Das Dorfzentrum mit Leben erfüllen, das gelingt in Waldberg in schöner Regelmäßigkeit mit kulturellen Veranstaltungen, die das örtliche Publikum wie auch Gäste ansprechen. Brigitte Schmidt aus Langenleiten, die Wahl-Fränkin, die eigentlich aus dem tiefsten Hessen kommt, gab in einer Lesung ihre Geschichten rund um ihr neues Leben auf dem Land zum Besten.
Auch wenn die Geschichten vielen schon bekannt sind, die einmalige Art, mit der Brigitte Schmidt sie vorträgt, zieht immer wieder neu in den Bann. Dass alle Personen „frei erfunden“ sind, wie sie zu Beginn versuchte, glaubhaft zu vermitteln, das kauft ihr ohnehin niemand mehr ab. Den Einstieg machte sie ganz klassisch mit „Unter Franken“, um ihren neuen Zuhörern zu erklären, was es mit ihrer Liebe zu ihren neuen fränkischen Nachbarn auf sich hat.
Dazu nutzte sie die Sprache mit all ihren Besonderheiten auf der fränkischen Seite. Vor allem Verniedlichungen, die „lichs“ und „lechs“, haben es ihr angetan. Was es mit dem Trostbaum auf sich hat, wie der mitsamt der Mutter und einem verschrumpelten Apfel ins Auto verfrachtet wurde, das erfuhren die Zuhörer in einer weiteren Geschichte. Der „Frühe Vogel“ berichtet von einer Peinlichkeit, die Brigitte Schmidt immer aufs Neue die Schamesröte ins Gesicht steigen lässt. Der Besuch des Schornsteinfegers in früher Morgenstunde und ihre Überlegungen, ob denn so ein Schornsteinfeger auch der Schweigepflicht unterliegt, gehen in dieser Geschichte Hand in Hand. Denn das, was er im Hause Schmidt am frühen Morgen geboten bekam, das sollte besser nicht weitererzählt werden. Doch Brigitte Schmidt tut es, mit einer gehörigen Portion Selbstironie.
Nach einer kurzen Verschnaufpause ging es mit den Besonderheiten des Biosphärenreservats weiter, und dann natürlich mit der „Friseurin des Vertrauens“. Bis ins kleinste Detail berichtet Brigitte Schmidt von einem Friseurbesuch, eben bei jener Friseurin ihres Vertrauens, die diesmal etwas ganz besonderes für „Frau Schmidt“ parat hat. Von der Prozedur mit der Plastiktüte auf dem Kopf für das Strähnchenziehen bis zu den Hindernissen mit der Lesebrille – detailliert wird der Leser über jeden Handgriff informiert.
Und auch über das dann folgende Unheil: Leuchtendes Neon-Orange umflorte ihre Stirn. „Das wächst wieder raus, und mit ein bisschen Glück wäscht es sich auch raus.“ Doch es wusch sich nicht raus, die Friseurin lud stattdessen Brigitte Schmidt und eine weitere Kundin zu gut gekühltem Prosecco, neuer Farbe und viel guter Laune in den Salon ein. „Das hätte ich in Frankfurt so nicht erlebt, dass die Friseurin nachts vor Sorge um ihre Kundin nicht schlafen kann.“
Den Klassiker schlechthin hob sie sich für den Abschluss auf, die Bohnen. Ein Fiasko der besonderen Art, das klar macht, dass jeglicher Genuss von Bohnen vor dem Einkaufen tunlichst zu unterlassen ist, vor allem bei einem empfindlichen Verdauungsapparat. Intensiv erzählt die Geschichte von einem Einkaufmarathon in Rekordzeit, dem furchtbaren Stau an der Kasse und der Erleichterung, endlich in das Auto zum wartenden Mann stürzen zu können. Nur waren es das falsche Auto und der falsche Mann.