zurück
Ostheim
Eine Historiengeschichte um Liebe, Neid, Quacksalberei und Mord
Nach dem Urteil wird den 'Hexen' die Schandgeige angelegt.
Foto: Tanja Heier | Nach dem Urteil wird den "Hexen" die Schandgeige angelegt.
Tanja Heier
 |  aktualisiert: 30.07.2022 02:37 Uhr

Zu einer kurzweiligen Theateraufführung hatte die Laienspielgruppe des Vereins "Freunde der Kirchenburg" ins Ostheimer Burggemäuer eingeladen. Rund 30 Darsteller, größtenteils Ostheimer Originale, schafften es mühelos, mit der Dramödie "Die Schandgeige" dem historischen Schauplatz Leben einzuhauchen und das Rad der Zeit zurückzudrehen – Gänsehautmomente inklusive.

Die Handlung beruht auf wahren Begebenheiten, was den Stoff noch authentischer wirken lässt. So berichten Geschichtsbücher von der Hinrichtung des Stephan Besemer, einem bösen Schurken und Mörder, im Jahr 1818. Ihm wurde der Prozess gemacht, sein Todesurteil noch am selben Tag vollstreckt.

Zeitreise zurück ins 19. Jahrhundert

Im Stück kommen gleichermaßen liebenswerte wie scharfzüngige Kräuterweiblein vor, welche als Hexen angeprangert werden und denen zur Strafe die Schandgeige angelegt wird; es gibt eine unglücklich Verliebte, deren letzte Hoffnung darauf beruht, ihren Angebeteten mithilfe eines Zaubertranks gefügig zu machen. Weiterhin geschehen merkwürdige Unfälle und ein Wortgefecht um vermeintlich gestohlene Eier endet vollkommen anders als erwartet. Kurzum: Der ganz normale Alltag einer Kleinstadt vor rund 200 Jahren.

Ob der Zaubertrank des Kräuterweibleins wohl in Liebesdingen helfen wird?
Foto: Tanja Heier | Ob der Zaubertrank des Kräuterweibleins wohl in Liebesdingen helfen wird?

Dabei wird deutlich, dass manche Dinge selbst über Jahrhunderte hinweg gleichgeblieben sind: Frauen wissen alles (besser), Männer tratschen bierselig kaum weniger als das Weibervolk und schon damals wurde geflunkert, dass sich die Balken bogen.

Kirchenburg bot die perfekte Kulisse

Für die "Uesthemer Dramödie" hatte Regisseurin Sonja Kovacevic 2018 drei Episoden zusammengeführt, welche tatsächlich unabhängig voneinander passiert sind. Auch die Neuauflage mit vier Aufführungen an zwei Tagen war ihr hervorragend gelungen. Der Kirchhof als Originalschauplatz Ostheimer Geschichte bot dazu die perfekte Kulisse. Dank unbändiger Spielfreude rissen große und kleine Akteure ihre Gäste mühelos mit, wie der reichlich gespendete Szenenapplaus belegte.

So wurde in Ostheim vor 200 Jahren Recht gesprochen.
Foto: Tanja Heier | So wurde in Ostheim vor 200 Jahren Recht gesprochen.

Das knapp einstündige Stück spielte zu Lebzeiten von Friedrich Martin von Bodenstedt (1819-1892). "Jedes Menschen Fuß im Lebenslauf wirbelt den Staub von Jahrtausenden auf. Der eine schüttelt ihn ab mit Verachtung, dem anderen dient er als Stoff zur Betrachtung", griff Sonja Kovacevic ein Zitat Bodenstedts (seinerzeit Intendant am Meininger Hoftheater) auf, welches aus bereits erwähnten Chroniken stammt. "Unsere Laienspielgruppe hat ordentlich Staub aufgewirbelt", versprach sie bei ihrer launigen Begrüßung der anwesenden "Ureinwohner, Reingeschmeckten und Luftschnapper."

Alltag im Rhönstädtchen vor 200 Jahren

Das Spiel nahm seinen Lauf, sämtliche Darsteller gingen in ihren Rollen auf. Besonderes Lob verdienen die Kinder für einen herzerfrischenden Auftritt. Ausdrucksstarke Mimik und Gestik sorgte für Heiterkeit, in Verbindung mit dem unvergleichlichen Ostheimer Dialekt darf das Werk als rundum stimmig bezeichnet werden.

Klatsch und Tratsch gab es bereits vor 200 Jahren.
Foto: Tanja Heier | Klatsch und Tratsch gab es bereits vor 200 Jahren.

Authentisch wurde der Alltag im Rhönstädtchen dargestellt, wobei das Publikum wahrhaft mit den Protagonisten litt. Wie bei jeder guten Geschichte ging es um Liebe, Neid, Missgunst, Quacksalberei, Betrug und üble Nachrede bis hin zu kaltblütigem Mord – Emotion pur. Livegesang unterstrich die Qualität einer Laiendarstellung, die sich unter anderem durch Temporeichtum und Wortwitz auszeichnete.

Zwei Monate wurde geprobt, verriet Spielleiterin Sonja Kovacevic auf Rückfrage. Das Hauptensemble von 2018 blieb gleich, erfreulicherweise kamen einige neue Leute hinzu. Oft sei es schwierig gewesen, alle Schauspieler unter einen Hut zu bekommen, und das Corona-Virus tat sein Übriges. Doch strahlende Gesichter beim kräftigen Schlussapplaus ließen alle Mühen vergessen.

Livegesang zu Klängen aus dem Leierkasten unterstrich die Qualität der Aufführung.
Foto: Tanja Heier | Livegesang zu Klängen aus dem Leierkasten unterstrich die Qualität der Aufführung.
 
Themen & Autoren / Autorinnen
Ostheim
Tanja Heier
Freunde der Kirchenburg
Kirchenburg Ostheim
Laienspielgruppen
Mörder
Neid
Verliebte
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top