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HELLINGEN
Ein Reichsritter im Hellinger Schloss
Alfred Kordwig
 |  aktualisiert: 08.11.2019 03:52 Uhr

Wie klein die Welt doch ist und welche unerwarteten Verbindungen es manchmal gibt: Bei einem Besuch in der Osterscheune von Ernst Langert erzählte der rüstige Rentner, dass seine Familie früher einmal Mitbesitzer des Hellinger Schlosses war.

Das „Kuriositätenkabinett“ des rüstigen Rentners ist weit über die Grenzen Südthüringens bekannt und genießt wie die in der Adventszeit geöffnete Weihnachtsscheune mittlerweile Kultcharakter. Doch kaum jemand weiß, dass Langerts Ur-Ur-Ur-Großvater das Schloss im Jahr 1865 gemeinsam mit drei weiteren Bürgern käuflich erwarb, bevor es 1910 in die Hände eines neuen Eigentümers kam.

Das Interessante an der Geschichte: Der im Jahr 1515 unter Konrad zu Schott errichtete und heute nur noch zum Teil erhaltene Schlosskomplex gehörte früher keinem Geringeren als Wilhelm von Grumbach, der das Anwesen im Jahr 1561 erwarb. Lange konnte sich der fränkische Reichsritter allerdings nicht an seiner neuen Immobilie erfreuen: Am 18. April 1567 wurde er auf dem Marktplatz in Gotha hingerichtet.

Königshöfer kaufte das Schloss

Doch damit noch nicht genug: 1576 erwarb ein gewisser Balthasar von Königshofen das Schloss, womit auch eine Brücke ins Grabfeld geschlagen wäre. Der Königshöfer trennte sich 1584 wieder von seinem Besitz und verkaufte ihn an Wilhelm von Grumbachs Sohn Conrad.

„Auch danach wechselte das Hellinger Schloss noch mehrmals den Besitzer“, weiß Ernst Langert, der über die wechselhafte Schlossgeschichte akribisch Buch führt. Die letzten Eintragungen sind nicht so erfreulich, wie er es sich wünschen würde: Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Schloss verstaatlicht. Geld für eine Renovierung oder Rekonstruktion war nicht vorhanden.

In Dornröschenschlaf verfallen

Auch die Hoffnung der Familie Langert, dass sich nach der Wende ein Investor finden und das Schloss wieder herrichten würde, haben sich nicht erfüllt. Seit 1992 ist das Gebäude zwar wieder in Privatbesitz, doch zu einer umfassenden Renovierung ist es bislang nicht gekommen.

Trotzdem ist Ernst Langert guter Hoffnung, dass vielleicht schon bald wieder Leben in das Hellinger Schloss einkehrt. Ein gutes Beispiel dafür, dass ein altes Gemäuer aus seinem Dornröschenschlaf geholt werden kann, gibt es gleich um die Ecke: die Veste Heldburg, auf der im vergangenen Jahr das Deutsche Burgenmuseum eröffnet wurde.

Wilhelm von Grumbach und seine Beziehung zu Hellingen

Anlässlich des 500. Geburtstages von Wilhelm von Grumbach am 1. Juni 1503 veröffentlichte diese Zeitung im Jahr 2003 einen Artikel von Reinhold Albert. Der Kreisheimatpfleger schrieb damals unter anderem: Der fränkische Reichsritter Wilhelm von Grumbach war gebürtig aus Rimpar bei Würzburg. Nach dem Tod des Würzburger Fürstbischofs Konrad von Thüngen 1540 befürchtete Grumbach, dass sein Widersacher, der Domherr Melchior von Zobel, dessen Nachfolger wird, was auch geschah. Er wechselte in die Dienste des Markgrafen Albrecht Alcibiades und wurde in Hellingen ansässig. Wilhelms neuer Herr brach in seinem Machtstreben den zweiten Markgräflerkrieg (1552 bis 1554) vom Zaun. Die Bistümer Würzburg und Bamberg fielen ihm zum Opfer. Nach Verhängung der Reichsacht flüchtete Alcibiades ins Ausland. Damit hatte Grumbach beim Würzburger Fürstbischof jeglichen Kredit verspielt. Am 15. April 1558 überfielen Wilhelm von Grumbach und einige Mitstreiter Bischof Melchior von Zobel in Würzburg und ermordeten ihn. Grumbach flüchtete zurück nach Hellingen. Mit einem Söldnerheer überfiel er 1563 Würzburg, woraufhin Kaiser Ferdinand I. über Grumbach die Reichsacht verhängte. Wilhelm Grumbach blieb nun lediglich noch Herzog Johann Friedrich als Verbündeter. Der in Dresden residierende Kurfürst August von Sachsen wollte das Land vor den Umsturzplänen seines Vetters Johann Friedrich und Wilhelm von Grumbach retten. Ende 1566 tauchte er deshalb mit seinem Heer vor den Mauern Gothas auf und erzwang die Kapitulation. Am 18. April 1567 wurde Wilhelm von Grumbach im Alter von 64 Jahren auf dem Marktplatz in Gotha hingerichtet.
Wäre gerne Burgherr: Ernst Langert vor dem Hellinger Schloss, das früher zum Teil Eigentum seines Ur-Ur-Urgroßvaters war. Das Gebäude hat eine bewegte Geschichte hinter sich. So gehörte es mehrere Jahre dem bekannten fränkischen Reichsritter Wilhelm von Grumbach.
Foto: Alfred Kordwig | Wäre gerne Burgherr: Ernst Langert vor dem Hellinger Schloss, das früher zum Teil Eigentum seines Ur-Ur-Urgroßvaters war. Das Gebäude hat eine bewegte Geschichte hinter sich.
Stattlicher Bau: Bevor das Hellinger Schloss Ende des 19. Jahrhunderts zum Teil abgerissen wurde, sah es aus wie auf diesem Modell, das im Hellinger Heimatmuseum ausgestellt ist.
Foto: Reinhold Albert | Stattlicher Bau: Bevor das Hellinger Schloss Ende des 19. Jahrhunderts zum Teil abgerissen wurde, sah es aus wie auf diesem Modell, das im Hellinger Heimatmuseum ausgestellt ist.
 
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