Eine gesellige Geräuschkulisse dringt nach außen. Fröhliches Lachen und das Klappern von Geschirr. Am Donnerstagnachmittag ist im "Kleinen Laden" in Oberweißenbrunn immer ganz schön was los. Da wird er zum Treffpunkt für die Dorfbevölkerung. Im Bistro gibt es einige Plätze und der Kuchen schmeckt wie immer hervorragend.
Doch nicht nur am Donnerstagnachmittag ist der "Kleine Laden" gut besucht. Die Oberweißenbrunner wissen ihren "Bäcker" zu schätzen, auch wenn die Backstube selbst schon seit einigen Jahre kalt bleibt. Dass es aber dennoch eine Einkaufsmöglichkeit im Ort gibt, ist Gisela Heil und ihrer Schwester Rita Schneider zu verdanken. Der Laden ist ihnen von Kindheit an ans Herz gewachsen. Als Michael Back 2014 die Bäckerei und den angegliederten Laden aufgab, war es für Gisela Heil undenkbar, dass die Türen fortan geschlossen bleiben sollten. "Ich habe lange gerechnet und überlegt und Gespräche geführt und mich letztlich entschieden, zumindest den Laden fortzuführen."
100-jährige Tradition wird fortgeführt
Damit führt Gisela Heil nicht nur eine für Oberweißenbrunn wichtige Einrichtung weiter, sondern auch eine über 100-jährige Tradition. Die Bäckerei Back wurde im Jahr 1905 von Marcelus Back gegründet. Josef Back übernahm sie 1956 und übergab sie 1987 an seinen Sohn Michael, der die Bäckerei und den Laden bis Ende 2013 führte. Gisela Heil liebte es schon als junges Mädchen, nach der Schule im "Kaufladen" zu sein. Als Zwölfjährige wollte sie gerne mithelfen, doch die damals in Oberweißenbrunn lebenden Ordensschwestern sahen das nicht gerne. "Wenn die Schwester Frieda und Flora kamen, musste ich in die Küche, damit es nicht nach Kinderarbeit aussah." Mit 15 konnte sie dann endlich offiziell "beim Bäcker" arbeiten, sie absolvierte ihre Ausbildung zur Verkäuferin im Geschäft und war fortan die gute Seele im Laden.
Ein Gefühl von Heimat
Als sie den Laden 2014 übernahm wollte sie so wenig wie möglich verändern, um den Oberweißenbrunnern das vertraute Gefühl von Heimat in ihrem Dorfladen zu erhalten. Sie hatte das große Glück, dass sie die Einrichtung weitestgehend übernehmen konnte. Einen großen Wunsch erfüllte sie sich aber: Sie ließ das ehemalige Schaufenster freilegen. Außerdem änderte sie den Namen von "Bäckerei Back" in "Unser kleiner Laden in Oberweißenbrunn". "Es ist nicht mein Laden, es ist unser Laden in Oberweißenbrunn. Ohne die Kunden kann ich den Laden nicht betreiben."
Auch wenn viele Oberweißenbrunner den Laden zu schätzen wissen, das Einkaufsverhalten habe sich in den Jahrzehnten doch sehr gewandelt. Die wöchentlichen Großeinkäufe werden im Discounter oder Supermarkt erledigt, die Mobilität erlaubt es auch wegen Kleinigkeiten nach Bischofsheim, Wildflecken oder Gersfeld zu fahren. Gisela Heil, die stundenweise von ihrer Schwester Rita im Geschäft und bei der Buchhaltung unterstützt wird, hat dafür Verständnis. Mit ihrem Laden möchte sie einen Gegenpol zu den großen Einkaufläden setzen. Persönliche Gespräche, Gemütlichkeit, Aufenthaltsqualität und Service werden bei ihr groß geschrieben. Wie groß ihr Engagement für ihren Laden ist, wird beim erzählen deutlich.
Brot, Brötchen und Gebäck bringen die meisten Kunden in den Laden. Sie lässt die Ware von ausgewählten Bäckereien liefern. Um Lieferkosten des Großhandels zu sparen und weil sich große Verpackungen nicht lohnen, kauft Gisela Heil selbst beim Edeka in Gersfeld ein und nimmt genau die Waren mit, die ihre Kunden benötigen. Neben Lebensmitteln gibt es allerlei Dinge, die im Alltag benötigt werden und schnell einmal ausgehen können: Batterien, Wäscheklammern, Putzmittel und Gummihandschuhe. Wert legt sie auf regionale Waren wie Nudeln, Eier, Honig und Konfitüren.
Wer etwas benötigt, kann es gezielt bestellen, Gisela Heil bringt es gleich an nächsten Tag mit. Froh ist sie über Bestellungen für Brot und Brötchen, sodass so wenig wie möglich übrig bleiben muss.
"Der Kunde ist bei uns König", betonten die Schwestern. Sie wissen, dass Kundenbindung nur über Service möglich ist. "Wenn ältere Menschen sterben, die immer unsere Kunden waren, kann man schon Angst bekommen. Mit jedem stirbt ein Stückchen vom Laden weg." Besonders freuen sich die beiden, wenn junge Kunden den Laden entdecken. "Kürzlich war ein Junge aus dem Nachbardorf hier und sagt: "Ist das ein cooler Laden, das ist ein cooles Dorf. Wir haben keinen Laden bei uns." Dieser Satz des Jungen war für Gisela Heil Bestätigung "Ich habe es richtig gemacht." In ihrem Laden finden Kinder auch noch für kleines Taschengeld Naschwerk.
Geburtstagsgeschenk für eine Einjährige
Wichtig ist ihr mit den Kunden in Kontakt zukommen und mit kleinen Aufmerksamkeiten eine Freude zu bereiten. So feierte kürzlich die kleine Charlotte Zachmann ihren ersten Geburtstag und weil sie mit ihren Eltern gerne in den Laden kommt, gab es eine kleine süße Geburtstagsüberraschung. "Wir freuen uns sehr, wenn schon die Jüngsten zu uns kommen."
Wanderer auf dem Hochrhöner und Jakobsweg sind dankbar, dass sie in Oberweißenbrunn einkaufen und verweilen können. Manch einer sei hier zur neuen Kräften gekommen. "Sie marschieren dankbar und gestärkt weiter. Das sind Glücksmomente." Ein Pilger dankte dem Kleinen Laden von Santiago de Compostela aus, was ein besondere Freude war.
Ein wichtiger Treffpunkt
Die vielen schönen kleinen und größeren Erlebnisse trösten immer wieder über die Alltagssorgen hinweg. Der Weggang der Banken in Oberweißenbrunn war ein großer Einbruch. "Wir geben nicht auf. Wir hoffen immer auf die Kunden, dass sie uns unterstützen." Denn wenn der Laden einmal weg ist, bricht ein wichtiger Treffpunkt weg, dann klingt keine gesellige Gemütlichkeit mehr auf die Straße.
Öffnungszeiten:
Montag bis Mittwoch und Freitag von 6:15 bis 11 Uhr Donnerstag von 6:15 bis 12 Uhr und von 14 bis 16 Uhr Samstag von 6:30 bis 12 Uhr. Telefonische Vorbestellungen unter: (09772) 421 oder (06659) 3684.