Wenn Kenan Gohlke und Patrick Hahn als Ayhan und Ceyhun Korkmaz in der Shisha-Bar sitzen und sich in ihrem echt krassen Slang „tiefschürfende“ Gedanken über den Fortgang der Krimi-Handlung machen, möchte man sich am liebsten zu ihnen setzen und mitrauchen, so sympathisch und humorvoll kommt ihr Bühnen-Eckchen rüber, das der „große Mann“ Matthias Eichele in eine vielschichtige Theaterproduktion des Rhön-Gymnasiums eingebaut hat.
Gesamtkunstwerk
Er schuf nicht nur den Multikulti-Berlin-Krimi „Shisha“, sondern setzte wieder einmal unendlich viele kreative Kräfte der Schüler frei und fügte sie zu einem beachtlichen Gesamtkunstwerk zusammen, in dem hervorragende musikalische Darbietungen in deutliche Konkurrenz zum Spannungsfaktor traten. Denn anders als in Fernsehkrimis unterlegten die Töne nicht düster-dramatisch das Verbrechen, sondern durften um ihrer selbst willen in strahlender Schönheit erklingen, beispielsweise die ausdrucksstarke Susan-Interpretation von Joshua Payne.
Mit Schwung stieg das Orchester ein und machte mit Bill Ramseys „Ohne Krimi geht die Mimi (der Jimmy) nie ins Bett“ so richtig Lust auf diesen Krimi-Abend, der obendrein noch ein wenig Geschichtsunterricht war. Denn der Konflikt, der einst zwischen Russland und Finnland schwelte, war den meisten sicher längst aus dem Bewusstsein entschwunden.
Des Pudels Kern
Also, nun sind wir bei des Pudels Kern, der Frage, warum zwei junge, hoffnungsvolle Menschen plötzlich als Leichen auf der Bühne vor uns liegen. Da sägt ein Einbrecher ein Stück Wand aus dem Haus einer russischen Adeligen, der Juliane Groß die standesgemäße aparte Erscheinung verleiht, und die sympathische Berliner Polizei (Regina Walden, Lilly Kallenbach) kann sich gar keinen Reim darauf machen. Als sich der gewiefte Geheimdienst mit den analytischen hübschen Köpfen von Sarah Wehner und Nina Söder einschaltet, wird allmählich klar, worum es geht: Das Stück Wand ist deshalb so begehrt, weil es die Noten der „Finlandia“ beinhaltet.
Nationalbewusstsein
In dieser Komposition, die der finnische Komponist Sibelius tatsächlich in Berlin schrieb, fand sich das finnische Nationalbewusstsein wieder, den Russen war sie deshalb ein Dorn im Auge.
Dem Publikum in der Turnhalle bereitete sie allerdings große Freude, denn selbstverständlich durfte es hören, was Finnen und Russen auf der Bühne so viel Kopfzerbrechen bereitete.
Weil sie so erfrischend verschroben agierte, sei von den Darstellern noch die Archäologin Mona Libischer erwähnt, ansonsten sei allen versichert: Man spürte Herzblut und Engagement, mit dem jeder zum Gelingen der Produktion beitrug, Techniker, Kulissenschieber und andere Heinzelmännchen dürfen sich da genauso angesprochen fühlen wie Darsteller, Instrumentalisten, Sängerinnen und Tänzerinnen.