„Funktionslust“ nennt man es in der Psychologie, wenn man etwas gern tut, von dem man weiß, dass man es gut kann. Diese besondere Form der Lust ist immer wieder auch bei Musikern zu beobachten, selbst wenn sie noch relativ jung und in der Ausbildung sind – so wie die vier jungen Damen, die am vergangenen Samstag im Museumscafé in Mellrichstadt auftraten. Drei Querflötistinnen, 14 und 15 Jahre alt, und eine 20-jährige Gitarristin zeigten bei dieser neuen Folge von „Musik zum Kaffee“, was sie gelernt hatten.
Gunda Schwen, die Moderatorin von der Kreismusikschule, hatte die vier jungen Frauen für ihren Auftritt vor einem kleinen Publikum in intimem Rahmen motiviert, in Absprache mit den Lehrern der Musikerinnen, mit Ludger Unland (er betreut die Gitarristin Sarah Elsner) und mit Alja Riecke (Lehrerin der Querflötistinnen Theresa Buchholz, Leonie Göbel und Emma Zimmer).
Zunächst boten die jungen Damen, alle drei Schülerinnen am Gymnasium Bad Königshofen, drei Adagios des klassischen Komponisten François Devienne (1759 – 1803). Sie interpretierten diese drei Sätze bewusst sehr langsam, aber mit erkennbarem Gestaltungswillen. Dies kam durch die kraftvolle Akzentuierung entsprechender Forte-Passagen und die Betonung tänzerischer Elemente zum Ausdruck. Dass die drei schon seit sieben beziehungsweise acht Jahren musizieren, machte sich auch bei der sauberen Abstimmung der Instrumente aufeinander mit lupenreinen Einsätzen und Schlüssen bemerkbar.
Die Studentin Sarah Elsner bereitet sich als Gitarristin zurzeit auf ihren Auftritt in Regensburg im Rahmen des Bundes-Wettbewerbs „Jugend musiziert“ vor. Wer dort bestehen will, muss bestimmte, vom Wettbewerb vorgegebene Kriterien bei der Auswahl der Stücke berücksichtigen und natürlich auch Können beim Spiel auf dem gewählten Instrument nachweisen. Für die junge Musikerin war der Auftritt im Museumscafé ein geeignetes Forum, um ihr Wettbewerbs-Programm unter wettbewerbsähnlichen Bedingungen zu erproben. Das bedeutete etwa, dass das Publikum zwischen den einzelnen Stücken nicht klatschen durfte, während die drei Flötistinnen kräftigen Beifall erhalten hatten.
Das erste Stück „Prelude and Fantasy“ stammte von John Dowland (1563 – 1626), einem Komponisten der englischen Renaissance aus der Zeit von Elizabeth I. Ein schwerblütiges Stück in Moll war das, trotz der oft virtuos-schnellen Tonfolgen, melodiös-versunken, zumindest im ersten Teil. Schon bei diesem ersten Vortrag verriet Elsner durch ihre Körpersprache, mit welcher Hingabe sie diese schwierige Musik meisterte.
Das nachfolgende „Allegro moderato“ aus der Sonate für Gitarre A-Dur des Österreichers Anton Diabelli (1781 –1858) ließ nicht nur die fortgeschrittene Spielfertigkeit der Musikerin erkennen, sondern auch einen pointiert musikalischen Willen. Denn mit nachdrücklich-kraftvollem Akzent gestaltete sie das Stück schon von Anfang an. Es folgten unglaublich schnelle, wirbelnde Tonkaskaden, im Wechsel zurückgenommenen mit in Piano gehaltenen Passagen. Roland Dyens (Franzose, 1955 –2016) „Tango en Skai“, Elsners zweites Stück, war nun wahrlich ein typischer Tango mit der ganzen Dramatik und dem düsteren Pathos, das diese Musik auszeichnet. Elsner hatte dies voll verinnerlicht und brillierte auch hier mit der Beherrschung von Instrument und Partitur. Frau Elsner beendete ihren eindrucksvollen Beitrag mit „Royo e negro“ von Máximo Diego Pujol (geboren 1957 in Argentinien). Dieses Stück war eine noch größere Herausforderung an die Spielkunst der Gitarristin durch geradezu sprudelnde Tonfolgen, dazu mit Melodien, die ins Disharmonische hinüberreichten, und mit Klopfeinlagen auf den Resonanzkörper der Gitarre.
Letzter Teil des Programms, vorgespielt von dem Querflöten-Trio, war das Divertimento von Mozart mit den Sätzen Allegro, Adagio und Menuett, typische Musik für das musikalische Rokoko und typisch für Mozart, sogar mit Anklängen an die bekannte „Kleine Nachtmusik“. Auch hier arbeiteten die drei jungen Damen das jeweils Typische für die drei Sätze sauber heraus: fröhlich-tändelnde Unbeschwertheit im Allegro, sehnsuchtsvolle, fast schmerzliche Töne im Adagio und heiter-jubelnd im Menuett, Musik wie ein Tanz in hellem Frühlingssonnenschein.
Gunda Schwen dankte am Ende den jungen Musikerinnen für ihre Darbietungen und dem Publikum für den reichlich gespendeten Applaus. Sie kündigte für den 14. April die nächste und zugleich für dieses Halbjahr letzte Folge von „Musik zum Kaffee“ an. Das Körbchen für die freiwilligen Spenden zugunsten der Ausbildung der vier Instrumentalistinnen enthielt, wie man sehen konnte, doch einige Scheinchen – gewiss auch ein Zeichen, dass dem Publikum das besondere Konzert gefallen hatte.