, sie braucht ihn nicht mehr. Sie hat ihre Kultur gefunden. Noch einmal kommt sie zu ihm, als er sein Zimmer räumt. Sie hat immer nur von ihm genommen, aber jetzt will sie ihm etwas geben. Sie fängt an, sich zu entkleiden, zum Vorschein kommt ihr Frisierkittel – und dann schneidet sie ihm die Haare.

Metamorphose zur gebildeten Frau

Anna Schindlbeck durchlebte die Metamorphose von der quirligen, schrillen, lauten Rita bis hin zur gebildeten jungen Frau, die sogar das Examen mit guter Note schafft, ausgezeichnet. Ingo Pfeiffer als Frank war ihr ein ebenbürtiger Partner. Witz und bestechende Dialoge ließen durchscheinen, dass Bildung der Schlüssel nicht nur zum gesellschaftlichen Aufstieg des Einzelnen, sondern auch für die Entwicklung ganzer Gesellschaften ist. Satter Applaus belohnte am Ende das unterhaltsame Spiel.

Bleibt noch zu ergänzen, dass Ritas Weg einige Ähnlichkeiten mit dem ihres Schöpfers, des Autors Willy Russell, aufweist. Auch er stammt aus der Unterschicht, war nach eigenen Aussagen ein unterdurchschnittlicher Schüler, wurde Friseur, war jedoch irgendwann nicht mehr damit zufrieden. Also holte er die Hochschulqualifikationen nach, schloss eine Lehrerausbildung ab und wurde ein erfolgreicher Autor.

Die Verantwortlichen des Maßbacher Theaters: Rolf Heiermann (Inszenierung), Robert Pflanz (Bühne), Daniela Zepper (Kostüme), Kathrin Hartmann (Requisite), Sebastian Worch (Dramaturgie), Robert Werthmann und Timo Kampenga (Licht). Am 25. November heißt es wieder „Vorhang auf“ für die französische Komödie „Nach Paris“. 

 
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