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Herschfeld/Barcelona
Ein Holländer bringt vier Herschfelder Fußballfans ins "Camp Nou"
Das Ziel der Begierde, ein Platz auf der Tribüne im Fußballstadion Camp Nou in Barcelona. (Von links): Tobias Göpfert (vorne), Thomas Kalkmann, Robin und Sebastian Dieterich.
Foto: Sebastian Dieterich | Das Ziel der Begierde, ein Platz auf der Tribüne im Fußballstadion Camp Nou in Barcelona. (Von links): Tobias Göpfert (vorne), Thomas Kalkmann, Robin und Sebastian Dieterich.
Sebastian Dieterich
 |  aktualisiert: 18.12.2019 02:11 Uhr

Als Ende August die Gruppenphase für die aktuelle Saison der UEFA Champions League ausgelost wurde, zögerten wir nicht lange und entschieden uns für einen Fußballausflug der Superlative. Die Partie zwischen dem FC Barcelona und Borussia Dortmund war das Ziel. Wohlwissend, dass der Kartenvorverkauf erst Mitte Oktober startete, buchten wir, lediglich einen Tag nach der Auslosung, Flüge am Dienstag und Donnerstag. Das Spiel war am Mittwochabend.

Keine Chance beim Vorverkauf

Am Tag, als der Kartenvorverkauf begann, versuchten wir so ziemlich alle Möglichkeiten, um an Tickets für dieses Spiel zu kommen. Sowohl beim lokalen, als auch beim offiziellen Fanclub waren innerhalb von Minuten die Kontingente erschöpft. Auch die Ticket-Hotline ließen wir ganze 30 mal glühen, bis man tatsächlich durchkam. Allerdings bekamen wir nur noch das ernüchternde "Ausverkauft" zu hören. Circa 5 000 glückliche BVB-Anhänger hatten die Nase vorne.

In den ersten Tagen nach dem Verkaufsstart probierten wir es unermüdlich und immer wieder auch auf der Homepage des FC Barcelona - leider auch hier ohne Erfolg. Die völlig überteuerten Karten über Drittanbieter zu kaufen -Preise ab 180 Euro in der schlechtesten Kategorie - kam für uns nicht in Frage. Bei der Flugbuchung war uns dieses Risiko natürlich bewusst - gehofft hatten wir trotzdem. Im schlimmsten Fall hätten wir das Spiel in einer katalanischen Bar geschaut. Die Hoffnung ruhte nun auf der Abendkasse, allerdings bahnte sich von hier an ein recht kurioser Weg an.

"Leute, es gibt ein riesen Problem"

Alles lief zunächst nach Plan: Die Bordkarten kamen, die Fahrt zum Flughafen in Stuttgart war geplant und die Fahrkarten für öffentliche Verkehrsmittel in Barcelona waren gebucht. Und dann plötzlich der Schock: Einen Tag vor dem geplanten Abflug leuchtete der Flug plötzlich für jetzt auf - einen Tag zu früh! Montag, hatten wir falsch gebucht? Buchung und auch Bestätigung waren aber korrekt, Dienstag. Wie konnte es also sein, dass das Buchungsdatum nicht mit dem Flugdatum zusammenpasste?

Nach zahlreichen Anrufen bei der Airline erhielten wir dann die Erklärung, dass der Dienstagabend-Flug schon im September storniert wurde und wir auf Montag umgebucht wurden, wir hätten eine E-Mail dazu bekommen sollen. Es kam natürlich nichts. Da das Ganze erst ein paar Stunden vor Abflug aufkam, gab es für uns keine Möglichkeit mehr, diesen Flug zu erwischen. Die Frage war nun: Was machen wir jetzt? Alles Stornieren? Urlaub für Barcelona war ja geplant. Umbuchen? Keine Alternativflüge dieser Airline verfügbar. Ja sogar mit dem Mietwagen nach Barcelona fahren und den gebuchten Rückflug nehmen, stand im Raum. Bei 14 Stunden Fahrt und über 1000 Euro Leihgebühr wurde das allerdings schnell verworfen.

In der Hoffnung, dass uns die Airline für die Nichtmitteilung der Flugänderung entschädigt, fiel die Wahl auf einen neuen Hinflug einer anderen Fluggesellschaft am Dienstagfrüh. Somit stand erst sieben Stunden vor Start der Reise der Plan: mit dem Auto nach Nürnberg und von dort über London nach Barcelona. Der Rückflug dann nach Stuttgart und mit dem Zug zurück zum Auto.

"Morgenbier"-Euphorie verfliegt schnell

Wir begannen sofort zu packen und legten uns schlafen, um diesen Flug zu erwischen. Beinahe schon ganz ungewohnt verliefen die Fahrt zum Flughafen und auch die Sicherheitskontrolle am Flughafen nahezu problemlos. Die Euphorie des "Morgenbiers" hielt jedoch nicht lange an. Bei der Kontrolle am Gate wurden wir darauf hingewiesen, dass neue Gepäckgrößen eingeführt wurden. 40 x 25 x 20 Zentimeter waren die Maximalgrößen - vergleichbar mit einem kleinen Schuhkarton. Gnädigerweise gingen deutlich größere Rucksäcke oder Sportaschen durch, zwei Trolleys mussten jedoch jeweils mit 25 Euro nachbezahlt werden. Leider hatten wir das aufgrund des turbulenten Vorabends nicht mehr geprüft.

80 Pfund (circa 94 Euro) für ein Foto an der Tower Bridge

Ein Selfie vor der Tower Bridge. (Von links) Tobias Göpfert, Sebastian Dieterich, Robin Dieterich und Thomas Kalkmann.
Foto: Sebastian Dieterich | Ein Selfie vor der Tower Bridge. (Von links) Tobias Göpfert, Sebastian Dieterich, Robin Dieterich und Thomas Kalkmann.

In Jetsetter-Manier sollte es bei fünf Stunden Aufenthalt ein Frühstück an der Tower Bridge in London geben. Wir nahmen dafür ein offizielles Zugangebot zur Liverpool Street an. Nach Abzug der Sicherheitskontrollen am Flughafen, der Fahrzeit des Zuges und des Laufwegs blieben uns ungefähr 1,5 Stunden, hätte der Zugführer auf der Hinfahrt nicht den falschen Knopf erwischt.

"Sorry, I pushed the wrong button", so ertönte es aus den Lautsprechern und unser Zeitkontingent schmälerte sich um weitere 30 Minuten. Wir hetzten in der frühen Londoner Rush Hour zum Zielort. Als wir ankamen und ein Foto schossen, stellten wir fest, dass wir nur noch zehn Minuten Puffer zum Zug zurück zum Flughafen hatten - den Rückweg bereits einkalkuliert. Ohne Frühstück begaben wir uns zurück zum Sicherheitscheck. Wie hätte es auch anders sein sollen, natürlich wurden die bereits nachgezahlten Koffer nochmals abkassiert. Es handelte sich ja um einen neuen Flug.

Probleme mit dem Ticket

Erstmalig benutzten wir unsere 48-Stunden-Tickets für Barcelona am Flughafen, um mit dem Zug in die Innenstadt zu kommen. Perfektes Timing, der Zug wartete und fuhr in zwei Minuten ab. Eines der vier Tickets funktionierte jedoch nicht. Das Sicherheitspersonal schickte den Betroffenen zurück zum Schalter, wo der nette Verkäufer fragte, was er denn hier wolle und ging mit ihm zurück zum Bahnhof. Als er 15 Minuten später wieder kam und das gleiche Ticket erneut durchschob, klappte es natürlich einwandfrei.

Trotz der Mitteilung, wann wir ankommen, fanden wir an der Rezeption der Unterkunft keinen vor. Nach einigen Telefonaten schickte uns der Betreiber sofort jemanden vorbei. Mit südländischer Gelassenheit gingen wir dann circa 30 Minuten später zum Appartement: Geräumig, zwei WC, eine Küche, zwei Schlafzimmer. Ein super Eindruck, wäre es nur gereinigt gewesen. Der Vermieter versprach uns, den Müll und die Handtücher des Vormieters zu beseitigen.

Wir nutzten die Zeit und gingen in Richtung Camp Nou, dem Stadion des FC Barcelona, um das Gelände zu erkunden und zu prüfen, wo man noch Eintrittskarten für das morgige Fußballspiel kaufen kann. Dort angekommen, war es mittlerweile kurz nach 19 Uhr und der Ticketschalter bereits geschlossen - er öffnet erst am nächsten Morgen wieder. Beim Abendessen rief schließlich der Vermieter an und teilte uns mit, dass wir in ein anderes Appartement umziehen müssen, da kein Reinigungspersonal mehr verfügbar war. Dies klappte glücklicherweise ohne größere Zwischenfälle.

Gute Nachricht: Tickets noch verfügbar!

Hoch motiviert marschierten wir, eine Stunde vor Kassenöffnung, in Richtung Camp Nou. Dort angekommen herrschte noch gähnende Leere vor den Ticketschaltern - wir waren die ersten in der Reihe. Die Schlangen füllten sich jedoch recht schnell mit Touristen, Einheimischen und anderen Dortmund-Anhängern. Als die Schilder an den Kassen auf "Champions League" getauscht wurden, war die Vorfreude riesig. Denn das bedeutete, es waren noch Tickets verfügbar.

Der Vorhang ging hoch und wir bestellten vier Tickets in der günstigen Kategorie hinter dem Tor -sogar zusammenhängende Plätze waren möglich. Die Frage nach dem Ausweis trübte dann jedoch die Stimmung - keine Tickets für Deutsche! Das sprach sich herum und die Kassen leerten sich schnell. Während sich nebenan fußballfremde Touristengruppen über die kürzlich erworbenen Tickets erfreuten, überlegten wir nun, warum uns das Schicksal diesen Weg bescherte.

Eine Gruppe Deutscher berauschte sich derweilen an Eintrittskarten für das Spiel, sie hatten sich die Tickets kaufen lassen. Mit dem Risiko von Ausweiskontrollen im Stadion baten wir schließlich einen holländischen Fußballfan, uns Tickets zu besorgen. Nach einem Rechnerabsturz am Schalter hielten wir kurze Zeit später Eintrittskarten in der Hand. Mit leichter Ironie sagten wir uns: "Ab jetzt läuft's." 

Probefahrt für die Neuschter Seilbahn

Die Telefèric de Montjuïc - die Seilbahn von Barcelona. Das Herschfelder Reisequartett nutzte sie als eine Art 'Probefahrt' für die angedachte Seilbahn in Bad Neustadt. 
Foto: Sebastian Dieterich | Die Telefèric de Montjuïc - die Seilbahn von Barcelona. Das Herschfelder Reisequartett nutzte sie als eine Art "Probefahrt" für die angedachte Seilbahn in Bad Neustadt. 

In den Stunden bis zum Auflaufen der Teams begnügten wir uns mit einer kleinen Stadtrundfahrt. Unter anderem nutzen wir die Gelegenheit, um in der für Bad Neustadt geplanten Seilbahn Probe zu fahren. Die Fahrt war wunderbar und der Ausblick einmalig. Ja wir hatten sogar kurz das Gefühl, wir schweben über die Saalewiesen. Als Vergleich: eine Rundfahrt in der äußerst gut besuchten Seilbahn kostete hier knapp 13 Euro.

Anpfiff im Camp Nou, dem größten Fußballstadion Europas, beim Spiel von Barcelona gegen Dortmund.
Foto: Sebastian Dieterich | Anpfiff im Camp Nou, dem größten Fußballstadion Europas, beim Spiel von Barcelona gegen Dortmund.

Zurück am Stadion. Unsere "Angst", dass wir die Tickets umsonst gekauft hatten, schwand am Einlass so langsam, standen doch 10 000 Fans um uns herum. Beim Sicherheitscheck dann ein leichtes Abtasten und wir waren im Stadionbereich. Eine letzte Hürde gab es dann noch an der Blockkontrolle. Hier wurde allerdings nur der Code eingescannt und dann hatten wir es tatsächlich geschafft: Wir saßen im größten Stadion Europas und schauten unter atemberaubender Atmosphäre Weltstars beim Fußball spielen zu. Unter rund 90 000 Fans wurde Lionel Messi bei seinem 700. Einsatz für Barcelona gehuldigt. Trotz Ticketpreisen von über 100 Euro verließen viele Fans den Fußballplatz schon einige Minuten vor Spielende.

Und täglich grüßt das Ticket-Problem

Am Abflugtag klapperten wir noch die eine oder andere Sehenswürdigkeit ab und wollten von der letzten Station mit dem Zug zurück zum Flughafen. Ausgerechnet das Ticket, welches zu Beginn schon nicht funktionierte, ließ auch hier die Türen verschlossen. Es bedurfte einer kurzen Diskussion mit dem Personal, dass es sich um die richtige Fahrkarte handelt - drei von vier waren ja bereits erfolgreich. Gnädigerweise ließen sie uns passieren. Als sich dann noch der Busfahrer vom Terminal zum Flugzeug auf dem Flughafen verfuhr, hatte uns das Schicksal wieder eingeholt. Die obligatorische Verspätung der Deutschen Bahn und das nur kurze Aufleuchten von ABS-Fehlern auf der Heimfahrt warfen uns dann auch nicht mehr wirklich aus der Bahn.

Zuhause angekommen, resümierten wir nochmal über den unfassbaren Ausflug und lachten schließlich darüber, wie viel wir zu erzählen haben.

 
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