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BAD NEUSTADT
Dringend gesucht: Berufskraftfahrer
Jürgen Haug-Peichl
 |  aktualisiert: 27.04.2023 03:52 Uhr

Hand aufs Herz: Lastwagen sind für uns Autofahrer nervtötend, oder? Lästige, langsame, ausbremsende Elefanten auf den Fernstraßen. Dementsprechend haben Lastwagenfahrer generell ein schlechtes Image.

Das hindert junge Menschen nicht, in dieses Metier einzusteigen. So wie Konstantin Fiebig aus Nordheim vor der Rhön (Lkr. Rhön-Grabfeld): Der 17-Jährige hat im vergangenen September nach der Mittelschule eine drei Jahre dauernde Ausbildung zum Berufskraftfahrer begonnen. So wie seine Brüder Moritz und Dominik – alle bei der Spedition Geis in Bad Neustadt.

Geis spürt - wie die Branche - eine Altersschere

Das Fiebig-Trio ist für das Unternehmen wie ein kleiner Lottogewinn. Denn Geis spürt wie die gesamte Logistikbranche einen eklatanten Mangel an Fachkräften, hier: Berufskraftfahrer.

So hat das Bundesamt für den Güterverkehr schon 2015 – aktuellere Zahlen gibt es nicht – in einer Studie eine heikle Altersschere in der Branche festgestellt: Während der Anteil der Fahrer unter 25 Jahren bei gerade mal 2,6 Prozent lag, sind es bei den über 55-Jährigen 26 Prozent. Im Vergleich mit anderen Berufen gebe es bei den Lkw-Fahrern überdurchschnittlich viele Alte.

Geis-Fahrer im Durchschnitt 50 Jahre alt

Bei der Spedition Geis ist das nach Darstellung von Personalchef Volker Kindler ähnlich: Das Durchschnittsalter der etwa 400 eigenen Fahrer liege bei 50 Jahren. Verschärft hat die Situation der Wegfall der Wehrpflicht: Die Bundeswehr sei jahrelang zuverlässiger Ausbilder von Lkw-Fahrern gewesen, hört man bei Geis.

251 Auszubildende hat das Familienunternehmen an seinen 140 Standorten in Deutschland und anderen Teilen Europas. Darunter sind es 25 bei den Berufskraftfahrern. Ausbildungsleiter Bernhard Hofmann macht aus seinem Herzen keine Mördergrube, dass das hinten und vorne nicht reicht: „Wir könnten das Doppelte brauchen.“

„Fahrer braucht man immer“

Um Waren von A nach B zu bringen, sind Fahrer für Logistikfirmen von herausragender Bedeutung. „Fahrer braucht man immer“, sagt Hofmann. Wegen dieses hohen Ranges hat man bei Geis die Ausbildung der Berufskraftfahrer zur Chefsache gemacht, erklärt der Bad Neustadter Niederlassungsleiter Sebastian Seehofer. Dass das Unternehmen die mehrere tausend Euro an Kosten für den Lkw-Führerschein der jungen Mitarbeiter bezahle, sei klar.

Was Geis Gutes für seine Fahrer tut

Doch die Spedition tue noch mehr, um die Ausbildung attraktiv und den Personalmangel bei den Fahrer im Griff zu behalten, erklären Seehofer und Personalchef Kindler. So sei eigens ein ausgebildeter Fahrlehrer eingestellt worden, der die Auszubildenden ergänzend zur Führerscheinprüfung im Betrieb betreue. Zudem gebe es 250 Euro Prämie für denjenigen, der Geis einen neuen Fahrer oder Fahrer-Azubi erfolgreich empfehle.

Auch die Fahrer selbst bekommen die sprichwörtlichen Rosinen: Sie erhalten jeweils eine hauseigene Kreditkarte, die für eigene Einkäufe jeden Monat mit 44 Euro aufgeladen wird. Auch eine zusätzliche Unfallversicherung sowie Prämien für besonders umweltfreundliches und schadensfreies Fahren lässt sich die Spedition eigens für die Belegschaft „auf dem Bock“ kosten.

Beispiel: Konstantin Fiebig (17)

Derlei Wertschätzung sei natürlich klasse, freut sich Azubi Konstantin Fiebig. Doch die Faszination für den Beruf habe er bereits als Kind erlebt: Ab dem Alter von acht Jahren sei er immer wieder mit seinen Onkels auf Lkws mitgefahren. Auch sehe er sich in der Freizeit schon immer gerne Truckerfilme an, gibt der 17-Jährige preis. Dass er noch hinzufügt, zu Hause mit Vorliebe Autos oder Rasenmäher zu reparieren, ist dann nicht mehr erstaunlich. Insofern hat der gebürtige Thüringer seine Liebe zum Beruf gemacht – mit klarem Blick, was diese Liebe ausmacht: Es sei das erhabene Gefühl, im Lkw „so hoch über der Straße King of the Road zu sein“.

Was Fahrer auch können müssen

Doch Fiebig soll mehr sein als nur fahrender König der Landstraße: In seiner Ausbildung lernt er zum Beispiel auch den sensiblen Umgang mit Kunden, sicheres Be- und Entladen sowie kleinere Reparaturen. Irgendwie Könige sind Fiebig und Co. bei Geis so oder so: Der Fachkräftemangel sorgt schon dafür.

Tag der Logistik

Am Donnerstag, 27. April, sollen 458 Veranstaltungen in 23 Ländern Europas dazu beitragen, dass die Bevölkerung beim „Tag der Logistik“ auf die Branche aufmerksam wird. Dabei geht es auch darum, Auszubildende und Fachkräfte zu werben.

Einige Veranstaltungen finden auch in Mainfranken statt. Dabei gibt es Einblicke in Speditionen, in die verschiedenen Logistik-Berufe, in Lagerverwaltung sowie Betriebsführungen. Der Eintritt ist frei. Überblick: • Pabst Transport, Gochsheim bei Schweinfurt, Industriestraße 15: 15 bis 17 Uhr (Anmeldung erbeten)

• SSI Schäfer, Giebelstadt-Klingholz, iPark (Lkr. Würzburg): 14 bis 18 Uhr • Handwerkskammer Service GmbH, Würzburg, Dieselstraße 9: 14.30 bis 16.30 Uhr (Anmeldung erbeten)• aisys AG, Würzburg, Ludwigstraße 8: 10 bis 11.30 Uhr und 14 bis 15.30 Uhr.

Weitere Infos: www.tag-der-logistik.de

Konstantin Fiebig und sein Chef bei Geis in Bad Neustadt, Niederlassungsleiter Sebastian Seehofer.
| Konstantin Fiebig und sein Chef bei Geis in Bad Neustadt, Niederlassungsleiter Sebastian Seehofer.
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  • C. H.
    Kann ich nur bestätigen. Ältere werden gekündigt wenn sie keinen neuen schlechteren bezahlten, Vertrag unterschreiben. Welcher Fahrer kann bei den gezahlten Löhnen überhaupt Leben ? Wird meist nicht mal der schon so geringe Tariflohn gezahlt. Einfach mehr Geld und die Schieflage ist behoben.
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  • M. P.
    Das Transportgewerbe ist an dem Fahrermangel selbst schuld. Würden Sie die Fahrer ordendlich Bezahlen, würden nicht soviele Aufhören oder sich nach anderen Tätigheiten Umschauen. Auch der Umgang mit den Leuten, da muss sich noch einiges ändern. Nur haben das viele nicht Kapiert.
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