„Für Volk und Vaterland opfert die Witwe Theresia Fischer aus Königshofen ihre drei Söhne“ – Dieser Buchtitel erinnert an schwere Zeiten in Deutschland, an Kriegszeiten, als in den beiden Weltkriegen Millionen deutscher Soldaten auf den Schlachtfeldern oder in Kriegsgefangenschaft getötet wurden. Auf mehr als 300 Seiten rollt der Großwenkheimer Erich Fries die leidvolle Geschichte von Paul, Heinrich und Adolf Fischer auf.
In zwei Bänden hat er akribisch die Geschichte der Familie Fischer aufgearbeitet. Am Sonntag, 19. November, um 11.15 Uhr werden diese im Kulturarsenal Darre in Bad Königshofen vorgestellt. Gleichzeitig gibt es dazu eine Ausstellung, in der der Autor 204 Dokumente präsentiert. Sie ist bis 16 Uhr geöffnet. Rund eineinhalb Jahre hat Erich Fries an den Dokumentationen gearbeitet, die vier Ordner, in denen die Familie Fischer-Milz aus Bad Königshofen alles zusammengetragen hatte, gesichtet und in zwei Büchern zusammengefasst.
Die Vorstellung wird Bürgermeister Thomas Helbling mit Erich Fries und der Familie Fischer-Milz vornehmen. Vor drei Jahren ist die Bad Königshofener Familie auf den Großwenkheimer zugekommen, der schon mehr als 20 Bücher verfasst und Ausstellungen bestückt hat.
Schon das Titelblatt lässt die Schrecken des Zweiten Weltkrieges erahnen: „Paul Fischer, geboren am 24.06.1910, krank aus russischer Kriegsgefangenschaft heimgekehrt, am 05.04.1949 im Kriegslazarett Werneck verstorben. Heinrich Fischer, geboren am 04.03.1916, gefallen am 09.09.1941 bei Mittschenkj in Russland. Adolf Fischer, geboren am 16.01.1920, gefallen am 23.01.1945 bei Balatonkenese in Ungarn.“
Unsägliches Leid hat Theresia Fischer ertragen müssen. 226 Seiten hat der Autor Paul Fischer gewidmet, Dokumente und Fotografien aufgelistet wie Feldpostbriefe und Kriegsgefangenenkarten. Das Buch greift die gesamte Lebensgeschichte des Königshofeners auf. Nach dem Volksschulbesuch ging er in die Glaserlehre bei seinem Vater Wilhelm Fischer. Nach dessen Tod führte er den Betrieb bis zu seiner Einberufung im Herbst 1938. Im Zweiten Weltkrieg war er bei der Luftwaffe in Würzburg, kam als Fahrer nach Böhmen und Mähren, an die Grenze zu Polen, erlebte die Westfront und war in Frankreich.
Als seine Tochter geboren wurde, war er in der Ukraine, dann in Polen und Danzig. Dort geriet er 1945 in russische Kriegsgefangenschaft, war in einem Lager nahe Leningrad und kehrte von dort 1947 todkrank zurück. Im Kriegslazarett Werneck starb er zwei Jahre später.
Im zweiten Band, der knapp 90 Seiten umfasst, befasst sich Erich Fries mit den beiden anderen Söhnen, Heinrich und Adolf Fischer. Wie schon ihr Bruder Paul gingen auch sie in Königshofen zur Schule. Heinrich Fischer lernte auch das Glaserhandwerk. Mit 22 Jahren wurde er zum Wehrdienst eingezogen. Bilddokumente zeigen Heinrich Fischer bei der großen Militärparade 1938 in Würzburg sowie in Kriegsgebieten, u. a. in Nordfrankreich. Seinen letzten Brief schrieb er an seinen Bruder Adolf, einen Monat vor seinem Tod.
Schließlich befasst sich die Chronik noch mit Adolf Andreas Fischer. Er wurde nicht Glaser, sondern lernte Tüncher bei Georg Hochbrückner, war dann als Maler- und Vergoldergehilfe in Allershausen. Mit 21 Jahren wurde er zum Infanterie-Regiment 95 in Coburg eingezogen. Er kam zunächst an die Front nach Russland, dann nach Benghasi/Libyen und wurde beim Kampf um El Alamein 1942 verwundet. 1943 wurde er wieder in Russland eingesetzt, ein Jahr später am Dnjepr in der Ukraine, wo er erneut verwundet wurde.
1944 wurde er an den Plattensee nach Ungarn versetzt. Dort wurde er durch einen Granatsplitter tödlich getroffen und in Balatonkenese begraben.
Adolf Andreas Fischer war künstlerisch begabt, sein Antrag auf ein Studium in Berlin für bildende Künste wurde von der Reichskulturkammer 1943 aber abgelehnt. Der Grund: „Erst nach Entlassung aus dem Wehrdienst ist eine Aufnahme möglich.“ Seine künstlerische Ader zeigen zahlreiche Bilder. Die Chronik wird durch Feldpostkarten und Ansichten aus Königshofen vervollständigt. Erhalten ist auch bei Adolf Andreas Fischer dessen letzter Brief. Den schrieb er am 6. Januar 1945 an seine Mutter Theresia.
Nur 20 Tage später erhielt sie die Mitteilung, dass auch ihr dritter Sohn gefallen ist. „Er wurde auf dem Gemeindefriedhof in Balatankenes zur letzten Ruhe gebettet“, schrieb Leutnant Karl-Artur Lenssen. Er fügte an: „Möge Ihnen der Herrgott Kraft geben und möge es Ihnen beschieden sein, den Heldentod Ihres Sohnes ganz in seinem Sinne zu verstehen.“
Tragisch: Theresia Fischer hatte bereits 1914, also vier Jahre nach der Geburt ihres Sohnes Paul, eine Tochter, Elisabetha Margarethe, geboren. Sie wurde nur ein Jahr und zwei Monate alt. Im Krieg gefallen sind außerdem ihre beiden Neffen Robert und Alfred. Sie selbst wurde 83 Jahre alt und starb 1972. Auf dem Sterbebild ist zu lesen: „All ihr nimmermüdes, liebendes Sorgen galt ihrer Familie.“