
Ein Dreiviertel Jahr hat Kreisheimat- und Archivpfleger Reinhold Albert an der Strahlunger Ortschronik gearbeitet. 336 Seiten umfasst das Buch, das er am Freitagabend in der Mehrzweckhalle der Öffentlichkeit vorstellte. Neben den Ergebnissen umfangreicher Archivarbeit stützte sich Albert beim Verfassen der Chronik auch auf die Aufzeichnungen der ehemaligen Lehrkräfte Ferdinand Breitenbach („Unsere Heimat Strahlungen“ von 1960) und Raimund Krämer.
Strahlungen wurde erstmals 1196 urkundlich erwähnt. Die Ansiedlung aber sei wohl älter, vermutet Albert. Bedeutsam für den Ort sei das Zisterzienser Kloster Bildhausen gewesen, das in Strahlungen einen „Klosterhof“ besaß, der bis heute erhalten ist und bewohnt wird.
Abt Johannes III gab 1445 Eberhard zu Eberstein den Klosterhof zum Lehen. In einer urkundlichen Niederschrift sei auch der Name Strollungen, Strohlungen, Strallingen oder Strollingen zu finden, erklärte der Kreisheimatpfleger und versuchte den Ursprung des Ortsnamens zu ergründen. Dabei zeigte er per Powerpoint-Projektion eine historische Karte des Salzforstes von 1589, auf der Strahlungen eingezeichnet ist.
Dem alten Bauernwesen ist ist in der Chronik ebenso ein Kapitel gewidmet wie dem Bauernaufstand von 1525. Strahlungens Bürger seien keineswegs Leibeigene gewesen, sondern „Freie Franken“. Das sei im Neustädter Amts-Saalbuch von 1596 festgeschrieben, so Albert. Zweimal im Jahr sei das Dorf-Gericht zusammengetreten (am Walpurgis- und Andreas-Tag).
An den 30-Jährigen Krieg erinnern einige Schwedenkreuze, die in der Feldflur verstreut waren und heute an exponierten Stellen im Ort zu finden sind. Die Chronik macht darüber hinaus bekannt mit den Rechten und Pflichten der Bürger. Da gab es den Hand- und Spanndienst oder auch Frondienst genannt. Zum Hausbau stellte die Gemeinde früher Holz aus ihren Wäldern kostenlos zur Verfügung. Jeder Rechtler erhielt jährlich unter anderem einen Ster Brennholz und zehn Wellen Reisig. Das Braurecht gestattete Bier im Gemeindebrauhaus neben dem Vierröhrenbrunnen zu brauen.
Fronarbeiten waren bis in die zweite Hälfte des letzten Jahrhunderts Pflicht. Dazu aufgerufen wurde mit der Gemeindeglocke oder nach den Sonntagsgottesdiensten, wo sich die Gemeinde neben dem Gasthaus Schwarzer Adler versammelte, um Bekanntmachungen des Bürgermeisters entgegenzunehmen.
Ausführlich berichtet der Verfasser über die Kirchen- und Schulgeschichte, Pfarrei und Pfarrkirche, Pfarrer und Schulhaus, Lehrkräfte und ihre Besoldung in früheren Zeiten. Ebenso geht er auf den Kindergarten ein mit den drei Erlöser-Schwestern, die den Kindergarten führten, Kranke versorgten, Nähkurse durchführten und der Bevölkerung viel Gutes taten.
Ein anderes Kapitel hat den Esten Weltkrieg zum Thema, ein weiteres beleuchtet die Geschehnisse während des Zweiten Weltkriegs. Eindrucksvoll sind die Schilderungen der Ereignisse um den 8. April 1945. An diesem Tag war das Dorf Ziel von Artillerie-Angriffen von Seiten der amerikanischen Armee und deutscher Truppen, wobei fast die gesamte Häuserzeile der Kalten Gasse (heute Münnerstädter Straße) zerstört wurde und abgebrannt ist. Dabei kamen neun Strahlunger, zwei deutsche Soldaten und ein US-Amerikaner ums Leben.
Liebevoll illustriert
Die Kapitel „Strahlungen in der Nachkriegszeit“ und „Strahlungen in der Neuzeit“ mit der Gebietsreform von 1972 sowie „Brauchtum und Erzählungen“, „Flurdenkmale und Flurnamen“ und Geschichtliches und Neues von den Vereinen runden das Werk ab, das mit kolorierten Tuschezeichnungen von Dorfansichten von Bruno Dickas (1898-1976) sowie alten und neuen Fotografien illustriert ist.
Einige aufmerksame Bürger meinten am Ende der Vorstellung, es fehle das unschöne Kapitel der Ankunft der Heimatvertriebenen aus dem Sudetenland und Schlesien in Strahlungen. Viele von ihnen seien als evangelische Christen in ein bis dahin rein katholisches Dorf gekommen. Diesen fremden, verschüchterten Menschen schlug oft ein Misstrauen entgegen, das sich anfangs vorwiegend in der Verweigerung einer Unterkunft äußerte. Da gab es plötzlich fremde Namen im Dorf, wie Hoffelner, Pascher, Wiethe, Fietz, Tutsch, oder Gemeinhardt. Es leben heute durchaus noch Zeitzeugen, die in den späten 1940er Jahren dieses Ereignis als Kinder oder Heranwachsende miterlebt haben und sich daran erinnern können, dass sich die einheimische Jugend später mit den jungen Neubürgern angefreundet und sogar konfessionsverschieden geheiratet haben. Schnell lebten sich die Neubürger ein und manch neues Haus entstand am Rand des Dorfes.
Nicht vergessen werden sollten auch Ereignisse aus dem bäuerlichen Leben, wie Viehseuchen und andere aus den Kriegsjahren 1942 und 1943, wie der Absturz eines Jagdbombers am hellen Vormittag in den Wald am Altmer Berg.
Den Abend beendete Landratsstellvertreter Helmuth Will, der sich überzeugt von der Chronik zeigte und die besondere Stellung der „Freien Franken“ in Strahlungen im Landkreis betonte: „Ihr Strahlunger könnt stolz sein auf eure Heimat.“
Die Orts-Chronik ist zum Preis von 19,90 Euro jeden Dienstag und Donnerstag zwischen 18 Uhr und 19:30 Uhr während der Bürgermeister-Dienststunden im Rathaus erhältlich.