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BAD KÖNIGSHOFEN
Ein Gewinn für das ganze Leben
Gesprächsbereit: Fabian Köth (ehemaliger Zivi), Moritz Richter (Bufdi), Leiterin Evi Bindrim und Pfarrer Thomas Menzel (ehemaliger Zivi) beim Treffen im Haus am Kurpark.
Foto: Michael Petzold | Gesprächsbereit: Fabian Köth (ehemaliger Zivi), Moritz Richter (Bufdi), Leiterin Evi Bindrim und Pfarrer Thomas Menzel (ehemaliger Zivi) beim Treffen im Haus am Kurpark.
Michael Petzold
 |  aktualisiert: 03.12.2019 10:29 Uhr

Ob schon alle Abiturienten, die jetzt gerade dabei sind, ihre Reifeprüfung abzulegen, wissen, welchen beruflichen Weg sie einschlagen sollen? Bevor der Bundestag im März 2011 die allgemeine Wehrpflicht ausgesetzt hat, blieb zumindest den jungen Männern eine Zeit des Nachdenkens, wenn sie nach dem Abi ihren Dienst bei der Bundeswehr oder als Zivildienstleistender in einer sozialen Einrichtung antraten. Jetzt nutzen Männer wie Frauen ein freiwilliges soziales Jahr oder den Bundesfreiwilligendienst (Bufdi) zu einer zeitlichen Unterbrechung.

Impulse für den späteren Lebensweg

Gerade die Erlebnisse in einem sozialen Dienst haben manchen in seiner Berufswahl beeinflusst und Impulse für den späteren Lebensweg mitgegeben. Auch auf Fabian Köth (Bad Königshofen), Pfarrer Thomas Menzel (Mellrichstadt) und Moritz Richter (Großeibstadt), der aktuell im Haus am Kurpark als Bufdi tätig ist, trifft das zu. Die Leiterin des Hauses, Evi Bindrim, hatte anlässlich des 40 Jahre langen Bestehens der Einrichtung in diesem Jahr die Idee, die drei Männer zusammenzubringen, um über ihre Erfahrungen zu sprechen.

Statt Technik jetzt Arbeit mit Kindern

Nach vier Semester Mechatronik-Studium war dem jetzt 24-jährigen Moritz Richter klar, dass er nicht den ganzen Tag mit Bildschirmarbeit verbringen wollte. Also brach er das Studium ab und sah sich nach Betätigungsmöglichkeiten in einem nicht technischen Bereich um. Bekannte empfahlen ihm das Haus am Kurpark, wo er jetzt fast ein Jahr im Einsatz ist. „Ich will jetzt Erzieher werden“, lautet sein Resümee nach den Erfahrungen, die er vor allem in Kinderhaus gemacht hat, das zum Haus am Kurpark gehört.

Kinder blühen immer mehr auf

Der tägliche Umgang mit Kindern, die im Laufe des dreiwöchigen Aufenthalts ihre anfängliche Zurückhaltung aufgeben und aufgrund der intensiven Betreuung immer mehr aufblühen, hat Moritz Richter davon überzeugt, sich künftig auch beruflich um die Benachteiligten kümmern zu wollen. Besonders berührt hat ihn die Begegnung mit einem autistischen Jungen, der ihm jeden Tag eine Birne brachte, die er dann aufschneiden durfte. Niemand anders habe dem Jungen, der während der gesamten Zeit seines Aufenthaltes kein Wort gesprochen hat, Essen geben dürfen.

Überfordert vom Dauerstress

Zu den Gästen zählen fast ausschließlich Mütter mit Kindern, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens stehen. Beziehungsprobleme, kranke Angehörige, Überforderungen im Alltag münden nicht selten in einen Dauerstress, der irgendwann nicht mehr zu bewältigen ist. „Ziel der Mutter-Kind-Kur ist die Wiederherstellung der Gesundheit, das heißt, Ihres körperlichen, seelischen und sozialen Wohlbefindens“, heißt es dazu auf der Homepage der Einrichtung.

Viel Nützliches für das Leben

Auch der Allgemeinmediziner Fabian Köth (34), der von September 2003 bis Ende Juni 2004 im Haus am Kurpark seinen Zivildienst abgeleistet hat, hatte ursprünglich andere berufliche Absichten, weil er als Sohn eines Arztes erfahren hat, wie viel Zeitaufwand die Arbeit als Mediziner auf dem Lande erfordert. Der Dienst im Kinderhaus hat ihm nicht nur viel Spaß gemacht, sondern auch einiges an nützlichem Wissen vermittelt, angefangen beim Babywickeln und der Begleitung zur Reittherapie, bis hin zu Reparaturarbeiten an der Haustechnik. Auch ihn hat fasziniert, wie die Kleinen mit zunehmender Dauer der Kur immer offener wurden.

Ins Leben hineingeworfen

Pfarrer Thomas Menzel, der vor genau 20 Jahren – damals waren es noch 13 Monate – hier seinen Zivildienst abgeleistet hat, war überhaupt der erste Zivi im Kinderhaus, das damals erst fünf Jahre existiert hat. Tief beeindruckt habe ihn damals, zu erfahren, wie Lebensumstände sich im Verhalten der Kinder niederlege, wie er sagt. In welches Leben sie hineingeworfen werden und zu erleben, wie es Kindern gut tut, Aufmerksamkeit zu erhalten. Das gelte gerade für Kinder, die ohne Vater aufgewachsen sind.

Eine dicke Mappe voller Erinnerungen

Thomas Menzel besitzt noch eine dicke Mappe mit Zeitungsausschnitten und Bildern aus der Zeit seines Zivildienstes. Einfluss auf seine Entscheidung Pfarrer zu werden, hatte der Dienst für den gebürtigen Unteressfelder aber nicht, wie er sagt. Zunächst studierte er Kirchenmusik, bevor er sich der Theologie zuwandte. Die Erfahrung aus seiner Zeit im Haus am Kurpark kommt ihm jetzt aber auch im kirchlichem Rahmen beim Umgang mit Kindern zugute.

In der Öffentlichkeit werde das Haus am Kurpark zwar wahrgenommen, weiß Evi Bindrim, die die Einrichtung seit 2016 leitet, welche Therapien dort angewandt werden, wissen aber längst nicht alle. Das liege auch daran, dass viele der Mütter, die hier zur Kur sind, eher zurückgezogen leben. „Die wollen einfach ihre Ruhe haben“, sagt die ehemalige Krankenschwester. Und so wird das Jubiläum denn auch ohne ein großes Fest, aber mit mehreren Veranstaltungen, in aller Stille gefeiert.

 
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