
In Stockheim (Lkr. Rhön-Grabfeld) ist man sich einig: Pfarrer Andreas Hutzler hat großes Glück gehabt. Oder Beistand von oben, wenn man so will. Am frühen Mittwochmorgen stand das Dachgeschoss des Pfarrhauses am Tanzberg lichterloh in Flammen, und dass der Geistliche dieser Flammenhölle unbeschadet entkommen ist, hat er seinen Nachbarn zu verdanken.
Nach ersten Erkenntnissen der Kriminalpolizei hat ein technischer Defekt im Obergeschoss den Brand ausgelöst. Kurz nach 4 Uhr am Morgen wachte Pfarrer Hutzler vom lauten Knistern des Feuers auf, da hatten ihm die Flammen schon den Fluchtweg nach unten abgeschnitten. Der einzige Ausweg aus dem Schlafzimmer führte übers Fenster aus mehreren Metern Höhe nach unten. "Das Telefon ging nicht mehr, also habe ich laut um Hilfe gerufen", schildert der 51-Jährige den Schrecken in der Nacht. Er hat Glück: Eine Nachbarin, die vor der Arbeit ihren Hund Gassi führt, hört seine Schreie. Geistesgegenwärtig löst sie den Alarm aus.
Dramatische Lage
Von der Sirene werden zwei weitere Anwohner auf den Brand aufmerksam. Ein Helfer versucht, die Tür zum Pfarrhaus einzutreten, doch die erweist sich als stabil. Es ist ein glücklicher Umstand, dass er in seinem Hof eine Leiter griffbereit hat, die er zum Pfarrhaus trägt. Eine weitere Nachbarin steigt die Leiter hoch und hilft Pfarrer Hutzler, aus dem Fenster zu klettern. Als das Quartett am Boden steht, wird ihnen erst bewusst, wie dramatisch die Lage ist: Der Dachstuhl brennt da schon lichterloh.

Als der 51-jährige Geistliche am Nachmittag vor den Trümmern seines Inventars steht, die die Feuerwehrleute aus dem Haus befördert haben, und zu den verkohlten Dachbalken aufschaut, wird deutlich, dass er den Schock erst noch verdauen muss. Er ist dankbar für die Hilfe, und in Stockheim ist an diesem Mittwoch die Gemeinschaft ganz eng zusammengerückt. Alle sind froh, dass ihrem Pfarrer nichts passiert ist. Die Situation hätte leicht auch anders enden können. "Wir sind die drei Engel für unseren Pfarrer", sagt eine Helferin lachend. Ihre Namen wollen die drei Retter nicht in der Zeitung lesen. "Das ist nicht wichtig. Das Schöne an der Geschichte ist doch, dass man Hilfe bekommt, wenn man Hilfe braucht", so eine der Helferinnen.
80 Feuerwehrleute im Einsatz
Rund 80 Feuerwehrleute haben laut Einsatzleiter Ronald Streit ab 4.45 Uhr den Brand bekämpft, der sich durch die Dachdämmung gefressen hatte und kurz vor 12 Uhr noch einmal richtig aufloderte. Die Einsatzkräfte aus Mellrichstadt, Stockheim und Ostheim hatten alle Hände voll zu tun. Um sie zu unterstützen, insbesondere die Atemschutzgeräteträger, wurden am Vormittag noch die Nordheimer Kameraden angefordert. Bürgermeister Martin Link, selbst erfahrener Feuerwehrmann, war in der Nacht vor Ort, um sich einen Überblick über die Lage zu verschaffen und sich über das Befinden von Pfarrer Hutzler zu informieren. Aufatmen, als klar wird, dass er nicht verletzt ist.

Dann standen die Stockheimer zusammen. Schnell hatten sich einige Frauen zusammengefunden, um noch in der Nacht für die erschöpften Feuerwehrleute zu sorgen. In der Alten Schule neben der Kirche servierten die Frauen Kaffee und eine Stärkung, die die durchgefrorenen Kameraden gerne entgegennahmen. Eine Nachbarin versorgte Pfarrer Hutzler mit warmer Kleidung, und überall im Ort ist die Anteilnahme riesengroß.
Hoher Schaden
Am frühen Mittwochnachmittag war bereits ein Sachverständiger der Versicherungskammer Bayern am Brandort, um den Schaden zu begutachten. Ersten Schätzungen zufolge liegt er allein für das denkmalgeschützte Gebäude zwischen 300 000 und 400 000 Euro. Das Inventar ist ebenfalls komplett zerstört, hieß es. Das Haus darf wegen Einsturzgefahr nicht mehr betreten werden. Eine Kernsanierung werde mindestens zwölf Monate dauern, hat Bürgermeister Martin Link bereits ausgelotet. Pfarrer Hutzler muss für diese Zeit eine Übergangswohnung finden. Zur Verfügung stünde etwa das Pfarrhaus in Ostheim, wo der 51-Jährige ebenfalls die katholische Gemeinde betreut.