Schon seit Urzeiten suchen Schwalben die Nähe von Menschen – auch in der Stadt Bad Königshofen. Besonders gut für einen Unterschlupf eignet sich dort das Wohn- und Geschäftshaus von Walter Schlimbach. Ausgerichtet mit einem Dachvorsprung, bietet es den gefiederten Geschöpfen nicht nur Schutz, sondern auch ein unbekümmertes Dasein zur freien Entfaltung. Schon seit etwa zehn Jahren bauen die weiß-kehligen Mehlschwalben hier ihre Nester.
"Erst waren zwei, drei und dann vier Nester an der Hausfassade, die belegt wurden", sagt der Geschäftsmann. Der Rest kam im Laufe der Jahre dazu: An seinen Immobilien zählte er dieses Jahr mehr als 50 Schwalben mit einem Dutzend Nestern. Bewundert werden können sie an seinem aus 1820 stammenden Gebäude in der Martin-Reinhard-Straße, einer Einkaufsmeile von Bad Königshofen, und auch am Rückgebäude in der Kellereistraße.
Dieses Jahr stellte Schlimbach einen vermehrten Anflug fest. Warum nun gleich derart viele Flugtiere seine beiden Gebäude frequentieren, kann er sich auf Anhieb selbst nicht ganz erklären.
Quietschvergnügt schweben sie um die Häuser, brüten in den Nestern und versorgen ihre Jungen, die bei der Nahrungsaufnahme kräftig den Schnabel aufreißen, als würden sie nicht genug in die Kehle kriegen.
Wie diese Zugvögel "auf Kommando" ihre Flüge starten, in Bögen elegant durch die Lüfte fliegen und mit rasendem Tempo zurück zu den Nestern kommen – "Darüber kann ich immer nur staunen", sagt Schlimbach.
Kein Wunder, dass Vogelfreunde, Wohnmobilisten und andere Gäste sich vor dem Idyll spontan auf den Gehsteig stellen und staunend das muntere Treiben beobachten. Erste Präsentation des Tages ist ein "morgendliches Konzert", das zwischen 6.30 Uhr und 9 Uhr über die Bühne geht. Das Zuhören ist für Walter Schlimbach (85) und seine Frau Rosmarie (83) vor der eigenen Haustüre schon ein Ritual und gehört zum Frühstück wie selbstverständlich dazu. "Die Schwalben bereiten uns große Freude, deshalb möchten wir sie nicht mehr missen", sagt Rosmarie Schlimbach.
Winter-Wetter-Wahrsager
Schwalben gelten gemeinhin als Glücksboten. Trotzdem sind sie nicht überall gern gesehen. Denn sie hinterlassen ihre Spuren. Auch Walter Schlimbach räumt ein: "Ja, ein bisschen Dreck machen sie schon, aber das Saubermachen ist überhaupt kein Problem." Schwalben das Nisten am Haus zu verwehren, "das sollte man nicht tun". Nicht zu unterschätzen ist nämlich auch ihre ökologische Funktion. Laut Naturschutzbund fängt eine Schwalbe zur Brutzeit in der Luft immerhin über 2000 Insekten.
"Mariä Geburt, ziehen die Schwalben fuurt", heißt es am 8. September. Dann brechen sie teils scharenweise auf, um gen Süden zu ziehen. Die einen etwas eher, andere später. Mehr sagt eine Bauernregel: "Wenn im August bereits die Schwalben zieh`n, sie vor naher Kälte flieh`n. Wenn die Schwalben bleiben lang, dann sei vor dem Winter nicht bang`".