Können Sie sich vorstellen, dass Sie von Theo Waigel, dem früheren Bundesfinanzminister, zum zweiten Frühstück mit Kaffee und Kuchen bedient werden? Wohl kaum. Der 26-jährige Maximilian Herde aus Bad Neustadt durfte diese ungewöhnliche Erfahrung über eine Woche lang machen – auf seiner Walz.
Vor mehr als drei Jahren entschloss sich der Ofenbau-Meister die uralte Handwerkstradition zu erleben, die ihn in die Welt hinaus führte, damit er andere Menschen und viel Neues in seinem Beruf kennenlernen konnte. Nicht ganz entsprach die Reihenfolge den Gepflogenheiten, denn eigentlich waren es die Gesellen, die auf Wanderschaft gingen und dann erst mit dem gewonnenen Erfahrungsschatz und der gereiften Persönlichkeit ihre Meisterprüfung anstrebten. Diesen Schritt hatte Max schon vollzogen, als er sich auf Schusters Rappen begab und um seine Heimat die vorgeschriebene Bannmeile von 50 Kilometern zog.
Daher konnte ihm auch sein Arbeitgeber im Allgäu, bei dem er irgendwann für fünf Monate Station machte, getrost die Ausführung für den Auftrag überlassen, bei dem Mann mit den buschigen Augenbrauen einen Ofen zu bauen.
Eine winzige Episode aus einer Zeit, die rasend schnell vergangen ist, weil jeder Tag so voll mit neuen Eindrücken war, dass der junge Wanderbursch gar nicht richtig zum Durchschnaufen kam. Heften wir uns mal auf seine Fersen: Als gute Ofenbau-Gegend lockt zunächst der Bayerische Wald. Herrliche Landschaft, ein guter Chef, aber ein bisschen „Bayerisch-Kongo“. Für den Urlaubskontrast vertraute sich Max seinem „internationalen Walz-Manager“, einem Piloten-Freund aus Herschfeld, an und landet in Südafrika, später noch in Istanbul, Spanien und auf auf der Golden Gate Bridge in San Francisco, aber auch auf der einsamen Bärenmoos-Alm bei Pfronten. In der Walz-Station Ulm schloss man den Wander-„Gesellen“ so ins Herz, dass es eine Ehrensache war, ihn zwei Jahre später bei seinem Einzug in Bad Neustadt mit Musik auf dem Weg vom Kreuzberg nach Hause zu begleiten.
Eine Riesengaudi war's, als die heimischen Freunde ihren Max empfingen, ihm zuschauten, wie er am elterlichen Garten die Flasche Schnaps ausbuddelte, die er dort vor drei Jahren und einem umso längeren Tag, wie es im Walz-Spruch heißt, vergraben hatte. Lange hatte die Flasche in der Erde auf ihre Stunde gewartet – nur wenige Minuten dauerte es, bis die fröhliche Runde sie geleert hatte.
Als Max Herde noch unterwegs war, gab es überall viel Arbeit für ihn. In Österreich baute er im Waldviertel einen Pizza-Backofen, dabei schaute ihm keine Geringerer als Alfons Schuhbeck über die Schulter, am Lago Maggiore entstand ein Ofen in Lehmbauweise. Und immer wieder belohnte sich Max mit „Ausflügen“: Von Ulm aus schloss er sich einem beeindruckenden Hilfstransport nach Rumänien in bittere Armut an, dann ging's auch mal nach Nepal, „weil ich schon immer in den Himalaya wollte“. Hier war der deutsche Handwerker eine solche Attraktion, dass er in der Zeitung landete.
Kontakte zu knüpfen, das war überhaupt kein Problem, denn seine Kleidung signalisierte eindeutig die Mission, in der er unterwegs war. Aber das Jackett blieb drei Jahre lang dasselbe, bei Wind und Wetter, Hitze und Kälte – und erhielt nur einmal die Gelegenheit eine Waschmaschine von innen zu sehen.
Zu Hause angekommen, nimmt Max nun das nächste Abenteuer in Angriff: Er möchte sich selbstständig machen. Und sollte er mal nicht genug Aufträge haben, hat er überall auf der Welt gute Freunde, die ihn ganz bestimmt mit Arbeit eindecken.